Saarländerin hatte den Sport schon abgehakt „Yoga ist selbst schon übergeschnappt“

Wiebelskirchen · Das Thema Yoga hatte die Neunkircherin Christine Bielecki schnell wieder abgehakt. Nach nur einer Übungsstunde. Warum sie später doch in den USA zur Yoga-Lehrerin ausgebildet wurde, sogar ein Buch darüber schrieb und heute Yoga an der Uni in Heidelberg unterrichtet, hat sie der SZ erzählt.

 Christine Bielecki räumt in ihrem Yoga-Buch mit so manchem Klischee auf und baut dabei auch Schwellenängste ab.

Christine Bielecki räumt in ihrem Yoga-Buch mit so manchem Klischee auf und baut dabei auch Schwellenängste ab.

Foto: Thomas Seeber

Einmal ausprobiert, schon war die Sache für Tine Bielecki klar: "Yoga ? Mach' ich nie wieder." Denn diese eine Übungsstunde reichte aus, um viele ihrer Vorurteile gegenüber Yoga zu bestätigen: zu esoterisch angehaucht, langweilig, zu spirituell, kaum anstrengend. "Ich fühlte mich danach kein Stück erholt. Im Gegenteil, mir tat alles weh", erzählt die 37-jährige Wiebelskircherin. Wäre das Kapitel Yoga damit für sie zu Ende gewesen, hätte sie vielleicht ein Buch mit dem provokanten Titel "Yoga ist ein Arschloch" geschrieben. Weil es aber eben noch lange nicht zu Ende war, hat sie ein Buch zwar mit eben diesem Titel geschrieben, der aber den Zusatz erhielt: "Warum es uns trotzdem so guttut." Und dieses Buch hat sie vor wenigen Wochen auf der Buchmesse in Frankfurt vorgestellt.

Aber der Reihe nach: 2011 lebt die Sportwissenschaftlerin in der Nähe von Gstaad in der Schweiz, wo sie als Journalistin arbeitet und an ihrem ersten Buch ("Im nächsten Leben werd' ich Spielerfrau. Ein Phänomen wird abgeschminkt.") schreibt. Damals noch unter ihrem Mädchennamen Christine Eisenbeis. Dort überredet sie eine Arbeitskollegin dazu, Yoga eine zweite Chance zu geben. Und siehe da: "Ich war nach einer Stunde richtig angefixt. Es war total anstrengend, aber auf coole Art und Weise. Und ich habe Muskeln gespürt, von denen ich nicht wusste, dass ich sie habe."

Von diesem Moment an war Bielecki fasziniert von Yoga und fasste zwei Jahre später den Entschluss, selbst Yogalehrerin zu werden. Der Grund: "Ich lebte damals in Kopenhagen und fand dort niemanden, der Yoga so gut vermitteln konnte, wie meine Lehrerin in der Schweiz." Ende 2013 führe ihr Weg dann, "der Liebe wegen", in die USA, nach Santa Barbara, wo ihr Vorhaben konkret wurde. "Ich habe dort sehr gute Lehrer gefunden, unter anderem eine Lehrerin mit Leistungssport-Hintergrund, die für die New-York-Yankees (Anm. Ein Baseball-Team) arbeitet, wo Yoga Teil der Therapie nach Verletzungen ist", sagt Bielecki. Nach ihrer Ausbildung arbeitete sie dann selbst in den USA als Yoga-Lehrerin. Dort werde Yoga ganz anders gesehen als etwa in Europa. Viel vorurteilsfreier. "Ich habe dort keinen Mann getroffen, der kein Yoga macht." Das gehöre in den USA einfach dazu. "Der Mannschaftsarzt der Los Angeles Clippers (Anm. Ein Basketball-Team) hat mir damals erzählt, dass er fast täglich seinen Patienten Yoga empfiehlt, statt Pillen zu verschreiben."

Nach einem erneuten Umzug nach Kopenhagen, wo ihre Tochter zur Welt kam, fängt sie Ende 2014 mit ihrem Buch an. Auf die Idee dazu brachte sie der Oscar-Preisträger Christoph Waltz . "Der hatte in einer TV-Sendung gesagt, er halte Yoga für schädlich. Und das war für mich der Aufhänger." Yoga habe ihr Leben zwar nicht erleichtert, aber Yoga helfe dabei, die Frage zu beantworten, wie man glücklicher wird, sagt sie. Und das wollte sie vermitteln. Also fing sie an zu recherchieren, über die guten und die schlechten Seiten von Yoga , und machte sich dran, ein Buch zu schreiben, das Berührungsängste abbaut, mit Klischees aufräumt und sich aus der Fülle von Büchern zu dem Thema abhebt. "Es gibt einen echten Yoga-Hype, deshalb ist Yoga leider selbst übergeschnappt", sagt Bielecki und fügt mit einem Lächeln hinzu: "Die Unantastbarkeit von Yoga , dieser Heiligenschein, das behagt mir nicht. Ich wollte da schon ein bisschen picken." Das ist ihr auch gelungen. Zumal allein der Titel schon provoziert. "Stimmt", sagt sie, aber: "Yoga führt dazu, dass man sich mit sich selbst beschäftigt, und so etwas ist ja immer unangenehm. Daher die harte Wortwahl."

Die Resonanz und die Kritiken auf ihr Buch sind durchweg sehr gut. "Viel Yogis fühlen sich mit dem Buch verstanden." Vielleicht auch Damon Albarn , Sänger der britischen Band Blur. Denn der wurde schon von Bielecki unterrichtet, damals in Kopenhagen. Und wie fand er den Unterricht? "Er hat sich nach der Stunde bei mir bedankt und gefragt, wo man in Kopenhagen gut frühstücken könne."

Mittlerweile lebt die ehemalige Abiturientin des Steinwald-Gymnasiums mit Mann und Kind in Heidelberg, wo sie an der Uni Yoga unterrichtet.

Yoga ist ein Arschloch - Warum es uns trotzdem so guttut ist beim Verlag Die Werkstatt erschienen, hat 160 Seiten und kostet 14,90 Euro als Taschenbuch.

 Yoga am Strand von Santa Barbara, wo Christine Bielecki ausgebildet wurde. Foto: Uwe Eisenbeis

Yoga am Strand von Santa Barbara, wo Christine Bielecki ausgebildet wurde. Foto: Uwe Eisenbeis

Foto: Uwe Eisenbeis

tine-bielecki.de

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