Betrügerin muss ins Gefängnis

Neunkirchen · Eine „hohe Rückfallgeschwindigkeit“ bescheinigt die Staatsanwältin einer Bauzeichnerin, die bereits mehrfach wegen Betrugs – auch an dem Gewaltopfer Britta Schug – aufgefallen war. Jetzt musste sie sich vor Gericht für weitere sieben Fälle gewerbsmäßigen Betrugs verantworten. Die Nonnweilerin wurde zu 16 Monaten Haft verurteilt. Aufgrund einer früheren Bewährungsstrafe kommt sie insgesamt für drei Jahre und acht Monate hinter Gitter.

Mit starrer Mine und teilweise geschlossenen Augen lauscht die Angeklagte den Tatbeständen, die Richter Erhard Breiden mit leiser Stimme Blatt für Blatt aus dem dicken Ordner abliest. Es könnte ein Déjà-vu sein, würde diesmal nicht im Zuschauerraum gähnende Leere herrschen. Nur eine Dame verfolgt den Prozess, weil sie die an der Schulter verletzte Schöffin anschließend nach Hause chauffiert.

Schon wieder sitzt die junge Bauzeichnerin im Saal 35 des Neunkircher Amtsgerichts auf der Anklagebank. Genau wie im Juli 2015. Damals waren Britta Schug und ihre Angehörigen zugegen. Die junge Frau aus Scheuern wurde 2012 Opfer eines Gewaltverbrechens (siehe unten stehender Infokasten). Die Nonnweiler Bauzeichnerin bot ihre Hilfe beim Umbau der Wohnung an, bereicherte sich dabei aber selbst.

Der Fall landete vor Gericht. Zusätzlich zu der Bewährungsstrafe damals kam die Auflage, die Schadenssumme in Monatsraten à 500 Euro abzustottern. Aber um die Zahlungsmoral der Angeklagten ist es nicht hoch bestellt. "Die vereinbarten Raten wurden nur sehr eingeschränkt bezahlt", formuliert es Richter Breiden vorsichtig.

Dazwischen gab es im Januar noch eine weitere Verurteilung am Landesgericht Saarbrücken. Die Delikte summieren sich mittlerweile, darunter Urkundenfälschung und Veruntreuung von Arbeitsentgelt. Zehn Fälle gewerbsmäßigen Betruges werden an diesem Tag verhandelt. Wie der Richter ausführt, hat die Geschäftsfrau zwischen Mitte September vergangenen Jahres und Anfang März diesen Jahres von ihrer Wohnung aus Waren über die Internet-Plattform Ebay zum Verkauf angeboten. Zwei Konten richtete die Angeklagte dafür ein, einen unter ihrem Namen und einen unter dem Namen ihrer Mutter - ohne, dass diese davon Kenntnis hatte. Die Opfer überwiesen die Kaufsumme, erhielten aber keine Ware. Die bot die Nonnweilerin stattdessen immer wieder an.

Die Staatsanwältin wirft ihr dabei Kalkül vor. Von Anfang an habe sie den Plan gehabt, zu kassieren, ohne jemals in der Lage gewesen zu sein, etwas dafür zu leisten. Bundesweit waren Staatsanwälte ihretwegen im Einsatz. Anzeigen lagen in Siegen, Aachen, Kassel, Hagen, Landau, Wuppertal, Krefeld, Gießen, Mönchengladbach und Konstanz vor.

"Was hat Sie da geritten, trotz Ihrer Bewährung wieder straffällig zu werden?", fragt der Richter. Doch die Bauzeichnerin schüttelt den Kopf: "Nee, ich weiß nicht, warum", sagt sie. Was sie da tue, werde ihr immer erst hinterher bewusst. Und überhaupt: Sie habe ja auch keine ausreichend großen Kartons für das Versenden der PCs zur Hand gehabt. "Es macht sich ein gewisses Maß an Hilflosigkeit breit", meint Richter Breiden mit Blick auf die bisher gesprochenen Urteile, die nichts verändert haben. Und kündigt schon "drakonischere Strafen" an.

Drei Fälle werden nach einem Schadensausgleich eingestellt, für den wohl die Mutter verantwortlich ist. Für die verbleibenden sieben Fälle beantragt die Staatsanwältin eine Freiheitsstrafe von einem Jahr und acht Monaten - im Hinblick auf die Bewährungsstrafe und die "hohe Rückfallgeschwindigkeit" ohne Bewährung.

Groß widersprechen will der Pflichtverteidiger nicht. Zugunsten der Angeklagten wirft er ihre Geständigkeit in die Waagschale: "Bereits bei der polizeilichen Vernehmung hat sie voll umfänglich die begangenen Taten eingeräumt".

Außerdem sei "Gott sei Dank" nur ein geringer wirtschaftlicher Schaden entstanden, der pro Fall zwischen 100 und 400 Euro beträgt. Die Angeklagte befindet sich, so der Pflichtverteidiger, in psychiatrischer Behandlung, um alles "aufzuarbeiten".

Nach einer Beratung verhängt das Gericht eine Haftstrafe von einem Jahr und vier Monaten. Dazu kommen die 28 Monate der Bewährungsstrafe. Somit muss die Nonnweilerin für insgesamt drei Jahre und acht Monate hinter Gitter.

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Hintergrund Der Fall bewegte das ganze Saarland: Im August 2012 wurde Britta Schug nach dem Besuch der Kirmes in Hasborn-Dautweiler von einem Bekannten vergewaltigt, gewürgt und anschließend geknebelt im Kofferraum eines Autos eingeschlossen. Es dauerte 20 Stunden, bis die Studentin gefunden wurde. Gravierende Lähmungen schränken seitdem ihre Lebensqualität erheblich ein, sie ist auf den Rollstuhl angewiesen. Der Täter wurde zu einer lebenslangen Strafe verurteilt. Dank Benefizaktionen und weiterer Spenden kamen für den behindertengerechten Umbau des Elternhauses 58 000 Euro zusammen. Besagte Bauzeichnerin bot Britta Schug ihre Hilfe an, bereicherte sich aber selbst mit insgesamt 30 000 Euro. Richter am Neunkircher Amtsgericht verurteilten die Betrügerin im Juli 2015 dafür zu zwei Jahren und vier Monate auf Bewährung. nig

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