Neunkirchen Das Leben fremden Händen anvertrauen

Neunkirchen · Menschen, die wegen Krankheit oder Behinderung ihre Angelegenheiten nicht mehr alleine regeln können, brauchen einen Betreuer. Der Betreuungsverein für den Landkreis Neunkirchen schult, vermittelt und begleitet ehrenamtliche Betreuer.

 Gesprächsrunde in den Räumen des Betreuungsvereins am Neunkircher Hüttenberg: Martin Eisenbeis, Stefanie Gerstner, Nina Heinrich, Jürgen Morweiser (von links).

Gesprächsrunde in den Räumen des Betreuungsvereins am Neunkircher Hüttenberg: Martin Eisenbeis, Stefanie Gerstner, Nina Heinrich, Jürgen Morweiser (von links).

Foto: Claudia Emmerich

237 ehrenamtliche Betreuer zählt aktuell der Sozialdienst Katholischer Frauen und Männer (SKFM) in seinen Reihen. Zwei von ihnen sind Stefanie Gerstner (67) und Jürgen Morweiser (60). Gerstner arbeitet seit 20 Jahren im Betreuungsverein für den Landkreis Neunkirchen mit, Morweiser seit acht. Über kirchliche Bindungen und soziales Bewusstsein fanden sie den Weg, sich dieser sorgenden und kümmernden Aufgabe zu stellen. Beide können sich auch noch gut an ihre ersten „Fälle“ erinnern: „Ich habe mich um eine Dame Mitte 90 gekümmert“, erzählt Morweiser im Gespräch mit unserer Zeitung in den SKFM-Räumen am Hüttenberg. Sie sei körperlich noch relativ fit gewesen, geistig zunehmend orientierungslos: „Sie hat sich immer über meine Besuche gefreut, aber sie hat immer geglaubt, ich komme von der Presse.“ Bis zum Schluss, als die Dame – fast 100 – schwerstpflegebedürftig starb, stand Morweiser an ihrer Seite. Gerstner fing mit Hilfe für zwei behinderte Menschen an – einem Mann und einer Frau. Sie begleitete beide über viele Jahre bis zu deren Tod.

„Unsere Betreuungsverhältnisse sind langfristig angelegt“, betonen Martin Eisenbeis und Nina Heinrich vom SKFM. In seltenen Fällen werde das Verhältnis aufgegeben, aus privaten Gründen oder weil es vielleicht zwischen Betreutem und Betreuer doch nicht passe.

Ein Betreuer wird für einen volljährigen Menschen bestellt, wenn er wegen einer Krankheit oder Behinderung nicht in der Lage ist, seine Angelegenheiten selbst zu regeln (siehe „Info“). Das Gesetz sehe vor, dass bevorzugt Familienangehörige beziehungsweise ehrenamtliche Betreuer außerhalb der Familie eingesetzt werden sollen, so Eisenbeis und Heinrich. Die Erwartungen an einen Betreuer seien „vielfältig und hoch“, beschreiben sie weiter. Mit das Wichtigste: Der Betreuer hat das Selbstbestimmungsrecht des Betreuten zu beachten und zu fördern. Er muss sich auch schwierigen Fragen stellen wie etwa freiheitsentziehende Maßnahmen, medizinische Entscheidungen am Lebensende, Erb- oder Immobilienangelegenheiten, Auseinandersetzungen mit Angehörigen, Buchführung im Rahmen einer Rechnungslegung oder auch Bürokratie (Anträge, Bescheide, Widersprüche), listet Eisenbeis auf. Der Betreuer müsse zudem auch ein ausgewogenes Maß von Distanz und Nähe zum Betreuten herstellen. Schließlich müsse er möglichst immer erreichbar sein und sich auch bei Veränderungen des Betreuungsrechts fortbilden.

Jürgen Morweiser, der heute in Marpingen lebt, aber noch aus seiner Zeit in Spiesen-Elversberg dem SKFM Neunkirchen die Treue hält, betreut im Moment fünf Menschen. „Wenn man anderen hilft, kann man dadurch auch mal was zurückgeben“, sagt Morweiser, gelernter Krankenpfleger, verheiratet, drei Kinder. Und anders als bei einer Spende, sehe er seinen Hilfeeinsatz direkt beim Hilfebedürftigen ankommen: „Wenn ich mich zum Beispiel bei einer Behörde für ihn einsetze und dann kommt ein positiver Bescheid, dann ist das ein Erfolg und das macht mich zufrieden.“ Auch Stefanie Gerstner aus Wellesweiler versichert, ihr Engagement tue auch ihr selbst gut. „Ich mag den Kontakt zu Menschen. Ich lerne viel dazu. Ich habe eine Aufgabe“, erklärt die ehemalige Sekretärin, verheiratet, zwei Kinder. Sie betreut derzeit sechs Menschen.

Beide gehen aber auch mit Respekt an ihre Aufgabe. Ist es für Morweiser eher der Bürokratie-Dschungel, so ist es für Gerstner oft das Mitfühlen: „Es fällt dem Menschen oft so schwer, sich helfen zu lassen, Dinge aus der eigenen Hand zu geben, das Sparbuch offen zu legen.“ Seit zwei Jahren kämpfe sie um das Vertrauen einer Frau, die sich damit besonders schwertue: „Mal drei Schritte zurück, dann wieder nach vorn. Man muss da ganz viel sprechen und erklären.“

Der Betreuungsverein für den Landkreis Neunkirchen schult ehrenamtliche Betreuer, vermittelt und begleitet sie. Offene Treffen zum Austausch stehen ebenso regelmäßig im Terminkalender wie Themenabende.

Gerade die Begleitung sei ein wichtiger Aspekt“, sagt Eisenbeis. „Um zu unterstützen, um Überforderung entgegenzuwirken.“ Ehrenamtliche Betreuer führten ein gesellschaftlich unverzichtbares Ehrenamt mit sehr hohen Erwartungen und immer neuen Herausforderungen, sagen Eisenbeis und Heinrich. „Die Herausforderung wird sein, sich diesen Erwartungen und Herausforderungen zu stellen, aber gleichzeitig auch zu differenzieren, dass der Betreuer nicht für alles herhalten muss und verantwortlich gemacht werden kann.“

Kontakt: Telefon (0 68 21) 1 39 40, E-Mail:betreuungsverein@skfm-nk.de, Internet: www.skfm-nk.de

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