Belebung des Bahnhofs lässt auf sich warten

Ottweiler. Die Decke ist neu gemacht, die Wände glänzen in sattem Rot, die Regale sind aufgebaut, der Bedienungstresen ist umgebaut - eigentlich hatte Stephanie Wettmann vor, jetzt schon die Dienste ihres Reisebüros, des Kartenverkaufs im Dienste der Bahn und eines Kiosks mit Reisebedarf (Essen, Trinken, Zeitschriften etc.) anbieten zu können

 Stephanie Wettmann hat Teile des Ottweiler Bahnhofs gepachtet. Nun wartet sie seit Wochen darauf, dass die Bahn den Strom umstellt. Im Hintergrund die "Bauhelfer" Fred Wettmann und Dieter Rauber (von links) Foto: Andreas Engel

Stephanie Wettmann hat Teile des Ottweiler Bahnhofs gepachtet. Nun wartet sie seit Wochen darauf, dass die Bahn den Strom umstellt. Im Hintergrund die "Bauhelfer" Fred Wettmann und Dieter Rauber (von links) Foto: Andreas Engel

Ottweiler. Die Decke ist neu gemacht, die Wände glänzen in sattem Rot, die Regale sind aufgebaut, der Bedienungstresen ist umgebaut - eigentlich hatte Stephanie Wettmann vor, jetzt schon die Dienste ihres Reisebüros, des Kartenverkaufs im Dienste der Bahn und eines Kiosks mit Reisebedarf (Essen, Trinken, Zeitschriften etc.) anbieten zu können. "Die Bahn hat aber das Stromnetz noch nicht entflochten", bedauert die Neu-Unternehmerin. Und ohne diese "Medientrennung" könne sie ihre Arbeit nicht aufnehmen, denn das Bahn-Leitungsnetz steuere auch so diffizile Dinge wie Weichen. Da dürfe auf keinen Fall etwas durcheinander geraten."Wir warten auf die Leute von der Bahn", ärgert sich auch Ehemann Fred Wettmann über die "unnötigen Verzögerungen", die nicht nur Nerven, sondern auch Geld kosteten.

Auch bei der Ottweiler Stadtverwaltung als Eigentümer des Bahnhofs ist man nicht glücklich mit der Situation. Schließlich hatte der Stadtrat mit seiner Zustimmung für das Engagement Stephanie Wettmanns deren Pläne unterstützt. Wettmann will auch Arbeits- und Ausbildungsplätze in der Stadt schaffen. Und ein leer stehender Bahnhof an exponierter Position ist schließlich keine Werbung für eine Kommune.

Weswegen man sich freute, dass Anfang November wieder Leben in das alte Gemäuer einziehen sollte. Montags bis freitags von sechs bis 17 Uhr sollen die Wettmannschen Dienstleistungen angeboten werden. Nun soll der Startschuss für das junge Unternehmen am Freitag, 16. November, gegeben werden. Ein Termin, an dem Wettmanns auf alle Fälle festhalten wollen. Sie sehen jetzt auch die Stadt Ottweiler als Gebäudeeigner in der Pflicht, die Bahn jetzt endlich zu "beschleunigen".

Im Flur wirbt jedenfalls die Film- und Kamera-Firma Konica noch auf einer Reklametafel mit dem Slogan "Bahn frei".

Meinung

Bahn als Blockierer

Von SZ--RedakteurinSolveig Lenz-Engel

Stephanie Wettmann ist sowohl Reiseverkehrsfachfrau als auch Hotelfachfrau. Was sie auch dank ihrer Ausbildungsbefähigung dazu prädestinierte, im Auftrag der GSE im Ottweiler Bahnhof junge Menschen mit Startschwierigkeiten einige Jahre lang beruflich zu qualifizieren. Sie organisierte im Auftrag der Sozialeinrichtung den Kartenverkauf, die Reiseberatung und den Kioskbetrieb. Dass sie nun den Mut hat, "auf eigene Kappe" dem Bahnhof wieder Leben einzuhauchen, unterstreicht ihre unternehmerische Power.

Bei den Umbauarbeiten unterstützt vom technisch versierten Ehemann und handwerklich begabten Freunden, hat sie einen Business-Plan entworfen, der ihr ein Auskommen und den Kunden eine Menge Service bieten soll.

Jetzt ist der Eröffnungstermin schon zwei Wochen nach hinten geschoben worden. Zeit, in der eigentlich schon Umsatz gemacht werden sollte, schließlich hat die Renovierung Geld gekostet. Dass nun die Bahn trotz Bitten und Ermahnungen nicht "bei" kommt, um die erforderlichen technischen Voraussetzungen zu schaffen, ist schwer zu verstehen.

Schließlich geht es auch um deren Kunden, die dann wieder einen Ottweiler Bahnhof erleben könnten, der aus mehr als nur den nackten Gleisen und einem tückischen Fahrkartenautomaten besteht. Denn, wenn Bahnfahren attraktiv bleiben oder werden soll, braucht es auch ein einladendes Umfeld.

Hintergrund

Die Deutsche Bahn AG hatte den Bahnhof bereits vor Jahren aufgeben wollen. Sie schloss damals, ohne die Stadt zu informieren, die dort ansässige Juniorfirma, beendete in einer "Nacht-und-Nebel-Aktion" (O-Ton Stadtpressestelle) den personalisierten Kartenverkauf und beabsichtigte sogar, den Zugang zur Wartehalle für ihre Kunden dauerhaft zu unterbinden. Daraufhin hatte die Stadt selbst nach Lösungen für einen Fortbestand der Servicedienstleistungen gesucht und im Jahr 2004 mit der Gemeinnützigen Gesellschaft für Sozialeinrichtungen (GSE) des Arbeiter-Samariter-Bundes (ASB) gefunden. Diese Zwischenlösung wurde, so die Stadt Ottweiler, gut angenommen. Nach dem Ausstieg der GSE hat Stephanie Wettmann einen Teilbereich des Bahnhofs als private Unternehmerin übernommen. 300 000 Euro öffentlicher Mittel fließen in das Bahnhofsprojekt beziehungsweise vor allem für dessen Umfeldgestaltung ein. Zu 75 Prozent sind dies Gelder aus dem GVFG-Topf (Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz). Die Stadt Ottweiler übernimmt einen Anteil von 75 000 Euro. Der Bahnhof soll auf Initiative der Stadt mit einem zeitgemäßen Park-and-Ride-Platz ausgestattet werden. Für das Gebäude selbst, das nur zu einem Teil von Stephanie Wettmann bewirtschaftet wird, gibt es zurzeit noch keine konkreten Pläne. In der ehemaligen Bahnhofsgaststätte und der Wohnung im Obergeschoss ist noch viel Platz, der aber auf alle Fälle für öffentliche Zwecke (möglicherweise in Zusammenarbeit mit den Vereinen) genutzt werden soll. Da werden sich Verwaltung und Gremien noch Gedanken - auch um Fördergelder zu bekommen - machen. sl

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort