Kreatalk Beim KreaTalk das Unsichtbare sichtbar machen: Kreativität
Neunkirchen · „NK KREATIV“ als Dachmarke für Kunst, Kultur, Genuss und Kommunikation in der Stadt Neunkirchen lud diesmal ins Arthouse Saar ein.
Vor dem Altar, unter den milden Blicken des gekreuzigten Erlösers, tut sich was: Ein Mann klebt mit Malerkrepp Teile einer kleinen Eisenskulptur ab. Dann rollt er gelbe Acrylfarbe auf. Nebendran schiebt ein zweiter Mann, dynamisch im Takt wippend, die Schalter seines Mischpults hoch und runter, drückt Knöpfe – im ständigen akustischen Abgleich mit dem, was sich an elektronischen Klängen rhythmisch hämmernd im Kirchenschiff verteilt.
So vertieft sie in ihr Werk sind: Jürgen Trösch und Francesco Cottone sind nicht allein. Beobachtet werden sie von gut 40 Gästen, denen Moderator Markus Müller eingangs ziemlich viel versprochen hatte. Wollte man doch bei diesem dritten „KreaTalk“ nichts Geringeres als „das Unsichtbare sichtbar machen“ – Kreativität nämlich, dieses so mystische wie flüchtige, für einen Künstler existenzielle Vermögen, Neues, Originelles zu erschaffen. Gott sein im Kleinen, wenn man so will, was wiederum prima mit der Lokalität korrespondiert. Seit letztem Jahr gehört Trösch die entweihte Herz-Jesu-Kirche. Eine eindrucksvollere Galerie ist kaum vorstellbar. Am 1. Dezember wird der Bildhauer hier die zweite Ausstellung eröffnen, großformatige Tierporträts und maritime Impressionen grüßen bereits von den hohen Wänden. Zum „Warmwerden“ gab er, wie Müller und Cottone Neunkircher, Einblicke in die Welt seiner Kunst. Bevölkert wird sie von wesenhaften, hochglanzpolierten Skulpturen in Bronze, Edelstahl, Aluminium, denen massive Granit- und Betonobjekte, die öffentliche Plätze genauso wie private Gärten zieren, konträr gegenüber stehen. Für sie kombiniert Trösch Licht, Glas und Wasser. Grenzen überschreiten, Materialien zusammenführen, neue Werke entstehen lassen – dieser Prozess unterliegt einer stetigen Weiterentwicklung und kann schon mal ein paar Jahre pro Kunstwerk dauern. „Ich hab es nicht so eilig“, flachste der gelernte Industriemechaniker. Aufhorchen ließ sein Statement „Ich glaube an Genetik“ und sein moralisch heikler Wunsch, (Haus)Tiere im Reagenzglas zu designen. Von Müller gefragt, ob er tatsächlich hier im Arthouse bildhauerisch arbeite, verneinte Trösch. Zu viel Dreck! Aber viele Konzepte entwickele er in der Kirche, „selbst wenn hier nur fünf, sechs Grad sind“.
Den schwereren Part inne hatte zweifellos Francesco Cottone, da man ja über Musik weder reden noch sie sichtbar machen kann. Der kreative Prozess starte bei ihm auf immer gleiche Weise: „Es beginnt mit einer Vision.“ Was er am Beispiel des Musicals „Steam“ demonstrierte. Ausgangspunkt war eine kleine melodische Sequenz, irgendwann am Klavier improvisiert und aufgenommen. Indem er als Komponist versucht, diese „erste Idee in eine Form zu bringen“, erwächst das Musikstück, in dem Fall das eingängige, atmosphärische Leitmotiv von „Aqua Town“. Den kreativen Prozess, der in Echtzeit anderthalb Jahre dauerte, vollzog der Musiker mit dem Laptop innerhalb weniger Minuten. Zudem nutzte Cottone die Gelegenheit, eine Lanze für die viel gescholtene Gema zu brechen und ein bisschen aus dem Nähkästchen eines Labelmanagers zu plaudern. Bei Neinkerjer Burgern, kredenzt von Hotelier Carsten Hör und Team, und ein paar edlen Tropfen wurde im Anschluss fleißig „getalkt“ und „genetzwerkt“. Für Cottone und Trösch hat sich der Abend schon gelohnt – sie planen ein Event.