Baustelle sucht Firma: Straßenbau-Landesbetrieb hatte Differenzen mit Auftragnehmer
Neunkirchen · Der Verkehr auf der Talbrücke Großenbruch läuft. Aus Sicht der Autofahrer ist die Großbaustelle abgeschlossen. Von unten besehen wird allerdings deutlich, dass noch einiges zu tun ist. Arbeiter und Baugerät fehlen derzeit aber. Das große Lager aus Containern und Wohnwagen unter der Brücke ist weg. Der LfS erläutert Hintergründe.
Obendrauf ging es schneller als gedacht. Schon im Dezember konnten die beiden Bauwerke der Talbrücke Großenbruch nach ihrer grundlegenden Sanierung wieder für den Verkehr freigegeben werden (wir haben berichtet). Drunter sieht es anders aus. Wo noch vor wenigen Wochen ein Lager aus Büro-, Sanitär und Baucontainern, darunter auch Wohnwagen, stand, wo Gerüste um die Pfeiler bis an den Brückenkasten reichten, ist heute alles leer. Innerhalb weniger Tage hat die mit der Sanierung beauftragte Firma vor Abschluss der Arbeiten eingepackt. Eigentlich sollten hier im Zuge der rund fünf Millionen Euro teuren Arbeiten auch mehrere tausend Quadratmeter Beton saniert werden.
Die Firma hat die Arbeiten im gegenseitigen Einverständnis mit dem zuständigen Landesbetrieb für Straßenbau (LfS) eingestellt. LfS-Sprecher Klaus Kosok erläutert, warum es dazu kam. "In der ursprünglichen Ausschreibung war gefordert, dass schadhafte Betonstellen abgepickt oder abgestrahlt werden", so Kosok. Außerdem habe die gesamte Betonfläche - auch abseits offensichtlicher Schadstellen - etwa zehn Millimeter tief abgestrahlt werden sollen. Zur Sanierung sollte Spritzbeton aufgebracht, anschließend gespachtelt und mit einem Schutzanstrich versehen werden.
Das Prozedere habe im Bereich der zuvor bekannten Schadstellen hervorragend funktioniert, bestätigt Kosok. Obwohl der Landesbetrieb für die Ausschreibung der Arbeiten entsprechende Proben entnommen habe, sei der Beton an großen, intakten Flächen deutlich härter, als damals angenommen. "Das bedeutet beim Abstrahlen natürlich einen höheren Aufwand", so Kosok. Mehr Aufwand bedeutet in der Regel mehr Kosten. Die wollte sich der Auftragnehmer in Form eines sogenannten Nachtrags zum ursprünglichen Angebot vom LfS, also dem Steuerzahler, erstatten lassen. "Das haben wir so nicht gesehen", bestätigt Kosok. Da die in einem im Nachtrag eingeforderten Preise keinem Wettbewerb unterliegen würden, habe man sich beim Landesbetrieb entschieden, diesen Weg nicht zu gehen. "Stattdessen haben wir uns darauf geeinigt, dass die Firma auf der Brücke fertig macht und wir für unten neu ausschreiben."
Die neue Ausschreibung soll einen anderen Härtegrad des Betons ausweisen. Außerdem wird natürlich die Reparatur von Schadstellen gefordert. "Wo der Beton noch gut ist, werden nur zwei Millimeter Feinspachtel aufgebracht und neu gestrichen." Die Instandsetzung betrifft die Unterseite der Brücke, also Pfeiler, Brückenkästen und Widerlager. Um an die betreffenden Schadstellen und Sanierungsflächen heranzukommen, muss die Unterseite der Brücke vor Beginn der Arbeiten wieder komplett eingerüstet werden. "Der Autofahrer obendrauf", versichert Kosok, "wird davon nichts mitbekommen." Bis es soweit ist, stehen aber noch die üblichen Schritte an. Die Ausschreibung geht raus. Interessierte Firmen geben ihre Angebote ab. Der LfS nimmt diese bis zu einem fixen Termin an, prüft sie und vergibt den Auftrag. Weil ein solches Verfahren nicht in ein paar Tagen abgeschlossen ist, werden die Arbeiten an der Brücke auch wohl erst im Herbst weitergehen können. Dreißig Monate waren Mitte 2014 für die gesamte Sanierung veranschlagt worden. Auch wenn es zwischendurch auf der Brücke schneller ging als zunächst geplant, wird der Stillstand den Fertigstellungstermin deutlich nach hinten verschieben. Ein Gutes hat die Sache laut LfS-Sprecher Kosok aber auch: "Das ist die schnellste Lösung." Hinzu kommt, dass es den Steuerzahler unterm Strich wohl etwas weniger kosten wird, als die vom Landesbetrieb abgelehnte Nachtragslösung.
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Auf einen BlickDie Talbrücke Großenbruch wurde von 1970 bis 1972 errichtet. Der sechsfeldrige Überbau ist 15,5 Meter breit und aus Spannbeton - längs und quer vorgespannter Hohlkastenquerschnitt. Die Gesamtlänge beträgt 218,5 Meter mit Einzelstützweiten von 28,5 Metern und fünf mal 38 Metern. Die tägliche Verkehrsbelastung liegt bei rund 47 000 Fahrzeugen. Gesamtkosten für die Sanierung: etwa fünf Millionen Euro. spe