Bachschule stößt an ihre Grenzen

Neunkirchen · Insgesamt 40 Nationen sind unter den derzeit 301 Schülern vertreten. Das Motto der Schule heißt bezeichnenderweise „Vielfalt und Gemeinsamkeit“. Als Lehrer an dieser Schule muss man auch bereit sein, neue Wege zu gehen.

 Aufgepasst und mitgemacht: Auch Muhamed, Ivan, Leandro und Celine besuchen die Neunkircher Bachschule. Insgesamt zählt die Grundschule derzeit 301 Schüler aus 40 Nationen.Foto: Thomas Seeber

Aufgepasst und mitgemacht: Auch Muhamed, Ivan, Leandro und Celine besuchen die Neunkircher Bachschule. Insgesamt zählt die Grundschule derzeit 301 Schüler aus 40 Nationen.Foto: Thomas Seeber

Foto: Thomas Seeber

. Nach Schema F wird hier nicht unterrichtet, das steht fest. An der Bachschule kann keine tägliche Routine einkehren, dafür sind die Anforderungen an die Lehrerschaft und die Schüler zu vielschichtig. "Hier ist immer alles im Fluss", sagt Schulleiter Uwe Sander. "Wenn was nicht funktioniert, müssen wir es überdenken und anders machen." 30 Kinder sind im laufenden Schuljahr neu an die Grundschule in der Kleiststraße gekommen. Aus Bulgarien, Syrien und Rumänien, die meisten ohne jede deutsche Sprachkenntnisse . Diese Kinder in die bestehenden 13 Klassen zu integrieren, ist eine Herausforderung. Die derzeit 301 Schüler aus insgesamt 40 Nationen unter einen Hut zu bekommen, ist ein Kraftakt. Wenn von 23 Kindern in einer Klasse sechs ohne Migrationshintergrund sind, sei das nicht einfach, bekennt Sander. "Es wäre geprahlt, zu sagen, dass es nicht auch Reibungen gibt." Die versuche man, in vielen Gesprächen auch mit den Eltern zu lösen.

Sander hält nichts von Willkommensklassen, in denen die Neuankömmlinge quasi separiert werden. An der Bachschule werden die Deutschkurse in "Förderbändern" gegeben, sprich ein Doppelstundenblock am Vormittag mit fünf bis sechs Kindern. So hat beispielsweise auch Ivan Deutsch gelernt, er kam vor zwei Jahren aus Bulgarien hierher. "Ich will nicht mehr zurück", erzählt der Neunjährige, der sich schon auf das nächste Fußballspiel mit seinen Freunden freut. Celine ist ein deutsches Mädchen, sie fühlt sich genauso wie Leandro und Muhamed sehr wohl an der Bachschule: "Ich will eigentlich nach der vierten Klasse nicht wechseln", beteuern die Drittklässler. Muhamed gefällt es besonders gut, dass er anderen helfen könne. Die Mitschüler unterstützen, wenn diese etwas nicht verstehen oder eine Aufgabe nicht lösen können, das wird an der Bachschule besonders gefördert. Als Lehrer an dieser Schule müsse man bereit sein, neue Wege zu gehen, betont Sandra Parkitny. 2010 ist sie mit dem Referendariat an der Bachschule eingestiegen und geblieben. Dieses Jahr begleitet die Lehrerin eine vierte Klasse zum Übergang an eine weiterführende Schule und ist gespannt, wie die Schüler dort klarkommen. Die 29-Jährige ist durchaus optimistisch: "Unsere Schüler lernen, aufeinander Acht zu geben. Sie profitieren gegenseitig. Da nehmen sie ein richtig gutes Paket an sozialer Kompetenz und selbstständigem Lernen mit."

Natürlich ist es bei einer so großen Bandbreite in Sachen Leistungsniveau - bedingt schon durch die unterschiedlichen Sprachkenntnisse - ein Problem, allen Schülern gerecht zu werden. Dem begegnet man etwa mit dem "offenen Anfang" ab 7.45 Uhr. Jedes Kind zeigt nacheinander seine Hausaufgaben, bekommt wenigstens für ein paar Minuten die volle Aufmerksamkeit seiner Lehrerin. Von 8.15 bis 8.30 Uhr gibt es ein gemeinsames Begrüßungsritual, bevor die Unterrichtsblöcke beginnen. Parkitny und ihre Kollegen können den normalen Stoff nicht einfach "durchziehen". Stattdessen werden Freiräume geschaffen, um in Gruppen zu arbeiten.

Eine Vorgehensweise, die auch viele Eltern zu schätzen wissen. Mit Sohn Max besucht bereits das zweite Kind von Alexandra Petry die Bachschule. Dabei wohnt die Familie auf dem Kohlhof, doch "hier werden die Kinder dort abgeholt, wo sie sind". Die Lehrer würden sich mehr Mühe mit den Schülern geben als anderswo, deshalb engagiere sie sich selbst auch als Schulelternsprecherin. Solches Lob freut natürlich Schulleiter Uwe Sander, die Augen vor den Problemen des Alltags verschließt er deshalb nicht. So sei die Schule inzwischen räumlich am Limit, für eine individuelle Förderung fehle oft der Platz. Mit Partnern wie Sportverbänden setzt der 42-Jährige auf ein starkes sportliches Angebot, um auf diesem Weg das Gemeinschaftsgefühl zu stärken. "Wir nähern uns der Belastbarkeitsgrenze", sagt Sander. Nach Schema F wollen er und sein Lehrerteam dieses Problem aber nicht lösen.

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