Lösung Auf die Verpackung kommt es an

Homburg · Das waren richtige Denksportaufgaben, mit denen Professor Rainer Roos die Mathefreunde beschäftigt hat. Die Wenn-dann-Fragen fesselten. Dabei sind die richtigen Antworten eigentlich logisch. Die Auflösung.

 Das Rechnen mit Fingern hat bei der jüngsten Mathe-Aufgabe nicht weitergeholfen, logisches Denken aber schon.

Das Rechnen mit Fingern hat bei der jüngsten Mathe-Aufgabe nicht weitergeholfen, logisches Denken aber schon.

Foto: dpa/Patrick Pleul

Erinnern Sie sich der letzten Aufgaben? Es ging um Logik, wahr oder falsch. Zuerst drei Aufgaben mit „Wenn…, dann …“ Wir starteten mit einer berühmten Aussage des englischen Philosophen Bertrand Russell: „Wenn zwei  mal zwei gleich fünf ist, dann bin ich der Papst.“ Klingt komisch, wahr oder falsch? Und noch etwas absurder dann die zweite Aussage: „Wenn zwei mal zwei gleich fünf ist, dann bin ich nicht der Papst.“ Wahr oder falsch? „Wenn…, dann...“ ist ganz schön vertrackt. Licht kommt mit der dritten Aufgabe in die Sache:

Helmut Kohls berühmte Wahlkampfrede auf dem Erfurter Domplatz am 20. Februar 1990. Der Kanzler der Einheit formulierte damals sinngemäß: „Wenn wir die Wahl gewinnen, dann entstehen blühende Landschaften“.

Die Aufgabe: Was muss geschehen, damit diese Aussage falsch ist? Die Antwort: Die Aussage ist nur dann falsch, nur dann eine Lüge, wenn die Wahl gewonnen wird und keine blühenden Landschaften entstehen, in allen anderen Fällen ist sie wahr.

„Wenn… dann…“ Aussagen heißen in der Logik Subjunktionen. Es gilt ganz allgemein: Eine Subjunktion ist nur dann falsch, wenn der Vordersatz wahr ist und der Nachsatz falsch. Diese Beobachtung machte als erster der griechische Philosoph Philon von Megara im vierten Jahrhundert vor Christus.  Bei unseren ersten beiden Aussagen lautet der Vordersatz „zwei mal zwei ist gleich fünf“, und dies ist falsch. Dann kann im Nachsatz stehen was will, die Gesamtaussage ist wahr.

Die nächste Aufgabe, auch eine „Wenn…, dann…“-Aufgabe,  ist berühmt, sogar sehr berühmt. Sie stammt von den englischen Denkpsychologen Peter Wason, und sie gilt als die am meisten studierte Denksportaufgabe. Es gibt hunderte von wissenschaftlichen Arbeiten über diese „Selection Task“.

Wir präsentieren sie jetzt in der Originalversion (siehe die entsprechende Grafik): Vor Ihnen liegen vier Karten. Es wird behauptet, die Karten seien nach der folgenden Regel beschriftet:  Wenn auf der einen Seite ein Vokal steht, dann steht auf der Rückseite eine gerade Zahl.

Die Aufgabe: Welche Karten muss man unbedingt umdrehen, um die Regel zu überprüfen? Die Lösung: Natürlich muss man die E-Karte überprüfen. Aber das reicht nicht: Man muss auch die 7-Karte überprüfen. Auf deren Rückseite darf kein Vokal stehen. Das wird meistens übersehen. Die 4 muss man nicht umdrehen. Mit dieser Version der Aufgabe tun sich viele Leute schwer. Wason konfrontierte 1966 in seiner Originalstudie 128 Studenten mit dieser Aufgabe, nur fünf konnten sie richtig lösen.

Formuliert man das gleiche Problem konkreter, weniger abstrakt, so kann es fast jeder lösen. Eine solche konkrete Formulierung wurde in der 5. Aufgabe gewählt, sie geht auf das amerikanische Psychologenehepaar Leda Cosmides  und John Tooby (1992) zurück: ein Zulassungstest für die Ausbildung zum Hilfssheriff in einigen Staaten der USA. Personen unter 21 dürfen dort keinen Alkohol trinken.

Die Bewerber werden mit der folgenden Situation konfrontiert: In einer Kneipe sitzen vier junge Leute um einen Tisch, deren genaues Alter unbekannt ist. Ausweiskontrolle! Die Vier legen Ihre Ausweise auf den Tisch. Zwei geöffnet, man kann das Alter ablesen, einer ist 23, der andere 18. Die dritte Person trinkt Bier, die vierte Cola. Wie in der Grafik.

Die Aufgabe: Welche Getränke, beziehungsweise Ausweise müssen kontrolliert werden?

Haben Sie es bemerkt? Das ist die gleiche Aufgabe wie oben! Die Lösung: Man muss den Biertrinker und den Achtzehnjährigen kontrollieren, man sieht es meist sofort.

Zweimal die gleiche logische Struktur, einmal als abstraktes Problem, das kaum jemand zu lösen vermag, dann als Alltagsaufgabe, die niemandem Mühe macht. Die Verpackung ist wichtig, die Verpackung macht’s. Marketingleute wissen dies, alle, die Mathe lehren, sollten es auch wissen.

 Der Experte: Mathe-Professor Rainer Roos.

Der Experte: Mathe-Professor Rainer Roos.

Foto: Rainer Roos

Wenn Sie mehr über Peter Wason und die hier formulierte „Selection Task“ wissen wollen, folgen Sie den Links auf den entsprechenden Wikipedia-Seiten.

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