Am Anfang ein "wildes Graben"

Schiffweiler. Noch bis zum 30. Juni - dann ist der saarländische Steinkohlebergbau Geschichte. Und blickt auf eine lange Tradition: Fast 600 Jahre wurde in der Region Steinkohle abgebaut. "Nicht nur 250 Jahre, wie häufig behauptet wird", stellt Guido Jung, Heimatforscher aus Schiffweiler fest

 Die Grube Itzenplitz, ein Zeugnis der saarländischen Industriekultur, die bald zur Vergangenheit gehören wird. Foto: Slotta

Die Grube Itzenplitz, ein Zeugnis der saarländischen Industriekultur, die bald zur Vergangenheit gehören wird. Foto: Slotta

Schiffweiler. Noch bis zum 30. Juni - dann ist der saarländische Steinkohlebergbau Geschichte. Und blickt auf eine lange Tradition: Fast 600 Jahre wurde in der Region Steinkohle abgebaut. "Nicht nur 250 Jahre, wie häufig behauptet wird", stellt Guido Jung, Heimatforscher aus Schiffweiler fest.Die erste urkundliche Erwähnung des Steinkohlebergbaus im Saarland geht auf das Jahr 1430 zurück. Jung zückt ein Heimatbuch, "Die Geschichte der Gemeinden Schiffweiler, Landsweiler, Stennweilern und Welschbach" von Dr. Jakob Zewe, von 1930: "Hier steht es drin." Doch er weiß, wieso meist fast 350 Jahre Geschichte unterschlagen werden: "Die 250 Jahre beziehen sich nur auf den staatlichen Bergbau." 1751 habe der Fürst von Nassau Saarbrücken die saarländischen Gruben verstaatlicht. "Doch das wird meistens nicht dazu gesagt." Denn bereits vor diesem Datum wurde im Saarland Kohle abgebaut.

Seit den Anfängen bis zur Verstaatlichung konnte jeder Bauer selbst auf seinem Gelände Steinkohle privat abbauen und dann verkaufen. "Nur jeden zehnten Wagen musste sie an die Gutbesitzer abgeben", erklärt Jung. Am Itzenplitzer Weiher könne man heute noch die Löscher sehen, wo einst Bauern mit Hacken, Rechen und Schaufeln die Kohle abtrugen. "Mit so genannten Hunden - kleine Förderwagen, vor die früher Hunde gespannt wurden - wurden die Kohle transportiert", erklärt Jung. Pferde als Zugtiere konnten die Bauern damals nicht verwenden: Sie waren schlichtweg zu teuer. Einen Teil der Kohle verkauften sie, den anderen Teil brannten sie zu Kalk, um die sauren Böden zu düngen. Als der Bergbau 1761 verstaatlicht wurde, habe sich einiges geändert, erzählt der Heimatforscher. Zuvor gruben die Bauern in der Erde solange, bis sie nichts mehr fanden oder alles in sich zusammen brach. "Sicherheit wurde nach der Verstaatlichung ein wesentliches Thema." Fachleute aus Sachsen wurden zu Rate gezogen, die im Saarland einen geordneten Bergbau einführen sollten: Das heißt auch, richtige Stollen anzulegen und nicht mehr nur oberflächlich abzutragen. "Davor war es eher ein wildes Graben", beschreibt Jung. Durch den Schemelbergbau sei die Arbeit sicherer geworden. Zudem konnten größere Flächen ausgebeutet werden.

Jung selbst ist mit dem Bergbau groß geworden: Vier Generationen seiner Familie lebten davon. Er selbst arbeitete als Elektriker über Tage, in Luisenthal, Göttelborn, Reden und im Warndt.

Wie Jung erzählt, kommt er aus dem Landkreis im Saarland, in dem die ersten Gruben nachweisbar sind: "Die ersten gab es in Sinnerthal, Landsweiler und im Kohlwald." Hier im Landkreis Neunkirchen hat also alles angefangen, was in diesem Jahr endet.Foto: Purper

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