Als die Stadt in Schutt und Asche versank

Neunkirchen. Er galt als völlig ungefährlich, jede Möglichkeit, dass er explodieren könnte, war ausgeschlossen worden. So erzählt der Neunkircher Heimatforscher Horst Schwenk. Doch das betraf nur die Gefahr einer Explosion durch einen technischen Defekt

Neunkirchen. Er galt als völlig ungefährlich, jede Möglichkeit, dass er explodieren könnte, war ausgeschlossen worden. So erzählt der Neunkircher Heimatforscher Horst Schwenk. Doch das betraf nur die Gefahr einer Explosion durch einen technischen Defekt. Letzten Endes war der 1931 in der heutigen Bildstocker Straße erbaute Gasometer ebenso in die Luft geflogen, wie die als unsinkbar geltende Titanic untergegangen war. Schuld, so Schwenk, war ein Feuer, das von außen kam. "Da war man machtlos", so Schwenk. "So explodiert auch heute jede Gasflasche." Es war am 10. Februar 1933 um 18.04 Uhr, als das Unglück 68 Menschen in den Tod riss, 160 zum Teil schwer verletzte und fast 200 Wohnungen weg fegte.Schon zwei Wochen vor dem Unglück begannen Ausbesserungs- und Reinigungsarbeiten an dem Behälter, so heißt es auch in einer Mitteilung der Stadt Neunkirchen, die des 80. Jahrestages der Katastrophe gedenkt. Während der Arbeiten an einem Rohr lösten vermutlich die Funken eines Schneidbrenners die Explosion aus. Zuerst war ein dumpfer Knall zu hören, dann loderte eine 30 bis 50 Meter hohe Stichflamme den Gasometer empor. In Panik geratene Bürger flüchteten, liefen Richtung Landsweiler und Bildstock. Etwa fünf Minuten später erfolgte die eigentliche Explosion, die erdbebenartige Erschütterungen hervorrief. Viele, so erzählten später Zeitzeugen, glaubten aus diesem Grunde auch erst an ein Erdbeben. Menschen flüchteten in die nahe gelegenen Wälder. Der mit der Explosion verbundene Knall war in einem Umkreis von etwa 200 Kilometern zu hören. Die Explosion hinterließ ein riesiges Trümmerfeld. Weite Teile von Niederneunkirchen wurden verwüstet und der Neunkircher Hauptbahnhof schwer beschädigt. Vor allem entlang der Saarbrücker Straße wurden Wohnhäuser komplett zerstört. 700 Menschen wurden obdachlos. In der Nacht nach der Explosion waren mehr als 600 Sanitäter, Feuerwehren aus dem gesamten Saargebiet und freiwillige Helfer im Einsatz, die die Opfer des Unglücks bargen und weitere Explosionen verhinderten. Am Tag danach wehte im ganzen Land Trauerflor. Die Beerdigung der 68 Toten fand vier Tage nach dem Unglück auf dem Scheiber Friedhof, dem damaligen Hauptfriedhof statt. Auf Betreiben von Schwenk erinnert seit einigen Jahren dort eine Tafel an die Opfer. Insgesamt verursachte das Unglück Sachschäden in Höhe von circa 80 Millionen Franken. Das große Spendenaufkommen ermöglichte die Errichtung von Notunterkünften für die obdachlos gewordenen Menschen und den Bau der "Explosionssiedlung" bei der Roten-Kreuz-Siedlung, der heutigen Ulmenstraße.

Die einzigen Briefmarken, auf denen Neunkirchen erwähnt wird, erinnern an das Unglück. Ein Buch des Historischen Vereins Stadt Neunkirchen erinnert an die Gasometer-Explosion. Erhältlich ist es unter anderem bei Bücher König.

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