90 Jahre und ein großes Herz

Neunkirchen · Singen und spielen im Kindergarten, Grundschülern bei den Hausaufgaben helfen, Kranke besuchen und ihnen zuhören: Alma Klein hat einen vollen Terminkalender und oft auch berührende Begegnungen mit Menschen und ihren Schicksalen. Ein Stichwort führt im Gespräch mit unserer Zeitung zum nächsten.

 Hausaufgabenhilfe in der Familienbildungsstätte/mehrgenerationenhaus: (v.l.) Zakaria Majeed (8), Alma Klein (90), Zumoruda Majeed (7), Abdullah Majeed (11) und Barbara Fuchs. Hintere Reihe: Anne Thiel und Sabine Bernarding (v.l.) Foto: Willi Hiegel

Hausaufgabenhilfe in der Familienbildungsstätte/mehrgenerationenhaus: (v.l.) Zakaria Majeed (8), Alma Klein (90), Zumoruda Majeed (7), Abdullah Majeed (11) und Barbara Fuchs. Hintere Reihe: Anne Thiel und Sabine Bernarding (v.l.) Foto: Willi Hiegel

Foto: Willi Hiegel

Für die Kinder ist sie die "Alma". Alma Klein aus Wellesweiler - im April 90 Jahre geworden - gehört zum Team der Nachmittagsbetreuung für Grundschüler in der Familienbildungsstätte/Mehrgenerationenhaus Marienstraße Neunkirchen. Immer dienstagnachmittags kommt "Alma" vorbei, hilft bei den Hausaufgaben , motiviert. "Kinder brauchen ein gutes Wort, ein Lob, man muss ihnen Mut machen", sagt die weißhaarige Dame mit wachem Blick, selbst Mutter von einem Sohn und einer Tochter, Oma von vier Enkeln. Ihren Mann verlor sie vor 20 Jahren.

Alma Klein kümmert sich um die Erstklässler. "Du bist meine Lieblingslehrerin", hat sie vom kleinen Zakaria gehört. Der geht inzwischen schon in die zweite Klasse. Aber immer noch lässt sich der Achtjährige gern liebevoll von "Alma" in den Arm nehmen, wenn er in die Betreuung kommt. So auch am Tag des SZ-Besuchs.

Zum Plaudern nehmen wir Alma Klein für ein paar Minuten ins Nebenzimmer mit. Wo Anfang, wo Ende bei einem so reichen Leben über neun Jahrzehnte und einer Frau, die so viel und so lebendig zu erzählen hat? Bleiben wir beim Einsatz für andere. Eine Gabe, die sich durch ihre Biografie zieht. Ob früher Kommunionhelferin, später Sammeln für die Caritas , Krankenbesuche, politisches Engagement oder Vereinsfunktion - das Aufzählen will Zeit. Ebenso die daraus erlebten Begegnungen mit Menschen und ihren Schicksalen. Alma Klein hört zu, fühlt mit. Ein Stichwort führt im Gespräch zum nächsten. Noch immer wohnt die 90-Jährige im eigenen Haus in Wellesweiler, macht den Garten, lobt eine "tolle Nachbarschaft" - und fährt auch immer noch Auto. Sie pflegt Mundart, besucht gerne Vorträge, singt im Chor. Im Neunkircher Eisenwerk hat Alma Klein, damals noch Heinz, Lohnbuchhaltung gelernt. Sie erzählt, wie sie dort in Kriegszeiten mit ihren Kolleginnen - so war das damals gewünscht - Briefe an die Frontsoldaten schrieb und viel Feldpost zurückbekam. Adressiert an Alma Heinz, Neunkircher Eisenwerk , Abt. Lohnbüro, Zimmer 8. "s'Heinzje hat wieder Post", hieß es dann. Als ein Jahr nach der Hochzeit 1953 die Tochter auf die Welt kam, blieb Alma Klein zu Hause. Schlusssatz im Zeugnis des damaligen Arbeitgebers in Spiesen"Frau Klein scheidet wegen hausfraulicher Pflichten aus." Heute kann sie darüber herzlich lachen.

Wer gibt, bekommt auch was zurück, hat sie erfahren. Und wer zum Beispiel nach aufwühlenden Krankenbesuchen nach Hause kommt, rückt eigene Sorgen wieder ins rechte Verhältnis. Auch der Umgang mit den Kindern tut Alma Klein gut. Bei der wöchentlichen Hausaufgaben-Hilfe oder beim monatlichen Spielen und Singen im Kindergarten St. Marien Neunkirchen. Hält offensichtlich jung. Zum Beweis erzählt Alma Schneider gern die Anekdote von einem Arztbesuch nach dem Kindergarten-Termin: Der Blutdruck ist hoch. Arzt fragt: "Was haben Sie getan?" Alma Klein: "Singen und spielen." Pause. Alma Klein: "Soll ich kürzer treten?" Arzt mit Inbrunst: "Auf keinen Fall!"

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