230 Stofftaschen Nächstenliebe

Neunkirchen · Die Stofftaschen voller Lebensmittel können Obdachlose und Notleidende Heiligabend nach dem traditionellen Essen im Untergeschoss der Neunkircher Herz-Jesu-Kirche mitnehmen. Gefüllt wurden die Beutel eine Etage höher – in der Arthouse Galerie von Jürgen Trösch.

 In der ehemaligen Kirche Herz Jesu wurden 230 Tragetaschen von der „Packschlange“ mit Lebensmitteln befüllt. Träger der Aktion ist die katholische Kirchengemeinde St. Marien. Foto: Jörg Jacobi

In der ehemaligen Kirche Herz Jesu wurden 230 Tragetaschen von der „Packschlange“ mit Lebensmitteln befüllt. Träger der Aktion ist die katholische Kirchengemeinde St. Marien. Foto: Jörg Jacobi

Foto: Jörg Jacobi

Derselbe Ort und doch ganz anders: Routiniert bilden die Helfer vor den aufgereihten Kartons mit Erbseneintopf, Salamis, Kaffee, Nudeln, Heringsfilet & Co. eine Reihe. Dose für Dose, Packung für Packung verstauen sie reihum 1,6 Tonnen Lebensmittel in 230 Beuteln. "60 weniger als 2015, da hatten wir viel übrig", informiert Diakon Oswald Jenni, dem die Leitung der Heiligabend-Aktion obliegt. Damals war es kalt und ungemütlich in der entwidmeten Kirche.

Nach dem Verkauf des Gotteshauses an Künstler Jürgen Trösch mietete es die Gemeinde wieder zurück, allerdings nur die Räume im Keller. Oben prägen großformatige Ölgemälde und Skulpturen das angenehm temperierte Kirchenschiff - schön für die Ehrenamtlichen, die dank der netten Geste Tröschs nicht frieren müssen und nebenbei in den Genuss eines Galeriebesuchs kommen. Viele sind "Wiederholungstäter" wie Hans-Josef Koob, der just an seinem 72. Geburtstag zum 23. Mal hilft oder Christel Simon, die auch schon zwölf Jahre dabei ist. "Das gibt einen Verdienstorden", scherzt Jenni.

Neu im Team sind Sarah Schweiger und ihre Mutter Stefanie. Am letzten Schultag vor den Ferien hatte ihr Lehrer Martin Duckstein in der Tutorenstunde von der Aktion für Bedürftige erzählt. Die 17-Jährige fing sofort Feuer und steckte ihre Mutter an: "Eine Stunde helfen tut keinem weh." Die Kirche kennt Stefanie Schweiger noch von früher. "Beeindruckend, was daraus geworden ist", meinte die Schiffweilerin. "Perfekt für diesen Anlass."

Dieses Jahr gab es weniger Spenden als sonst. Zum Glück bleiben Familie Becker-Klaus und halb Lautenbach bei der Stange. Ihre Spendenaktion, die 2000 Euro einspielte, ist zum Selbstläufer geworden und hat im dritten Jahr sogar ein eigenes T-Shirt: "Gemeinschaft entsteht, wenn aus Einzelnen WIR wird!!!". Am vierten Adventswochenende wurde in der Garage auf sechs mal vier Quadratmetern Live-Musik gespielt, lecker gegessen und getrunken. Es gab eine Tombola, und wer seinen Christbaum nicht mitholen kann, der kriegt ihn per Schubkarre frei Haus geliefert. Wobei längst mehr Leute einfach nur zum Feiern kommen, freut sich die Carmen Klaus. Der Haken dabei: "Wir dürfen nicht mehr aufhören."

Was auch auf die Heiligabend-Aktion selbst zutrifft - der Rettungsanker für etwa 230 Kinder und Erwachsene am emotionalsten Tag des Jahres. Los geht es um 15 Uhr mit Kaffee und Kuchen, gespendet von Neunkircher Cafés. "Dann gibt es ein kleines Bühnenprogramm", verrät Oswald Jenni. Angesagt hat sich Landrat Sören Meng, der aus seinen Büchern Besinnliches und Amüsantes vorträgt. Das gemeinsame Singen gehört zwingend zum Fest, genauso das Weihnachts-Evangelium. Nach einer kleinen Pause wird das Weihnachtsmenü serviert. Was genau, weiß Jenni vorweg nicht. Nur, dass die Mahlzeiten zum Selbstkostenpreis von einem Neunkircher Caterer gespendet werden. Spätestens 21 Uhr ist Schluss. "Die Leute wollen schnell heim" - mit ihren prall gefüllten Weihnachtstaschen. Die zweite Schicht der insgesamt 60 Helfer bleibt noch ein bisschen - zum Aufräumen.

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