Flüchtlingsstrom bringt Rathaus ans Limit

Merchweiler · In der Merchweiler Gemeinderatssitzung am Donnerstagabend wurden die Mandatsträger über die aktuelle Flüchtlingssituation in der Gemeinde unterrichtet. Bis Jahresende werden 30 Neuankömmlinge erwartet.

"Jeder Tag bringt neue Entwicklungen", so leitete Bürgermeister Patrick Weydmann (SPD ) am Donnerstagabend den Tagesordnungspunkt 6 der Gemeinderatssitzung in der Allenfeldhalle ein. Hinter der Zahl 6 steckte ein ausführlicher Bericht über die aktuelle Flüchtlingssituation in der Gemeinde. Weydmann sprach von einer "Mammutaufgabe", die der Geschäftsbereich 3 (Bürgerdienste, Sicherheit und Ordnung) derzeit zu bewältigen habe. Deshalb war auch dessen Leiter, Stefan Kaiser, persönlich gekommen, um über die derzeitige Situation in Merchweiler und Wemmetsweiler zu berichten. Bisher habe die Gemeinde 97 Flüchtlinge aufgenommen, von denen jedoch 32 mittlerweile woanders lebten, so Kaiser. Ein Großteil sei noch in den gemeindeeigenen Flüchtlingsunterkünften in der Waldstraße 95 und in der Quierschieder Straße untergebracht. Elf Personen hätten auf Eigeninitiative Privatwohnungen bezogen.

Im Oktober seien 21 Neuankömmlinge registriert worden. Bis Jahresende rechne man insgesamt mit 30 zusätzlichen Flüchtlingen: "Wir bewegen uns immer am Limit." SPD-Sprecher Albin Hanstein plädierte für mehr Ressourcen für die Gemeinde: "Was im Rathaus an Arbeit geleistet wird, ist unmenschlich." Oft kämen, so Kaiser, fünf bis zwölf Personen gleichzeitig an. "Es wird weiterhin dringend Wohnraum gebraucht", bekräftigt der Bereichsleiter. Das Besichtigen und Einrichten von Wohnungen binde viel Personal. Zu diesem Zweck habe die Gemeinde zwei Werkverträge mit Mitarbeitern des Bauhofs geschlossen und eine Sprachmittlerin, ebenfalls per Werkvertrag, engagiert. Zudem kümmere sich "in jedem Haus und in jeder Wohnung" ein ehrenamtlicher Pate um die Flüchtlinge. Vier pensionierte Deutschlehrer vermittelten "vom ersten Tag an" die Sprache, dienstags in Wemmetsweiler, freitags in Merchweiler . In Zusammenarbeit mit dem Sozialunternehmen Neue Arbeit Saar (NAS) will die Gemeinde fünf Flüchtlingen einen sogenannten Ein-Euro-Job bei zusätzlichem Bezug von Sozialhilfe ermöglichen. Sie sollen im Rahmen dieser Maßnahme beim Einrichten von Wohnungen für andere Flüchtlinge helfen. Doch nicht nur Muskelkraft ist gefragt: Fahrräder und Einrichtungsgegenstände würden jederzeit gebraucht, so Kaiser. Die gesamte Verwaltung sei mit dem Thema Flüchtlinge befasst: "Es ist eine Sisyphusarbeit." Weydmann lobte "die große Solidarität in der Bevölkerung". Es sei zudem "ganz erstaunlich", dass sich elf Flüchtlinge bereits selbst um eine Wohnung gekümmert hätten. Das zeuge von Eigeninitiative, die die Gemeinde sehr begrüße. Doch nicht alles laufe rund. Kaiser wies darauf hin, dass die Gemeinde gelegentlich auch mit Flüchtlingen ohne Zuweisung aus Lebach konfrontiert werde. Diese würden unerlaubt über die französische Grenze in die Gemeinde gelangen. Auch Familiennachzüge hätten so schon stattgefunden.

Im Bezug auf die Kriminalitätsrate in der Gemeinde sei die Situation derzeit "relativ entspannt", so Weydmann: "Wir haben hier viele Menschen der syrischen Mittel- und Oberschicht ." Darunter auch ein Olympia-Teilnehmer im Fechten. Deshalb sei die Integration in die hiesigen Sportvereine wichtig. Und im Bereich Bildung? Zwei Flüchtlinge hätten bereits einen Antrag gestellt für ein Studium an der Saar-Uni.

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