Zu Gast bei Dietmar Kempf Wegwerfen? Nein! Lieber Kunst draus machen.

Merchweiler · Unsere Zeitung besucht Künstlerinnen und Künstler aus unserer Region in ihrem Schaffensraum. Heute: Dietmar Kempf

 Das Atelier eines ordentlichen Künstlers.

Das Atelier eines ordentlichen Künstlers.

Foto: Sibille Sandmayer

„Die Kunst ist ein Schritt vom sichtbaren Bekannten zum verborgenen Unbekannten.“ Ein Zitat von Khalil Gibran, einem libanesischen Künstler und Dichter. Interpretieren könnte man dieses Zitat sehr passend mit der einzigartigen Kunst von Dietmar Kempf. Sieht man doch auf den ersten Blick etliche Schnapsgläser aus Plastik und in verschiedenen Farben aufgereiht in einem Rahmen. Diese kleinen Becher sind jedem Betrachter schon einmal untergekommen und doch bilden sie hier eine besondere Einheit, die zu einem Kunstwerk wird. „Einige Besucher meiner Ausstellungen versuchen, etwas Bestimmtes in meinen Werken zu erkennen, zum Beispiel ein Muster oder sogar ein Tier. Aber das ist gar nicht meine Intention. Im Gegenteil: Ich gehe ganz frei mit den Materialien um, ohne System oder festgelegtes Muster. So wird das Bild auch nie langweilig.“

Dietmar Kempf wurde 1964 in Schutterwald/Baden geboren und studierte an der Universität Karlsruhe Musikwissenschaft, Kunstgeschichte und Literaturwissenschaft. Außerdem legte er ein Studium in den Fächern Musik, Deutsch und Kunst an der pädagogischen Hochschule Freiburg ab, mit dem er bis heute als Lehrer arbeitet. Im Jahr 2006 zog es ihn der Liebe wegen ins kleine Saarland, und im Elternhaus seiner Frau hat er vor kurzem sein Atelier renoviert. Aufgereiht in durchsichtigen Kisten finden sich die unterschiedlichsten Alltagsgegenstände, wie Spülschwämme, Buchstabenwürfel, Strohhalme, Pommesgabeln oder Eislöffel. In den verschiedensten Farben kombiniert der Merchweiler Künstler diese Gegenstände in weißen Holzrahmen und erschafft so Kunst mit Dingen, die andere Menschen einfach wegwerfen würden. „Ich will die Menschen mit meiner Kunst unter anderem sensibilisieren für Material, das mehr ist als nur Müll. Wir leben in einer Wegwerf-Gesellschaft, die viele Dinge nicht zu schätzen weiß. Alles ist Kunst, man muss es nur richtig einzusetzen wissen.“

Die Materialien, vorrangig aus Plastik, ordnet der 56-Jährige seriell und mit gleichen Abständen in verschieden großen Rahmen und verleiht ihnen so eine Dreidimensionalität und gleichzeitig eine glatte Fläche. Je nach Standpunkt des Betrachters können die Werke sogar zu einer optischen Täuschung werden. Auch mit Schrift und Wort schafft es der Künstler, Kunstwerke zu erschaffen. Zeitungsausschnitte mit neuen Wortschöpfungen und kreativen Aussagen werden auf einem Würfel in scheinbar wahllose Reihenfolge gesetzt und werden so zu Kunstwerken. Zudem erschafft der Künstler auch kleinere Kunstwerke mit raffinierten Wortspielen. Zusammen mit seinem Bruder Ralf Kempf bildet er zudem ein künstlerisches Duo.

In vielen Ausstellungen in Deutschland haben Dietmar und Ralf Kempf verschiedene Installationen ausgestellt, die sowohl gesellschaftskritische Aussagen ausdrücken, als auch mit Ironie und Realität spielen. Ausgangspunkt für diese Installationen sind visuelle Reize der ausgewählten Materialien, die aus ihrem eigentlichen Umfeld verschoben und in einen anderen Kontext gesetzt werden. Dazu produzieren die beiden Künstler oftmals neue, experimentelle Musik und setzen auch Videotechnik ein, um ihre Aussage zu unterstreichen. Für diese neuartigen und teilweise provozierenden Werke konnten Dietmar und Ralf Kempf schon einige Nominierungen für Kunstpreise erwerben und gewannen den Kunstpreis der Stadt Schramberg 2015.

 Dietmar Kempf bei der Arbeit in seinem Atelier.

Dietmar Kempf bei der Arbeit in seinem Atelier.

Foto: Sibille Sandmayer
 Auch Musik produziert der Künstler in seinem Atelier.

Auch Musik produziert der Künstler in seinem Atelier.

Foto: Sibille Sandmayer
 Eislöffel sind nur eine Materialart des Künstlers.

Eislöffel sind nur eine Materialart des Künstlers.

Foto: Sibille Sandmayer
 Ein Corona-Projekt in der Anfangsphase.

Ein Corona-Projekt in der Anfangsphase.

Foto: Sibille Sandmayer
 Dietmar Kempf macht Wegwerfgegenstände zu Kunst.

Dietmar Kempf macht Wegwerfgegenstände zu Kunst.

Foto: Sibille Sandmayer

Zusammen mit der Galerie „m beck“ in Homburg hat Dietmar Kempf schon viele Ausstellungen und Projekte verwirklicht und seine Ideen sind noch lange nicht ausgeschöpft. „Am liebsten arbeite ich abends oder auch nachts, da kommen mir die besten Ideen. Ich mag die Stille, die diese Tageszeit innehat und für meine Werke brauche ich eine hohe Konzentration, die am besten in der Stille funktioniert.“ Auch in diesem Jahr ist Dietmar Kempf für zwei Kunstpreise nominiert, aber ob diese Ausstellungen aufgrund der Pandemie stattfinden, ist noch unklar. Auf jeden Fall hat der Künstler aus dem Landkreis Neunkirchen noch viele Ideen für sein kreatives Schaffen und sieht in vielen kleinen Dingen Kunst, die nur erweckt werden muss.

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