Brunnenserie: Gemeinde Merchweiler Wo einst das Kind in den Brunnen fiel

Im Ortsteil Merchweiler gibt es zwei solche Wasser-Bauwerke, im Ortsteil Wemmetsweiler keines.

Brunnen in der Gemeinde Merchweiler
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Brunnenserie - Gemeinde Merchweiler

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An einem Sommertag im Jahre 1961 besucht der kleine Hans Werner (10) aus der Merchweiler Oberstadt mit seiner Mutter die Tante Mariechen in der Unterstadt. Es ist warm, der Bub will raus. Wenige Meter vom Haus der Tante entfernt, spielt er am Fohlentrog, damals ein großes Brunnenbecken, in dem sogar Fische schwimmen. Drumherum ist es vom Wasser matschig. Hans Werner stellt den Fuß auf den Brunnenrand. Er will sich die Schuhe sauber machen. Plumps. Das Kind ist in den Brunnen gefallen.

Hier zwei, da keinen Brunnen

Hans Werner Becker - heute 66 und inzwischen Ortsvorsteher in seinem Heimatort - erzählt die Anekdote aus seiner Kindheit beim Treff mit der SZ. In unserer Serie „Öffentliche Brunnen in der Region“ sind wir jetzt auch in der Gemeinde Merchweiler mit ihren zwei Ortsteilen Merchweiler (5100 Einwohner) und Wemmetsweiler (4900 Einwohner) unterwegs. Eigentlich nur in Merchweiler. Denn die bei der Gemeinde angefragte Liste führt uns lediglich zu zwei Brunnen in Merchweiler, in Wemmetsweiler gibt es keinen. Infos zu den beiden Merchweiler Bauwerken liefern das Rathaus, Ortsvorsteher und Ortskundige sowie das Archiv.

Mit der Gießkanne

Beim Plausch rund um den Fohlentrog in der Dorfstraße erweitert sich der Erzählerkreis. Josef Martin (83) kann historische Details beitragen, ebenso sein Bruder Bernhard (79), der beim Wasserholen mit der Gießkanne auf die Schnelle noch die eine oder andere Erinnerung einbringt. Und auch Franz Ludwig legt am Brunnen ein Päuschen ein. Als „Leih-Opa“ ist er mit der kleinen Maria und dem Kinderwagen auf Tour.

 Unsere Gesprächsrunde hat sich am Fohlentrog in der Merchweiler Dorfstraße fürs Foto in Szene gesetzt. Josef Martin, Hans Werner Becker, Franz Ludwig mit Maria (von links).

Unsere Gesprächsrunde hat sich am Fohlentrog in der Merchweiler Dorfstraße fürs Foto in Szene gesetzt. Josef Martin, Hans Werner Becker, Franz Ludwig mit Maria (von links).

Foto: Claudia Emmerich

Das Aussehen veränderte sich

Der Fohlentrog reicht weit in die Vergangenheit zurück. Ursprünglich, so tragen alle gemeinschaftlich zusammen, war der Brunnen ein großes, mit dicken Holzbohlen gefasstes Bauwerk. Als in den 1950er Jahren die Dorfstraße breiter und befestigter wurde,  schmolz der Platz für den Quell. Aus Sandstein entstand ein kleinerer Brunnen, mit drei ineinander übergehende Becken. Dieses Bauwerk wurde abgelöst von einem großen Brunnenbecken. Das mit den Fischen, an das sich Hans Werner Becker so gut aus seiner Kinderzeit erinnern kann. 1991 erhielt das Bauwerk seine heutige Form. Wasser läuft immer, aus seiner Brunnenstube (eigentlich gibt es zwei)  wird der Fohlentrog gut versorgt. Seine Funktion als Treffpunkt und Kommunikationspunkt verliere der Brunnen jedoch nach und nach, beobachtet die Gesprächsrunde.

Feiern, wenn das Wasser wieder läuft

Ein Stück die Dorfstraße runter befindet sich der historische Dorfbrunnen, zentraler Ort für das Unterdorf. Aus dem Auslauf kommt an diesem Tag nichts. Ein Anruf beim Bürgermeister erklärt den Hintergrund: „Vor Jahren gab es hier eine größere Tiefbaumaßnahme“, sagt Patrick Weydmann.„Dabei wurden wasserführende Schichten verändert. Das Wasser kommt nicht mehr mit ausreichend Druck. Man kann zwar Wasser laufen lassen, aber das hält nur eine Zeitlang.“ Das Rathaus arbeite an einer Lösung, die Kosten müssten dabei im Auge behalten werden. Der Ortsvorsteher glaubt an einen wieder sprudelnden Quell, verspricht er am derzeit versiegten Brunnen. „Wenn es soweit ist, dann wird der Dorfbrunnen mit einem kleinen Fest eingeweiht.“

Blick in die Heimatblätter

In den Heimatblättern (Nr. 30/2013, Autoren Alois Koch und Herbert Martin) steht zur Geschichte des Dorfbrunnens: „Auf einer Karte aus dem Jahre 1823 ... und auch auf einer Karte von 1900 ist der Dorfbrunnen mitten in der heutigen Dorfstraße eingezeichnet. ... Der Dorfbrunnen bestand/besteht aus zwei Trögen; einen für Trinkwasser, der andere diente als Viehtränke und um Gemüse und Wäsche zu waschen. ... Nach dem Bau der Wasserleitung und aus verkehrsrechtlichen Gründen wurde der Dorfbrunnen im Jahre 1909 einige Meter in Richtung Borrwiesen verlegt, wo er sich noch heute befindet. Der Dorfbrunnen hat zwei Brunnenstuben, die eine befindet sich in den Gärten hinter Hoffmanns, die zweite mitten in der Dorfstraße, da wo im 19. Jahrhundert der Brunnen war.“

Kühe liefen zum Brunnen

Martin erinnert sich in dem Artikel weiter: „Wenn wir mal mit unserem Kuhwagen ... am Brunnen vorbeikamen, dann wurden die Kühe unruhig, weil sie einfach Durst hatten. Kaum zu Hause angekommen, vom Wagen ausgespannt und vom Geschirr befreit, liefen die Kühe ohne Aufsicht zum Dorfbrunnen.“ Der Platz um den Brunnen, so summiert der Text, war im 19. Jahrhundert Treffpunkt für Veranstaltungen, Informationsplatz, Festplatz.

Fisch verschluckt

Nun wollen wir aber auch noch das Ende der Anekdote „Kind ist in den Brunnen gefallen“ erzählen. Der kleine Hans Werner steht also nass und unglücklich am Brunnen. Hilfe kommt von Frau Bost vom nahen Lebensmittelgeschäft. Sie trocknet den Bub ab, gibt ihm Ersatzkleider (auch wenn die ihm zu groß sind) und schickt ihn nach Hause. Dort gesteht Hans Werner seiner Mutter dann auch noch: „Ich hab so ein komisches Gefühl im Bauch. Ich glaub, ich hab einen Fisch verschluckt.“ Die Mutter schickt ihn aufs stille Örtchen. Der Fisch findet tatsächlich den Weg nach draußen.

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