Alex-Deutsch-Schule Wellesweiler Schicksal Illinger Juden berührt Schüler

Wemmetsweiler · Zeitreise der Alex-Deutsch-Schule ins Heimatmuseum Wemmetsweiler, wo derzeit eine besondere Ausstellung läuft.

 Hans Groß vom Heimatmuseum führte die Jugendlichen mit Erfahrung und Fingerspitzengefühl durch die Ausstellung „Juden in Illingen“.

Hans Groß vom Heimatmuseum führte die Jugendlichen mit Erfahrung und Fingerspitzengefühl durch die Ausstellung „Juden in Illingen“.

Foto: Erich Hoffmann/Picasa

Die gut recherchierte Geschichte der Illinger Juden, die in großer Anzahl den entsetzlichen Auswüchsen des Holocaust zum Opfer fielen, ist aufgrund des engen Bezugs zu ihrem jüdischen Namensgeber Alex Deutsch auf das besondere Interesse der Gemeinschaftsschule Wellesweiler gestoßen. Als Höhepunkt einer Projektreihe der Arbeitsgruppe „Schule ohne Rassismus - Schule mit Courage“ stand jetzt ein Besuch der Ausstellung „Juden in Illingen“ im Heimatmuseum Wemmetsweiler auf dem Programm. Mit dem Vorsitzenden Hans-Jürgen Glaab, Petra Bast, Hans Groß und Martin Schneider nahmen gleich vier Mitarbeiter des Museums die Delegation mit den begleitenden Lehrkräften Ulrike Rothermel und Erich Hoffmann in Empfang. Was folgte, war eine sachkundige und altersangemessene Erläuterung der jüdischen Geschichte Illingens.

Einer bewegenden Geschichte, die mit der Anwerbung von Bürgern jüdischen Glaubens durch die Freiherren von Kerpen-Illingen um das Jahr 1700 ihre Anfänge nahm. Nach Zubilligung der gleichberechtigten Staatsbürgerschaft durch die napoleonischen Besetzer rund 100 Jahre später und nach einer Zeitspanne des Aufblühens und des einträchtigen Zusammenlebens mit der christlichen Gemeinde im 19. und anfänglichen 20. Jahrhundert mündete das bis dahin harmonische Miteinander in einer fatalen Reihung von Terror, Ächtung, Vertreibung, Deportation und schließlich massenhaften Ermordung im Verlauf des gerade mal 12 Jahre währenden „Tausendjährigen Reiches“.

Dass die Illinger Juden vieles für die Entwicklung und das Wohlergehen ihrer Gemeinde geleistet haben, wird heute von keiner Seite mehr ernsthaft in Zweifel gezogen. Dass die Nazi-Diktatur ausgerechnet in Illingen und Umgebung ihr mörderisches Ziel verwirklichen konnten, Europa „judenfrei“ zu machen, weckte Bestürzung unter den jugendlichen Zuhörern. Niemand in der Runde, auch nicht Hans Groß vom Kriegsjahrgang 1940, konnte oder kann sich zudem an Menschen oder Familien jüdischen Glaubens erinnern, die jemals wieder in der einst geschätzten Heimat in oder um Illingen dauerhaft Fuß gefasst hätten.

Die vom Wemmetsweiler Heimatmuseum aufwändig rekonstruierte Ausstellung ist das Werk einer früheren Projektgruppe des Gymnasiums Illingen unter der Ägide des mittlerweile verstorbenen Schuleiters und verdienten Historikers Robert Kirsch. Damals wie heute ist es mit dem Werk gelungen, den Deckmantel des öffentlichen Schweigens gegenüber dem albtraumhaften Schicksal jüdischer Mitbürger zu lüften, die oft genug freundschaftliche Beziehungen zu ihren christlichen Nachbarn pflegten. „Besonders den jungen Generationen muss nachdrücklich ins Bewusstsein gerückt werden, dass sich etwas so Entsetzliches nie mehr wiederholen darf“, brachte Martin Schneider, musealer Mitarbeiter und Experte für jüdisches Leben in der Region, die Meinung der Anwesenden auf den Punkt.

Museumsleiter Hans-Jürgen Glaab verknüpfte indes den erstmaligen Besuch einer schulischen Einrichtung seit Ausstellungseröffnung am 19. Mai mit der großen Hoffnung, dass weitere Schulklassen, Leistungskurse oder Arbeitsgemeinschaften dem Beispiel der Alex-Deutsch-Schule folgen werden, um eine Geschichtsstunde der ganz besonderen Art zu erleben.

„Ganz toll, Geschichte zum Anfassen!“ Mit diesen anerkennenden Worten der AG-Leiterin und ersten stellvertretenden Schulleiterin Ulrike Rothermel bedankte und verabschiedete sich die Gruppe aus Wellesweiler vom rührigen Team des Heimatmuseums, das ihnen bei der Reise in die Vergangenheit so viele neue Einblicke in Glanz und Leid jüdischen Lebens vergangener Tage gewähren konnte.

Das Heimatmuseum Wemmetsweiler hat jeden zweiten Sonntag im Monat von 15 bis 17 Uhr geöffnet. Öffnungszeiten bis April 2020: 8. Dezember, 12. Januar, 9. Februar, 8. März, 19. April, sowie nach Vereinbarung mit Hans-Jürgen Glaab, Tel. (0 68 25) 4 87 65.

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