Lesung in Neunkirchen Prost – auf Wang und Primstaler Welthandel

Neunkirchen · Autor Frank P. Meyer stieß bei seiner Lesung bei Bücher König in Neunkirchen mit den Zuhörern auf seinen aberwitzigen Globalisierungsroman „Vom Ende der Bundeskegelbahn“ an – mit limitiertem „Sankt Zeggels“ Pils.

 Autor Frank P. Meyer sorgte bei seiner Lesung in Neunkirchen für gute Laune. Passend zum Thema gab‘s „St. Zeggels“ zu trinken und Glückskekse zum Knabbern fürs Publikum.

Autor Frank P. Meyer sorgte bei seiner Lesung in Neunkirchen für gute Laune. Passend zum Thema gab‘s „St. Zeggels“ zu trinken und Glückskekse zum Knabbern fürs Publikum.

Foto: Anja Kernig

„Auf zwei Sachen können Sie sich in meinen Büchern verlassen: Es gibt einen mysteriösen Toten und es wird auf Eiweiler rumgehackt.“ Sagt der Mann, der selbst in Primstal lebt und vor Stolz im Moment kaum noch gerade über die Straße gehen kann. Denn Frank P. Meyer nennt ab sofort zwei sein eigen. Bücher mit Lesebändchen nämlich. Jene kleinen praktischen Dinger im Hardcover-Band, welche die Autoren-Spreu vom Weizen trennen. „Ein Lesebändchen ist für Schriftsteller so etwas wie ein Oskar für Schauspieler.“

Seinen zweiten Roman „Hammelzauber“ hatte der Conte Verlag dereinst mit einem solchen stationären Lesezeichen geadelt. Bei Roman Nummer vier, „Vom Ende der Bundeskegelbahn“, ist es nun also wieder passiert. Wobei man in Meyers Fall eher von Gerste als Weizen reden sollte. Doch dazu später.

„Schön, da hat es doch etliche reingeweht“, strahlte der 59-jährige promovierte Geisteswissenschaftler in der Buchhandlung König in Neunkirchen. Sturmwarnung hin oder her – wenn sich der Großmeister des gepflegten ironischen Lokalpatriotismus ansagt, wäre man schön dumm, dem Ruf nicht zu folgen. Diese Liebe beruht auf Gegenseitigkeit: Bringt Meyer ein neues Buch heraus, sind die ersten drei Lesungen gesetzt: in Wadern und Neunkirchen nämlich. „Da muss es anfangen, dann geh ich damit raus in die Welt“, betonte Meyer. Was wiederum Gastgeberin Anke Birk und ihr hoch motiviertes Team strahlen ließ.

Die letzte Autorenlesung zwischen Büchertischen und -regalen hatte es hier am 11. März 2020 mit Klaus Brabänder gegeben. Vergleichbar insofern, als beide Saarländer sind und über einen erfrischenden Humor verfügen – ganz zu schweigen von originellen Ansätzen. Wobei Meyer da gerade so ein bisschen in Führung geht. In seinem neuen Werk steht aus heiterem Himmel ein geschniegelter Chinese vor der ehemaligen Fleischfabrik im tiefsten St. Wendeler Hinterland. Der „fernöstliche Märchenprinz“ hat sich mitnichten verfahren, sondern lässt sich häuslich im Dorf nieder, um „Wangs Welthandel“ zu gründen und seine Landsleute daheim mit gutem Wein, Babynahrung und umhäkelten Kleiderbügeln zu versorgen. Letztere werden bei den Häkelabenden im Ort produziert: „Tarnveranstaltungen“, auf denen vor allem Kirschlikör in rauen Mengen vernichtet und Klatsch produziert wird.

So einen „Häkelhänger“ hatte Meyer natürlich dabei. Was nicht nur die älteren Semester im Publikum schwer rührte, kichernd spendete das Auditorium Szenenapplaus. Wie zuvor schon für Horst, die Männerhandtasche – oder später das eigens für die ersten beiden Lesungen umetikettierte Becker Pils, das passend zum Buch „Sankt Zeggels“ heißt und auf das Wirtshaus anspielt, in dem sich Wang in die titelgebende Kegelbahn verliebt. Solch ein Stubbi fand jeder Gast an seinem Platz vor, zusammen mit einem Glückskeks. Frank P. Meyer weiß einfach, was sich gehört.

Wang jedenfalls wird zum Vorzeigesaarländer. Nicht lange, und er ist vollständig assimiliert: singt im Chor mit, braut Bier, brennt Schnaps, gründet seinen eigenen Kegelverein „Alle 8 und noch einer“ und betört die Damenwelt. Als den feschen Asiaten das Zeitliche segnet, entlockt das der Runde einen kollektiven kleinen Seufzer. Wie und warum, das blieb Meyer diesem voll mitgehenden Publikum trotzdem schuldig. Dafür erfuhr man, was den ehemaligen Trierer Stadtschreiber, der an der Uni Trier als Leiter der Studienberatung seine Brötchen verdient, zu diesem köstlichen Plot inspiriert hat: der Besuch eines deutsch-chinesischen Sommerfestes 2019 im nahen Hoppstädten-Weihersbach, wo sich tatsächlich viele Chinesen ansiedeln, den Immobilienmarkt tüchtig auf Touren bringen und Handelsgesellschaften aufbauen. Unter anderem für Milchpulver, „das kriegen sie nicht keimfrei hin in China“.

Endgültig besiegelt war der neue Roman, als Meyer von einer Primstaler Bäckersfrau hörte, dass zwei mysteriöse Asiaten just vor ihrer Vorzeigebäckerei aus dem Auto stiegen, um das Gebäude zu fotografieren. Klar, das könnten Touristen sein. Aber: „Ich suche nicht nach harmlosen Erklärungen.“ „Leicht inspirierbar“, wie er nun mal sei, sprang Meyers Kopfkino an: „Da kommt ein Chinese ins Dorf, nennen wir ihn Wang … und ruck, zuck sind 400 Seiten geschrieben.“ Von denen manche Sätze schon Kultstatus haben, wie jenes geflügelte Wort über einen redseligen Primstaler Ureinwohner: „Ein Helmut sagt mehr als 1000 Worte.“ Und ein Frank P. Meyer sowieso.

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