Wochen-Kolumne Worüber das Schämen lohnt

Es gibt sicher Dinge, für die es sich zu schämen lohnt: Für den Kauf von fünf T-Shirts im Superspar-Angebot, wohl wissend, dass die Produktionsbedingungen alles andere als zufriedenstellend gewesen sein können.

Wochen-Kolumne Neunkirchen: Wofür es sich zu schämen lohnt
Foto: SZ/Robby Lorenz

Für die 500 Gramm Sonntagsbrötchen das zwei Tonnen schwere Fahrzeug zwei, drei Straßen weit zu bewegen. Für den Kauf der Äpfel aus Übersee, während auf unseren Streuobst-Wiesen die Früchte vergammeln. Wofür es sich nicht zu schämen lohnt: Wenn an der Vorderfront des Alten Rathauses in Ottweiler ein bisschen Farbe fehlt. Sicher, das sieht nicht toll aus, zu einem richtigen Aufreger gereicht es gleichwohl nicht. So ist denn wohl auch das neue SPD-Stadtratsmitglied Damhat Sisamci mit seinem Einwurf in die Ratssitzung am Dienstagabend deutlich übers Ziel hinausgeschossen. Bei seiner Ansage musste der unbeteiligte Zuhörer fürchten, das schöne alte Gemäuer sei vom Einsturz bedroht, wenn nicht bald etwas geschieht. Übers Ziel hinausgeschossen ist aber auch die Replik des Ottweiler Verwaltungschefs Holger Schäfer (CDU). Der tadelte den Neuen im Rat kräftig („Nicht in diesem Ton“) und das mit solch ernstem Blick, dass wiederum die Demokratie in Gefahr zu sein schien. Die Art, in der Sisamci sein Anliegen zu Gehör brachte, war gewiss nicht unbotmäßig. Auch ein Bürgermeister muss damit leben können, dass die Äußerungen im Rat nicht den leichten Ton einer Kindermusical-Einlage haben. Auch wenn sich die Stadt Ottweiler für die Fassade ihres Alten Rathauses gewiss nicht schämen braucht.

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