Unsere Woche Von wegen früher war besser

Es muss was mit dem Alter zu tun haben: In Jugendjahren war es immer etwas befremdlich, wenn sich jemand über die guten alten Zeiten ausließ, wie klasse das alles war und so weiter und so fort. Als jüngerer Mensch ist man schnell etwas genervt, wenn der goldene Schleier über Dingen ausgebreitet wird, die einem selbst unbekannt und nicht so wichtig sind. Doch mit steigender Jahreszahl wächst die Versuchung, im Rückblick so ein klitzekleines bisschen zu glorifizieren. Es gilt mithin, kritisch und vor  allem selbstkritisch zu bleiben, wenn dieses und jenes in seiner Ursprungsform als besonders wertvoll dargestellt wird.

Unsere Woche: Von wegen früher war besser
Foto: SZ/Robby Lorenz

Wie schön ist es deshalb, wenn jemand anderes zum Blick zurück auffordert. Die Helden der Kindheit sucht unsere Lokalredaktion. Da lässt sich ganz ungeniert in Erinnerungen abtauchen. Und kleine Türen aufstoßen, die fest verrammelt schienen. Zum Beispiel die zu jenem Sommertag in Grundschulzeiten. Der neue Superhelden-Sonderband war frisch raus und am Kiosk zu haben. Doch am Taschengeld – da half alles nachzählen nichts – fehlten 20 Pfennige. Tapfer sind mein bester Freund und ich alle Straßen des Viertels abgelaufen. Haben an jeder Hauswand, in jeder Rinne geschaut. Kein Geldstück, nirgends. Und sind dann, in größtmöglicher Verzweiflung, in den Zeitschriftenladen mit unserem Klimpergeld und der Frage, ob wir die minimale Differenz zwischen Barem und Sammelband-Preis in der kommenden Woche begleichen könnten? Na ja, angeblich war ja früher alles besser. Der Mensch hinterm Tresen hat also milde gelächelt und uns den so begehrten Comic mit einem Augenzwinkern überlassen? Von wegen! Wir könnten dann ja wiederkommen, wenn das fehlende Geld beisammen sei. Was waren das bittere Stunden bis zum nächsten Taschengeld.

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