Kolumne Nummern-Girls mit drei Unbekannten
Sie kommt schleichend, die wechselnde Sicht auf die Dinge. Wer erstmal die „5“ vorn stehen hat, der erkennt in der Regel auf die Ferne viel, auf die Nähe immer weniger. Altersweitsichtigkeit – auch Linsen verlieren halt mit den Jahren Elastizität.
Schauplatz Fitnessstudio. Da, wo der Mensch vorn mit der „5“ auch öfter mal was gegen „Rücken“ tut. In der Umkleide sind gerade ausschließlich Damen reiferen Alters. Also die mit fehlender Nahschärfe. Eine Frau hat ihren Kurs hinter sich. Sie zielt mit ihrem Augenpaar angespannt auf ihren Spindschlüssel. Drei Ziffern stehen auf dem Metallblättchen am roten Bändchen. Aber welche? „Entschuldigung, kann mir vielleicht jemand helfen?“, ruft sie in die Runde. „Ich hab meine Brille vergessen.“ „Klar“, erschallt es hilfsbereit im Chor. Die Erste nimmt energisch das Schlüsselband in die Hand. „253.“ Doch der Schlüssel will nicht in dieses Schloss. „Könnte auch 352“, schiebt die Frau nach. „Ich sehe auch nicht mehr so gut ohne Brille.“ Schlüssel und Schloss passen hier wieder nicht zueinander.
„Es gibt runde Zahlen wie 2, 3, 5 oder 8 und eckige Zahlen wie 4 oder 7“, gehen die Nummern-Girls jetzt in die Tiefenanalyse. „Das hier sieht mehr rund aus.“ „Ja, könnte also auch eine 0 sein oder eine 9. Auf keinen Fall aber eine 1.“ Gekicher. „Wir können die Kombinationen durchprobieren.“ „Wie viele gibt es denn?“ Gekicher. „Also das ist wie im Hotel. Wenn ich da ohne Brille ins Bad gehe, kann ich auch nicht lesen, was auf den Fläschchen steht. Shampoo oder Duschgel.“ „Ich hab mir schon mal Bodylotion ins Haar geschmiert.“ Gekicher.
Die Tür zum Frauenzimmer öffnet sich. Ein junges Wesen schneit herein. Hat sicher nicht „Rücken“, dafür Nahschärfe. „Könnten Sie vielleicht helfen?“, hält das Alter der Jugend das rote Bändchen mit den drei Unbekannten hin. Ein Lächeln für die Ladys: „258.“ Gekicher. „Haben wir doch gesagt, runde Zahlen.“
