Kolumne Der Wurstzipfel in der Sonnenmilch

Die Welt ist ja schon ein verrückter Ort, und an allen Ecken und Enden tun sich massenweise Fragen auf. Hat man erst mal ein gewisses Alter erreicht, stellt sich eine gewisse Resignation ein, sodass längst nicht mehr auf jede Frage eine Antwort gesucht wird.

 Marc Prams Foto: Robby Lorenz

Marc Prams Foto: Robby Lorenz

Foto: SZ/Lorenz, Robby

Kinder sind da noch anders. Die wollen wissen, was warum los ist. Warum die Nase läuft und wohin und so Zeug. Und man möchte ihnen ja auch jede Frage beantworten. Aber manchmal kommt man einfach an seine Grenzen. Meine Grenze war unlängst im Fußballstadion erreicht. Ausgerechnet. Wo ich doch seit Jahrzehnten aktiv Fußball glotze und zuvor sogar in der Lage war, meinem jungen Begleiter im Vorschulalter mithilfe zweier Capri-Sonnen, eines zerknüllten Taschentuchs, eines Rostwurstzipfels und dem Deckel von der Sonnenmilch eine offenbar plausible Antwort auf die Frage zu geben, was Abseits sei. Ich war so überzeugend, dass es keine Nachfragen gab. Vielleicht sollten mir aber nur weitere Peinlichkeiten erspart bleiben. Wie auch immer. Gleicher Tag, gleiches Spiel. Und wie das im Stadion nun mal so ist, fliegen ab und an schlimme Wörter durchs Rund. Also noch schlimmere als Blödmann und Doofkopp. Gerade Fangruppen sind, was den Austausch von Nettigkeiten angeht, nicht gerade zimperlich. So schallte plötzlich ein Gesang durch die Arena, den ich zu ignorieren versuchte, der von meinem jungen Begleiter aber mit offenen Ohren wahrgenommen wurde. Es folgte die Frage: „Was sind eigentlich Uhrensöhne?“ „Äh, äh, also, äh...“ Gott sei Dank erkannte eine Freundin die Notlage, in der ich mich befand und sprang mir zur Seite: „Die Spieler sind ja alle Söhne ihrer Eltern, ne?! Und weil wir ja aufgestiegen sind, ticken die Uhren ab sofort eben ein wenig anders für die.“ Es gab keine Nachfragen.