Früher die klassische Bewährungshilfe „Jede verhinderte Tat ist Opferschutz“

Neunkirchen · Neunkircher Kompetenzzentrum der Justiz für ambulante Resozialisierung und Opferhilfe leistet wichtige Arbeit.

 In der Saarbrücker Straße 2 befindet sich die Regionalstelle Neunkirchen des Kompetenzzentrums der Justiz für ambulante Resozialisierung und Opferhilfe, kurz KARO genannt.

In der Saarbrücker Straße 2 befindet sich die Regionalstelle Neunkirchen des Kompetenzzentrums der Justiz für ambulante Resozialisierung und Opferhilfe, kurz KARO genannt.

Foto: Heike Jungmann

„Deine Arbeit wollte ich nicht machen. Jeden Tag mit Straftätern zusammen.“ Solche Sätze haben Sonja Schmidt und ihr Team schon häufig zu hören bekommen. Und es stimmt ja auch, Bewährungshelfer haben keinen leichten Job. Sie sollen einen verurteilten Straftäter unterstützen und im besten Fall in die Gesellschaft wiedereingliedern. Wie sie damit klarkommen? „Ich sehe den Menschen hinter der Straftat, sehe seine Entwicklung und den Kontext“, sagt Sonja Schmidt. Das bedeute jedoch nicht, dass sie gutheiße, was derjenige gemacht habe. Das müsse man strikt trennen.

Schmidt ist die Koordinatorin der Regionalstelle Neunkirchen des Kompetenzzentrums der Justiz für ambulante Resozialisierung und Opferhilfe, kurz KARO. Hinter dem sperrigen, vor drei Jahren „erfundenen“ Namen, steckt die Bewährungshilfe mit ihren klassischen Aufgaben. Ebenso wichtige Aufgaben von KARO sind die Opferhilfe samt Zeugenbegleitung sowie der Täter-Opfer-Ausgleich. Am Mittwoch, dem Tag der offenen Tür der saarländischen Justiz, konnte jeder Interessierte einen Einblick in die vielfältige Arbeit der Bewährungshelfer bekommen. Eingeladen waren auch Kooperationspartner wie das Kreisjugendamt, die Suchtberatungsstelle „Die Brigg“ oder das Job-Center. Aktuell betreuen die elf Frauen und Männer (7,6 Stellen) des Neunkircher Zentrums 631 straffällig gewordene Menschen, Tendenz steigend. Vom Führerscheinvergehen über Körperverletzung bis zum brutalen Mörder. Auffällig ist, dass immer mehr Menschen ein Drogenproblem und durch Drogen verursachte Psychosen haben. „Drogen sind heutzutage leicht zu besorgen, werden immer billiger und höher konzentriert“, weiß Michael Frenzel vom Sozialen Dienst des Job-Centers Neunkirchen. Auch die äußeren Bedingungen hätten sich geändert, berichtet Sonja Schmidt, die seit 35 Jahren als Bewährungshelferin arbeitet. Wer keine Schulbildung habe, habe auch keine echte Chance auf dem Arbeitsmarkt, weil Hilfsjobs weggefallen seien. Grundsätzlich sei das Publikum härter, schwieriger geworden, sagt die diplomierte Sozialarbeiterin und Sozialpädagogin. Umso wichtiger sei es, die Menschen von weiteren Straftaten abzuhalten. „Jede verhinderte Tat ist Opferschutz.“

Die Bewährungshelfer überwachen nicht nur die Erfüllung der Auflagen und Weisungen des Gerichts. Sie unterstützen auf vielfältige Weise die angestrebte soziale Integration der ehemaligen Straftäter. Wie schwer es beispielsweise ist, eine geeignete Wohnung zu finden, beschreibt Rebecca Stefanutti. „Wenn wir anrufen, hat der Vermieter schon einen Klos im Hals.“ Nicht viel besser sehe es aus, wenn Arbeitgeber von der kriminellen Vergangenheit des Bewerbers erfahren. Manch einer der Betreuten lasse da den Kopf hängen, wenn es Absagen hagele. „Es ist wirklich schwierig, in diesem Land vorbestraft zu sein“, sagt die Bewährungshelferin. Wenn Überschuldung oder gesundheitliche Probleme wie Sucht und psychische Erkrankungen hinzukommen, werde die Wiedereingliederung zum Kraftakt für alle Beteiligten. Andererseits lohne es sich, an den Leuten „dranzubleiben“. Sonja Schmidt betont: „Wer den Willen und die Durchsetzungskraft hat, kann es schaffen.“ Immerhin werden 75 Prozent all derer, die unter Bewährung stehen, die Strafe erlassen.

Doch nicht nur den Tätern wird geholfen. Opferhilfe und Zeugenbegleitung erleben Sonja Schmidt und ihr Team als „sehr positive Arbeit“, wenn es gelinge, Ängste abzubauen. Dies gelte ebenso für den Täter-Opfer-Ausgleich. Hier wird versucht, Täter und Opfer an einen Tisch zu bringen, etwa bei Sachbeschädigung, Beleidigung oder Mobbing. Im Idealfall entschuldigt sich der Täter beim Opfer und es kommt zur Versöhnung und zur Wiedergutmachung des Schadens. Dieses Gespräch kostet beide Seiten viel Überwindung. Wenn die Sache vom Tisch ist, sind alle erleichtert. Auch die Bewährungshelfer.

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