Wie arbeitet eine Trauerrednerin? „Der Tod schärft unseren Blick fürs Leben”

Interview | Münchwies · Wie wählt man beim Abschied von einem geliebten Menschen die richtigen Worte? Eine freie Trauerrede bietet die Möglichkeit, diesem Tag etwas Persönliches und Individuelles mit auf den Weg zu geben. Und das wird für viele Menschen – Angehörige und Sterbende – immer bedeutender. Ein Gespräch mit der freien Trauerrednerin Monika Hans aus Münchwies über die Trauerfeier als Abschiedshilfe und die Selbstbestimmung im Leben und im Tod.

Monika Hans ist Trauerrednerin im Keis Neunkirchen und dem Saarpfalz-Kreis.

Monika Hans ist Trauerrednerin im Keis Neunkirchen und dem Saarpfalz-Kreis.

Foto: Isabelle Schmitt

Eine freie Trauerrede bietet die Möglichkeit dem Tag des Abschieds von einem geliebten Menschen etwas Persönliches und Individuelles mit auf den Weg zu geben. Und das wird für viele Menschen – ob Angehörige oder Sterbende – immer bedeutender. Ein Gespräch mit der freien Trauerrednerin Monika Hans aus Münchwies über die Trauerfeier als Abschiedshilfe und die Selbstbestimmung im Leben und im Tod.

Frau Hans, wie kam es zu der Entscheidung Trauerrednerin zu werden?

Hans Das ist immer schwer zu sagen, wo genau etwas anfängt und aufhört. Aber ich erinnere mich noch gut an eine ehemalige Klientin. Durch sie kam ich konkret ins Handeln. Sie liebte die schamanische Arbeit und so fand ich mich dann recht spontan im Ruheforst wieder, sang ihr zu Ehren ein Lakota-Gebet und machte mit den Anwesenden im strömenden Regen ein Tabak-Verabschiedungsritual. Es hat sich alles so natürlich und tröstlich angefühlt. Das hat mich dann zu der Frage geführt, die sich viele Menschen irgendwann stellen. Was wünsche ich mir für meine eigene Beerdigung und für meine Angehörigen? Und nur kurze Zeit später bin ich über eine Anzeige zur Freien Trauerredner-Ausbildung gestolpert. Dann war die Sache klar.

Wie sieht Ihre Arbeit als Trauerrednerin seither aus?

Hans Das ist je nach Mensch und Situation sehr unterschiedlich. Je nach dem, ob ich mit einem schwer kranken Menschen rede, dessen Lebenszeit voraussichtlich bald ihr Ende findet oder mit Angehörigen, wo ich dann den verstorbenen Menschen durch die Augen seiner Familie oder Freunde kennenlerne. Jeder hat einen guten Abschied verdient. Mit dieser inneren Haltung gehe ich dann auch in das Gespräch. Das ist dann auch die Grundlage für die spätere Rede. Mir ist es dabei wichtig, den Verstorbenen authentisch und echt zu ehren.

In manchen Fällen sprechen Sie auch mit dem Sterbenden, richtig?

Hans Ja, genau. Manche Menschen möchten vor ihrem Tod ihre letzten Worte selbst wählen. Ein Mensch hat vielleicht ein bestimmtes Lebensmotto oder er möchte, dass seine Lieben seine originalen Worte noch einmal bei der Trauerfeier hören. In solchen Fällen kann er bereits zu Lebzeiten seine eigene Rede verfassen, die ich dann für ihn vortrage. So kommt er noch ein letztes Mal selbst zu Wort.

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Welche Chancen sehen Sie in dem, was Sie mit Ihrer Arbeit tun?

Hans Zum einen sehe ich eine Chance auf Selbstbestimmung. Nicht nur im Leben, sondern auch im Tod. Wer schwer erkrankt ist ohne Aussicht auf Besserung, dem hilft das Tätig-Werden auch im eigenen Sterbeprozess. Ich denke da beispielsweise an Menschen im Hospiz. So wie man sein Testament verfasst und die Dinge ordnet, bevor man geht, kann man auch seine eigene Feier gestalten und sagen, was noch zu sagen ist. Zum anderen ist es auch eine Chance für die Angehörigen, inne halten und sich verabschieden zu können. Das ist ein wichtiger Teil des Trauerprozesses.

Wie erleben Sie die Gespräche mit den Angehörigen?

Hans Natürlich ist da Trauer und Schmerz über den Verlust des geliebten Menschen. Und dann ist da aber auch Dankbarkeit. Dankbarkeit für die gemeinsame Lebenszeit. Und auch Dankbarkeit mir gegenüber und Erleichterung, dass der Abschied gut gelungen ist. Das bedeutet mir sehr viel und füllt meine Arbeit mit Sinn. Geburtstage kann man jedes Jahr erneut feiern, da ist es nicht tragisch, wenn mal was daneben geht. Bei der Beerdigung hat man eben nur diese eine Chance auf eine gute Zeremonie.

Mit Ihrem Beruf sind teilweise auch schwere Emotionen verbunden, wie gehen Sie persönlich damit um?

Hans Für mich hat der Tod durch eine persönliche Erfahrung seinen Schrecken verloren. Trotzdem erlebe ich als empathischer Mensch natürlich den Schmerz der Angehörigen und empfinde Mitgefühl. Und da greift bei mir der eigene Anspruch zur Professionalität. Mein Job als Freie Trauerrednerin ist es, die Angehörigen sicher durch dieses emotional schwierige Ereignis zu bringen und durch meine Rede einen Rahmen zu schaffen, in dem man innehalten, in Kontakt gehen und sich verabschieden kann. Dafür habe ich mich entschieden, als ich die Ausbildung begonnen habe.

Der Tod wird bei uns ja häufig mit Angst oder Furcht verbunden. Warum glauben Sie, ist es wichtig, dieses Thema zu enttabuisieren?

Hans Die Unsicherheit, die mit diesem Thema einhergeht, macht vielen Menschen Angst. Was kommt danach? Kommt überhaupt etwas? In bemerke immer wieder, dass der Tod ein essenzieller Ratgeber fürs Leben ist. Wenn man mit dem Tod konfrontiert wird, zum Beispiel durch eine unheilbare Krankheit, schärft es plötzlich den Blick für die wirklich wichtigen Dinge im Leben. Er kann uns also wortwörtlich die Augen öffnen, er kann eine Chance sein, sein Leben bewusster zu leben. Und je offener man darüber sprechen kann, desto greifbarer wird das Thema.

In anderen Ländern feiert man den Tod sogar. Warum glauben Sie, dass das helfen kann?

Hans Ich finde das total schön. Schaut man beispielsweise nach Mexico, wo die Menschen den „Dia de los Muertos” feiern, also den Tag der Verstorbenen, dann sieht man, dass es so toll sein kann mit Ritualen und Bräuchen seiner Lieben zu gedenken. Ich glaube, es braucht bei uns einfach noch einmal mehr Berührung mit dem Ursprünglichen. Es ist doch so: Bei der Geburt, wenn ein neues Leben beginnt, wird gefeiert. Wenn der Kreis sich dann im Tode schließt, wenn der Tod das gelebte Leben vollendet, dann ist das doch auch einer Ehrung wert!

Sie sagen, Sie sind nicht konfessionell gebunden, also kann jeder auf Sie zukommen?

Hans Ja. Für mich gibt es so viele Wege zum Göttlichen, wie es auch Menschen gibt. Es ist gut, dass es Vielfalt gibt, sie macht das Leben interessant und reichhaltig. Wenn wir den Dingen auf den Grund gehen, kommen wir nach meinem Erleben letztendlich alle beim selben Einen raus. Und dazu braucht es keine Dogmen oder Vorschriften. Ich möchte als freie Trauerrednerin den Menschen im Rahmen der Möglichkeiten einen individuellen Abschied gestalten, der hilfreich ist und dem entspricht, was sie sich individuell wünschen.