Wurfspiel mit Suchtpotenzial Ob Cornhole oder Sackloch - der Spaß ist garantiert
Illingen · Aus acht Metern Distanz ein Säckchen im Loch des gegenüberliegenden Holzbrettes platzieren, das ist Sackloch. Gespielt wird generationenübergreifend mit viel Spaß im Vordergrund. Mittlerweile entwickelt sich eine Turnierszene. Woher kommt Sackloch und was braucht´s ? Wir haben nachgefragt.
„Sackloch hat einen hohen Suchtfaktor, der sich meist erst einstellt, wenn man es ausprobiert hat“, erklärt Matthias Baumstark und schmunzelt. Dann nimmt er eins der 1,20 Meter langen und 60 Zentimeter breiten Holzbretter aus dem Regal im Lager und wirft das erste, rund 450 Gramm schwere Säckchen aus acht Metern Entfernung – knapp am Loch vorbei. Schon ist der Ehrgeiz geweckt und auch sein Geschäftspartner und langjähriger Bekannter, Uwe Thome, versucht, die Öffnung im Brett zu treffen. Am Ende der kurzen Demonstration findet eines der Säckchen seinen Weg ins Loch, beide Männer haben sichtlich Spaß daran.
„Doch eigentlich überlassen wir mittlerweile das Spielen anderen“, verrät Baumstark. Zusammen mit Uwe Thome betreibt er im Illinger Gewerbegebiet seit mehr als zehn Jahren unter dem Firmennamen „Home of Cornhole“ einen Handel mit allem, was das Herz eines Sacklochfans begehrt, auf Wunsch auch mit Firmenlogos, Vereinswappen oder Grafiken versehen. Seine Leidenschaft für die Nischensportart, die mittlerweile auch in Deutschland immer bekannter und beliebter wird, entdeckte er bereits im Jahr 2009 an Fronleichnam bei einem Campingurlaub am Bodensee. „Die Tochter eines Mitcampers war als Au-pair in den USA und hat vom Cornhole erzählt. Im Prinzip, haben wir damals festgestellt, ist es ein recht einfaches Wurfspiel, bei dem man lediglich ein Brett und die Wurfsäckchen braucht“, sagt Baumstark. Also fuhr er nach Überlingen, suchte einen Schreiner und ließ sich ein Brett mit einem Loch versehen. „Wir haben das Brett dann hinten auf einen Bierkasten gestellt und seitdem hat uns das Spiel nicht mehr losgelassen“, sagt der Firmeninhaber.
Um auch andere Menschen mit der Lust am Sacklochspielen zu infizieren, erzählt Baumstark, habe er seinem Schwager, der in Berlin wohnt, zum 40. Geburtstag ein Brett geschenkt. „Und so begann es dann mit den ersten Bestellungen“, erinnert er sich an die Anfangszeiten vor gut einem Jahrzehnt. In dieser Zeit gesellte sich Uwe Thome hinzu und übernahm den Online-Shop. Das, so sagt Baumstark, brachte sehr schnell Fahrt in das Kleinunternehmen. „Viele Unternehmen starten ja in Garagen und auch wir haben in einer solchen produziert, mussten auf engem Raum schleifen und lackieren, es war zugleich Produktionsstätte und Lagerraum“, erzählt er. Über den Sommer haben die beiden, wie sie berichten, oft bis nach 10 Uhr abends an den Spielen gearbeitet, neben ihren Jobs, die sie bis heute haben. „Vom Sacklochspiel kann man nicht leben, das war und ist uns beiden klar“, betont Matthias Baumstark.
Schließlich wurde die Garage zu klein, das Unternehmen zog als Mieter in Büroräume der Firma Zewe, seit Herbst 2017 sind sie nun in der Zeppelinstraße 25 unter einem Dach mit Zewes Kreativwerkstatt in Illingen beheimatet. Die beiden Geschäftsführer haben sich Partner gesucht. So werden die Bretter vom Werkstattzentrum für behinderte Menschen der Lebenshilfe (WZB) in Spiesen produziert, die Säckchen bei Orthopädie-Schuhtechnik Scivoli in Dudweiler hergestellt. „Rosario Scivoli ist selbst ein begeisterter Sacklochspieler und hatte die Idee, für uns die Säckchen auszustanzen“, sagt Baumstark. Befüllt und bedruckt werden sie von Baumstarks Schwester, „mit Kunststoffgranulat, nicht, wie in den USA üblich, mit Mais“, erklärt er. Das, sagt er, habe vor allem den Grund, dass der Mais zerbröselt, während sich das Granulat in den Säckchen hält.
Angefangen von den Maßen für das Brett, die aufgrund der Umrechnung von Zoll auf Zentimeter eine minimale Toleranz aufweisen, bis zu dem Regelwerk, hält man sich in Europa weitgehend an die Vorgaben aus den Vereinigten Staaten. Auch die Übersetzung, sagt Baumstark, sei sehr gut getroffen. Während man dort das Corn (Korn) in das Hole (Loch) werfe, sei es im deutschsprachigen Raum der Sack, der ins Loch geworfen werden müsse. Das, so wissen beide, geschieht vor allem im Südwesten Deutschlands. Mittlerweile habe sich auch eine Turnierszene entwickelt, bei der das Bier erst nach dem Spielen getrunken wird. „Sackloch erfordert ein gutes Wurfgefühl, gepaart mit Nervenstärke“, sagt Baumstark. Anfängern empfiehlt er, nicht gleich auf die vollen acht Meter Distanz zu gehen, da könne ein Erfolgserlebnis lange auf sich warten lassen. „Trainiert werden muss auch, wenn man Turniere spielen möchte, dass man etwas seitlich werfen kann, weil man ja neben dem Brett des Gegners steht“, ergänzt Thome. Ganz besonders freuen sich die beiden, dass sich das Spiel nicht nur eine immer weiter wachsende Fangemeinde hat, sondern, dass sich im vergangenen Herbst eine Deutsche Cornhole Organisation gegründet hat, die einen Liga-Spielbetrieb aufbauen möchte. Auch zahlreiche Vereine, sagt Thome, haben Abteilungen, die Sackloch spielen. Abseits vom Turnierbetrieb, sind sich beide einig, vereint das Spiel Generationen und ist zudem barrierefrei.