Kirchenkeis Saar-Ost Lebendige Partnerschaft seit 35 Jahren

Der Kirchenkreis Saar-Ost pflegt seit 35 Jahren eine Partnerschaft mit Ruanda. Persönliche Kontakte und gemeinsame Projekte wurden im Lauf der Jahre aufgebaut. Dazu gehört auch ein Schulpatenschafts-Programm.

 Das PAFO-Partnerschaftsprogramm ermöglicht vielen Kindern und Jugendlichen eine Schulausbildung.

Das PAFO-Partnerschaftsprogramm ermöglicht vielen Kindern und Jugendlichen eine Schulausbildung.

Foto: Rüdiger Burkart

Die Partnerschaft zwischen dem Kirchenkreis Saar-Ost (früher Ottweiler) und der Diözese Butare der Anglikanischen Kirche besteht offiziell seit dem Jahr 1987. Inhalt der Partnerschaft sind die Teilnahme an der Lebenswirklichkeit der Partner, gegenseitige Fürbitte und gemeinsame Projekte. Ein wichtiger Punkt sind dabei persönliche Kontakte, die im Rahmen von Besuchen von Delegationen und beispielsweise Jugendtreffen realisiert wurden.

„Diese persönlichen Beziehungen erfüllen unsere Partnerschaft mit Lebendigkeit. „Zu unserem Leidwesen wurden diese Begegnungen in der Zeit vor und während des Genozides im Jahr 1994 und auch noch danach aus Sicherheitsgründen unmöglich“, so Rüdiger Burkart, Vorsitzender des Partnerschaftsausschusses.

Im Jahr 1994 ereignete sich in dem ostafrikanischen Land ein Genozid, der in einem Zeitraum von drei Monaten mehr als 800 000 Opfer forderte. Eine dreiköpfige Delegation des Kirchenkreises (Tilman Goedeking, Klaus Heinz und Fritz Werner), die zum Jahreswechsel 1996/1997 Ruanda bereiste, berichtete voller Entsetzen von den im ganzen Land vorzufindenden Genozid-Gedenkstätten mit Massengräbern und einer zerstörten Infrastruktur; die Besucher waren aber auch erschrocken über die Unzahl von jugendlichen Waisen aller Altersgruppen, die auf der Straße lebten - 7000 Kinder sollen auf der Straße gelebt haben. Darüber hinaus lebten elternlose Kinder in Kinderfamilien, in denen die Ältesten die Verantwortung übernahmen. Laut Unicef bestanden in Ruanda 40 000 solcher Kinderhaushalte mit 100 000 Minderjährigen.

„Es war abzusehen, dass diese Kinder und Jugendlichen keine Zukunftsperspektive würden entwickeln können, da sie keine Chance auf einen schulgeldpflichtigen Schulbesuch hatten. In unserem Arbeitskreis wurde daraufhin die Idee entwickelt, ein Schulpatenschafts-Programm ins Leben zu rufen, das diesen mittellosen Jugendlichen die Möglichkeit des Besuches einer weiterführenden Schule verschaffen sollte“, berichtet Burkart.

Ein Schulpatenschafts-Programm (PAFO, „Programm d’assistance aux familles et orphelins“) wurde 1997 ins Leben gerufen, und im Jahr 2013 wurde mit dem Bau der Handwerkerschule Mubumbano bei Butare begonnen. Ihre offizielle Eröffnung war im Jahr 2014. Seither ist die Schule weiter ausgebaut worden. Sie begann mit drei handwerklichen Fachrichtungen, zwischenzeitlich konnten dies auf fünf Fachrichtungen aufgestockt werden. „Es ist verständlich, dass dieser Bau nicht von unserem Kirchenkreis alleine finanziell zu bewältigen war, und wir waren glücklich, dass die VEM (Vereinte Evangelische Mission), unser im Jahr 2015 gegründeter Förderverein Fasha ngo i butare – Zukunft für Butare e. V. sowie das saarländische Entwicklungsministerium uns tatkräftig finanziell halfen.“

Zusammen mit den ruandischen Partnern der Diözese Butare wurden Kriterien für eine Unterstützung entwickelt. „Es stellte sich heraus, dass für einen monatlichen Betrag von 15 Euro der Schulbesuch möglich war – für Schulgeld, Internat mit Verpflegung, Schulkleidung, Ausbildungsmaterialien sowie Kosten einer notwendig werdenden ärztlichen Verpflegung“, erklärt Burkart.

Nun galt es, die erforderlichen Sponsoren zu finden – erfreulicherweise konnte nach kurzer Zeit bereits 35 Jugendlichen geholfen werden. Diese Zahlen haben sich danach bis auf 215 Schülerinnen und Schüler gesteigert.

Eine große Anzahl der Jugendlichen schaffte einen Abschluss der mittleren Reife oder sogar einen Abschluss, der mit unserem Abitur vergleichbar ist. Viele von ihnen besuchten im Anschluss eine Universität. Mit viel Disziplin und Motivation haben sie die angebotene Hilfe zur Selbsthilfe genutzt, sagt Rüdiger Burkart: „Bei unseren letzten Besuchen in Butare konnten wir feststellen, dass zwischenzeitlich viele ehemalige PAFO-Schülerinnen und -Schüler bereits ihre Hochschulstudien beendet haben und in qualitativ hochwertigen Berufen tätig sind (in Schulen, Kirche, Verwaltung, freie Wirtschaft pp.). Daneben hat auch eine ganze Reihe von Jugendlichen eine handwerkliche Berufsausbildung absolviert und ist daher in der Lage, ihren Lebensunterhalt zu bestreiten.“ Den Sponsorinnen und Sponsoren, die diese Chancen ermöglicht haben, könne nicht genügend gedankt werden. Tausenden von Jugendlichen, die chancenlos waren, wurde so die Möglichkeit eröffnet, ihr Leben in Selbstständigkeit zu führen.

 Delegation aus Ruanda zu Besuch in der Superintendentur des Kirchenkreises Saar-Ost in Neunkirchen: (v.li) Jeanne Nyirakamana, Diözesankoordinatorin für Trauma-Heilung und für Beratung, Pastor Lambert Kalisa, der Direktor des Planungsbüros, Pfarrer Hans Jürgen Gärtner vom Gemeindedienst für Mission und Ökumene, Pfarrer Tilmann Goedeking vom Partnerschaftsausschuss, Jugendreferentin Ulrike Zuda-Tietjen, Florence Gasatura von der Frauenarbeit, Bischof Nathan Gasatura, Superintendent Markus Karsch, Rüdiger Burkart, der Vorsitzende des Partnerschaftsausschusses und Pastor Jean Baptiste Havugimana, der Direktor der Sekundarschule in Gikonko.

Delegation aus Ruanda zu Besuch in der Superintendentur des Kirchenkreises Saar-Ost in Neunkirchen: (v.li) Jeanne Nyirakamana, Diözesankoordinatorin für Trauma-Heilung und für Beratung, Pastor Lambert Kalisa, der Direktor des Planungsbüros, Pfarrer Hans Jürgen Gärtner vom Gemeindedienst für Mission und Ökumene, Pfarrer Tilmann Goedeking vom Partnerschaftsausschuss, Jugendreferentin Ulrike Zuda-Tietjen, Florence Gasatura von der Frauenarbeit, Bischof Nathan Gasatura, Superintendent Markus Karsch, Rüdiger Burkart, der Vorsitzende des Partnerschaftsausschusses und Pastor Jean Baptiste Havugimana, der Direktor der Sekundarschule in Gikonko.

Foto: Kirchenkreis Saar-Ost/Paulus
 Bau einer Handwerkerschule

Bau einer Handwerkerschule

Foto: Rüdiger Burkart
 Viele ehemalige PAFO-Schüler haben im Anschluss erfolgreich auch ein Hochschulstudium absolviert.

Viele ehemalige PAFO-Schüler haben im Anschluss erfolgreich auch ein Hochschulstudium absolviert.

Foto: Rüdiger Burkart

Weitere Informationen über die Partnerschaft des Kirchenkreises mit Ruanda, Reiseberichte sowie viele Bilder gibt es auf der Partnerschafts-Homepage: www.kirchenkreissaarostbutare.de oder auch www.fasha-ngo-i-butare.de oder bei Rüdiger Burkart, Telefon (0 68 97) 76 14 55, E-Mail krburkart@t-online.de

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort