Holzernte hat im Kreis Neunkirchen begonnen Immer noch ein gefährlicher Knochenjob

Uchtelfangen · Im Landkreis Neunkirchen hat die Holzernte begonnen. SZ war mit Revierförster Ingo Piechotta im Uchelfanger Wald.

90 Jahre hatte sie Zeit zu wachsen, ragt etwa stolze 34 Meter hoch in den knatschblauen Himmel. Schade eigentlich, dass die stattliche Fichte in wenigen Minuten  krachend in den Wald auf Uchtelfanger Gemarkung fallen wird. Die Forstmitarbeiter Thomas Kunz und Marco Müller haben mit einer gesägten Fallkerbe für die gewünschte Richtung gesorgt. „Das sind Erfahrungswerte“, erklärt Thomas Kunz, der in 36 Dienstjahren schon einige brenzlige Situationen überstanden hat. „Wir setzen jeden Tag unser Leben aufs Spiel“, sagt Kunz ernst.

Die Holzernte ist trotz moderner Maschinen immer noch ein gefährlicher Knochenjob. Und absolut faszinierend. Die SZ-Reporter, die Revierförster Ingo Piechotta an einem herrlichen Herbstmorgen begleiten dürfen, staunen über die Wucht des Aufpralls. Zunächst wie in Zeitlupe, dann rasend schnell stürzt der mehrere Tonnen schwere Baumriese zu Boden: Über uns geht ein Nieselregen aus Tausenden toter Nadeln nieder. Diese sind ein Indiz dafür, warum alle Fichten auf diesem Hochplateau gefällt werden müssen: Der nimmersatte Borkenkäfer hat sich buchstäblich in den Bestand eingenistet. Lässt man ihn noch länger gewähren, macht er das Holz durch seine Fraßgänge unbrauchbar. Der Wert jahrzehntelanger Arbeit wäre damit vernichtet. Das wäre natürlich nicht im Sinne der Waldbesitzer. In diesem Fall sind es die Gemeinde Illingen, der die Fichten auf dem Hochplateau gehören, und der Saarforst, dem Besitzer der benachbarten Fläche am Hang. Ingo Piechotta ist sowohl für den Staatsforst als auch für den Gemeindewald von Illingen zuständig. Er betreut außerdem als Revierförster die Gemeindewälder von Eppelborn und Marpingen sowie Privatwald rund um Habach. Das bedeutet Verantwortung für fünf eigenständige Betriebe mit einer Fläche von rund 1600 Hektar.

Im September hat wie jedes Jahr die Holzernte im Saarforst begonnen. Um die Sicherheit von Erholungssuchenden im Wald zu gewährleisten, sind die Waldgebiete, in denen aktuell gearbeitet wird, durch Sperrschilder mit Warnflaggen, Zusatzschilder „Holzfällung - Lebensgefahr - Durchgang verboten“, aber auch mit rot-weißen Flatterbändern gesperrt. Nicht alle Waldbesucher halten sich daran. Sie ärgern sich über Umwege, die sie gehen müssen oder beschweren sich, weil Wege durch die Holzernte und die spätere Abfuhr der Stämme beschädigt werden. Im Revier von Förster Piechotta kommt das eher selten vor. „Wir sind hier gottseidank noch ländlich geprägt“, sagt er. Ein Großteil der Waldbesucher wisse und akzeptiere, dass die Holzernte mit Beeinträchtigungen verbunden sei.

Der Fichtenbestand, der parallel zur Uchtelfanger Kartbahn verläuft, dürfte rund 5000 bis 7000 Euro einbringen, schätzt Piechotta. Geld, das wieder in die Hand genommen werden muss, um die Fläche aufzuforsten. Ein Viertel bis zu einem Drittel der Fläche mit Nadelgehölz, ansonsten mit Eiche, Ahorn, Esskastanie und Wildkirsche angereichert. Eine Naturverjüngung wäre billiger, aber nicht unbedingt im Sinne der Waldwirtschaft. Obwohl Fichten aufgrund der hiesigen Klimabedingungen anfällig für Käferbefall sind, verzichten Waldbesitzer nur ungern auf sie. Eiche und Buche bieten Sicherheit, aber Fichte große Rendite.

In den nächsten 14 Tagen werden unter der Regie von Ingo Piechotta weitere Bestände aufgearbeitet, die vom Borkenkäfer befallen sind wie zum Beispiel die Weberschleife in Hirzweiler. Dann folgt die Ernte von Douglasien, später die Laubholzernte. Diese zieht sich bis Mitte/Ende April oder sogar bis Anfang Mai hin.

Einige hundert Meter weiter zeigt Ingo Piechotta eine bereits aufgeforstete Fläche. Vor etwa vier Jahren wurden ein Jahr alte Ahorne und Esskastanien gepflanzt. Aus den 50 bis 60 Zentimeter großen Schößlingen sind recht stattliche Jungbäume gewachsen. Die Stämme der jungen Ahorne sind vor Wildverbiss geschützt durch eine Plastikhülle, die zudem wie eine Art Minigewächshaus funktioniert. In zehn bis 15 Jahren sei es dann an der Zeit, auf einer Fläche von 15 bis 20 Metern den  besten Baum auszusuchen, den „Baum mit Zukunft“. Gesund und möglichst gerade wachsend. Ingo Piechotta: „Wir haben hier die Basis gelegt für die übernächste Förstergeneration.“ Wer im und für den Wald arbeitet, denkt eben in größeren Dimensionen.

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