„Ihr Spiel hat Einflüsse von Dichtern“

Illingen · Anlässlich der Reihe „Frau am Klavier“ trat Julia Hülsmann im Illinger Rathaussaal auf. Ihr Klavierspiel zeichnet sich durch Kreativität aus. Darüber hinaus zeigen sich Einflüsse von Emily Dickinson und E. E. Cummings.

. "Jede einzelne ‚Frau am Klavier ' hat eine ganz besondere Prägung", erklärt der Mitorganisator der Reihe Peter Kleiß die Idee hinter dem Konzept. Beim zweiten von insgesamt fünf Konzerten im Illinger Rathaussaal präsentierte Julia Hülsmann ihre eigene "wilde Mischung aus Lieblingsliedern".

Für die Wahlberlinerin war es der zweite Besuch in Illingen . Nachdem sie vor einiger Zeit gemeinsam mit Angelika Niscier zu Gast war, betrat sie diesmal ein für sie eher ungewohntes Terrain. "Solo spiele ich fast nie, so etwas ist für mich schon etwas außergewöhnlich." Normalerweise ist Hülsmann im Quartett, manchmal im Quintett oder gar im Oktett, wie bei ihrem nächsten Auftritt anlässlich des "Women in Jazz Festivals" in Halle, unterwegs.

Bereits im Alter von elf Jahren begann Hülsmann mit Klavierunterricht. "Musik war bei uns zuhause immer wichtig." Eine professionelle Musikkarriere schien ihr zunächst dennoch wenig wünschenswert, da sie die festen Strukturen der klassischen Stücke kaum reizten. Doch schließlich fand sie zum Jazz, dessen Idee der "Improvisation viele Möglichkeiten bietet, sich auszudrücken."

Die damit einhergehende Freiheit in der musikalischen Ausführung nutzt Hülsmann bisweilen gnadenlos aus. "Ihr Spiel hat etwas unglaublich Fließendes: Sie fängt irgendwo an und hat dann so viele Einfälle, dass sie sich manchmal selbst wundert, wo sie hinkommt", erörtert Kleiß. "Im Gegensatz zu sehr kontrollierten Pianisten vertraut sie ihrem Ideenreichtum und entwickelt diesen auf kreative Art weiter. Manchmal muss sie dann sogar lächeln, was so alles passiert."

Gerade der Einfluss der Lyrik zeigt sich in ihren Kompositionen: "Ihr Spiel hat Einflüsse von Dichtern, vor allem von E.E. Cummings und Emily Dickinson ." "Im besten Falle leitet mich mein Ohr", sagt Hülsmann. "Ich versuche, während des Spielens immer wieder in mich reinzuhören und die Sachen intuitiv zu machen." Insgesamt sieht das so aus: "Wenn man versucht, Kunst zu machen, kennt man die Regeln, und wirft sie dann, teils bewusst, teils unbewusst, um. Man muss lernen, um zu vergessen." Dieses Motto steckt fühlbar in jedem ihrer Stücke, egal, ob es sich Eigenkompositionen wie Novemberregen, um Neuinterpretation wie Radioheads "All I need" handelt, oder um ein vorher vom Publikum ausgewähltes Haiku handelt, welches die Pianistin in einer spontanen Tonfolge faszinierend inszeniert. Es sind die Zuhörer, die ein tragendes Element ihrer musikalischen Intention darstellen: "Ganz wichtig ist mir die emotionale Seite, und dazu braucht man das Publikum."

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