Lebendige Kirche in Neunkirchen Was soll der Laubbläser vorm Altar?

Der Magier Maxim Maurice zauberte als Überraschung für die Firmlinge von St. Marien Neunkirchen.

 Der Magier Maxim Maurice trat in der Pfarrkirche St. Marien in Neunkirchen vor Firmlingen auf.

Der Magier Maxim Maurice trat in der Pfarrkirche St. Marien in Neunkirchen vor Firmlingen auf.

Foto: Ute Kirch/Bischöfliche Pressestelle

Neunkirchen Als Maxim Maurice den Laubbläser im Altarraum auspackt, geht ein Raunen durch die Gemeinde: Wofür braucht er denn den? Wollte er nicht einen Kartentrick vorführen? Als der Zauberkünstler dann mit dem Gerät einen großen Ballon aufbläst und sich diesen zu flotten Rhythmen tanzend über den Kopf stülpt, ist die Verblüffung komplett – aber auch das Gelächter groß. Als der Magier anschließend den Ballon absetzt, steckt in seinem Mund die Kreuz 7, die Karte, die ihm zuvor eine Gottesdienstteilnehmerin signiert hat. Die Gemeinde ist baff – und applaudiert. Die Firmlinge der Pfarrei St. Marien in Neunkirchen haben am vergangenen Donnerstag am Vorabend ihrer Firmung gemeinsam mit ihren Paten einen Gottesdienst der besonderen Art erlebt.

„Der Gottesdienst handelt vom Thema Staunen. Staunen bricht über einen herein, das wird einem geschenkt, das kann man nicht selber machen“, sagt Pastor Michael Wilhelm, der gemeinsam mit Kaplan Peter Zillgen die Idee für die auf den ersten Blick ungewöhnliche Kooperation zwischen der Kirche und dem Zauberkünstler hatte. „Ich glaube schon, dass der Heilige Geist mit im Spiel ist, wenn der Mensch staunt“, schlägt Wilhelm die Brücke zum Firmsakrament. „Wir haben anfangs überlegt, wie wir einen Zauberkünstler im Gottesdienst unterbringen können“, sagt Zillgen, „aber dann kam uns schnell der Gedanke, dass wir in gewisser Hinsicht vielleicht sogar Verbündete sind, weil wir den Menschen daran erinnern wollen, dass er das Staunen nicht vergisst. Dass die Welt größer ist und mehr bietet, als das, was wir auf den ersten Blick sehen. Es ist auch ein Anliegen des Glaubenkönnens, dass man staunen kann über das Wunderbare in der Welt und diese Haltung nicht verliert.“ Auch in der Bibel gehe es des Öfteren über das Staunen: „Im Alten Testament kam König David ins Staunen, als er in den Sternenhimmel schaute, und kam ins Philosophieren über Gott und den Menschen und staunte über Gottes Werke“, gibt Wilhelm den Firmlingen mit auf den Weg.

Seit Ende letzten Jahres engagiert die Pfarrei St. Marien regelmäßig Künstler – ob Gesangssolisten oder Instrumentalisten – um die Gottesdienste in Zeiten, in denen die Gemeinde nicht singen darf, zu verschönern. Über die „Aktion Künstler-Kollekte“, einer Kooperation der Pfarrgemeinde Friedrichsthal mit dem PopRat Saarland und dem Magazin PopScene, entstand der Kontakt zum Zauberkünstler Philipp Daub alias Maxim Maurice. Bei diesem Anfang November gestarteten Projekt treten Künstler im Gottesdienst auf und erhalten dafür die Kollekte der Messe. Im Dekanat Neunkirchen wird Künstlern ein vereinbartes Honorar gezahlt. „Kirche und Kunst waren schon immer eng miteinander verbunden. Künstler haben es während der Pandemie unglaublich schwer, da wollen wir unseren Beitrag leisten und Betroffene unterstützen“, sagt Pastor Wilhelm.

„Es sind generell kuriose Zeiten. Ich bin offen der Kirche gegenüber und durfte auch schon auf verschiedenen Pfarr- und Kirchenfesten auftreten“, erklärt Magier Daub, „ich betrete also kein völliges Neuland. St. Marien ist natürlich ein besonderer Ort und ein Gottesdienst ein persönlicher Rahmen.“ Auftritte sind für den 31-Jährigen, der seit neun Jahres hauptberuflich als Zauberkünstler unterwegs ist, seit Beginn der Corona-Pandemie rar geworden. Das trifft den Magier nicht nur finanziell hart, auch die Begegnungen mit dem Publikum fehlten ihm sehr: „Ich liebe das, was ich tue, und durch meine Arbeit anderen eine Freude zu machen. Ob in der Karibik auf dem Kreuzfahrtschiff, am Krankenbett oder in der Kirche – jeder Auftritt ist etwas Besonderes und verlangt von mir einen dem Anlass und der Zielgruppe entsprechenden Auftritt.“ Für seinen Auftritt in St. Marien hat er sich ein Programm zurecht gelegt, das auch mit Maske funktioniert und dem Anlass angemessen ist.

„Zaubern ist etwas für alle Generationen. Die Firmlinge sind in einem spannenden Alter, da kann zaubern auch schon mal uncool sein. Daher wird es für mich eine Herausforderung, sie für meine Kunst zu begeistern“, sagt der Künstler vor dem Gottesdienst. Doch diese Sorgen scheinen unbegründet, denn ab dem ersten Moment machen die Firmlinge, die von der besonderen Aktion überrascht worden waren, mit: Sie versuchen, seine Fingerspiele nachzumachen oder dahinter zu kommen, warum der Tisch in der Luft schwebt und wie das Kartenspiel – scheinbar durch Zauberhand – plötzlich in den Sack gefallen ist. Immer wieder bittet Maxim Maurice Freiwillige nach vorne, die ihn mit einem Seil fesseln, von dem er sich spielend leicht befreit, oder Spielkarten ziehen sollen.

 Keine Sorge: Maurice konnte sich wieder befreien.

Keine Sorge: Maurice konnte sich wieder befreien.

Foto: Ute Kirch Bischöfliche Pressestelle

„Albert Einstein sagte, es gibt zwei Arten zu leben: Eine ist, über gar nichts zu staunen, die andere, über alles. Ich wünsche euch, dass ihr immer wieder Momente erleben dürft, in denen ihr ins Staunen kommt“, verabschiedete Pastor Michael Wilhelm die Firmbewerber nach dem gemeinsam gesprochenen Vaterunser.

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