Städtische Galerie Die Sklavin ihrer Skulpturen

Neunkirchen · Erstes Galerie-Gespräch in der Städtischen Galerie: Vorgeschmack auf Margarete Palz und ihr „Ensemble der Fantasie“

 Ensemble der Fantasie: Tanzskulpturen von und mit Margarete Palz in der Städtischen Galerie Neunkirchen. Am Freitag ist Vernissage, jetzt war das erste Galeriegespräch.

Ensemble der Fantasie: Tanzskulpturen von und mit Margarete Palz in der Städtischen Galerie Neunkirchen. Am Freitag ist Vernissage, jetzt war das erste Galeriegespräch.

Foto: Jörg Jacobi

Das beißt sich doch: Tanz-Skulpturen! Entweder etwas ist statisch-starr oder aber bewegt-dynamisch. Von wegen. Im selben Moment, in dem man den Ausstellungssaal der Städtischen Galerie betritt, verpuffen Definitionen dieser Art. Da hängen und stehen sie nämlich, die Tanzskulpturen von Margarete Palz: phantastisch skurril, schillernd bunt, versponnen und abstrakt-geometrisch zugleich – in raumgreifender Warteposition ihrem nächsten Einsatz entgegenträumend.

Der ist bereits auf Freitag terminiert, wenn Oberbürgermeister Jürgen Fried die Ausstellung „Ensemble der Fantasie“ eröffnet – mit der einen oder anderen dramaturgischen Überraschung, wie Nicole Nix-Hauck, Leiterin der Galerie, und der neue Geschäftsführer der Kulturgesellschaft, Markus Müller, beim gestrigen Pressegespräch andeuteten. Denn diese Skulpturen wollen und müssen angezogen, müssen bewegt werden. Tatsächlich haben einige der 41 „Kostüme“ – die auf 2,50 Meter großen Ständern drapiert oder im „Hain der Magie“ Mobile-gleich an Schnüren befestigt sind – schon 30 bis 40 Einsätze bei Vernissagen und Tanz-Performances hinter sich.

Entstanden sind sie in monatelangen Schöpfungsprozessen daheim in Zweibrücken, erzählt die gebürtige Tschechin. Als kostengünstiges Ausgangsmaterial dienten ihr anfangs großformatige Fotografien ihres in Saarbrücken lebenden Bruders Gerhard Heisler, sogenannte Antestungen. Heute gibt sie schon mal eigens Fotos in Auftrag. Die Abzüge zerschneidet Margarete Palz in Streifen oder geometrische Figuren, um sie anschließend auf transparenten Gazestoff aufzunähen – für sie die einzig logische Vorgehensweise, um zweidimensionale Objekte in die Räumlichkeit zu überführen. Aber eben auch eine echte „Sklavenarbeit“, gesteht die Künstlerin, deren Können auf solidem Handwerk beruht. 80 bis 100 Einzelelemente entstehen so, die sie schließlich zu einem Gesamtkunstwerk zusammenfügt.

Existentieller Bestandteil des Prozesses ist das Erleben des kreativen Nullpunkts, „wenn ich alles in die Ecke werfen möchte“. Im fast Kapitulieren, im „nicht mehr denken“ spürt die Künstlerin dann „eine große Freiheit“ auf sich zukommen. Erst diese ermöglicht das Entstehen von etwas Neuem, Originärem.

Wenn man so will, leistet Neunkirchen hiermit einen winzigen Beitrag zum großen Bauhaus-Jubiläum. Lassen doch diese mutigen, weil Genre-Grenzen überschreitenden Kreationen laut Nicole Nix-Hauck Figurinen Oskar Schlemmers erkennen. „Meine Werke gedeihen auf dem Humus der Bauhaus Lehre“, bestätigt die Künstlerin. Wobei sie die Systematik der Konkreten Kunst „durch ihre Leidenschaft für das Spielerische, für das Theater, für Tanz, Bewegung und Verkleidung kontinuierlich zu einer eignen, unverkennbaren Formensprache weiterentwickelte“, so die Analyse der Galerieleiterin.

In Neunkirchen ist Margarete Palz keine Unbekannte. Ihr Referendariat absolvierte sie am Krebsberggymnasium, drei Jahr lebte sie in Wiebelskirchen. 2012 kehrte sie hierher zurück, um das Vorprogramm der „Wasserphantasie“ am Furpacher Weiher mit ihren „voluminösen Körperhüllen“ (Nix-Hauck) zu bereichern. Die Ausstellung im KULT toppt so ziemlich alle ihre bisherigen Ausstellungen, was Größe und Umfang anbelangt, und ist anderseits auch für die Gastgeber schon jetzt ein Erfolg. „In dieser Art, mit diesem Rahmenprogramm“ sei es eine im Saarland bisher einmalig Sache, freut sich Müller. So wird 6. April eine Wort-Tanz-Klang-Collage aufgeführt (Bericht folgt). Eine Premiere war im Übrigen auch dieses erste „Galerie-Gespräch“, bei dem Presse, Veranstalter und Künstler im Stadium des Aufbaus gemeinsam Rede und Antwort stehen. Müller bringt offensichtlich frischen Wind ins Neunkircher Kulturgeschäft. So könnte die Kreisstadt in naher Zukunft Heimstatt der umfangreichen Keramik-Sammlungen von Hannelore Seiffert werden, deutete Müller an. Ebenfalls neu: In der Gebläsehalle wird in den kommenden Wochen eine der Tanzskulpturen von Margarete Palz für ihre ungewöhnliche, inspirierende Ausstellung werben.

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