Vier Gesamtkirchengemeinden Der Fahrplan für die Strukturreform

Ottweiler / Kreis St Wendel · Synode des Evangelischen Kirchenkreises Saar-Ost tagte in Ottweiler. Die Superintendentur zieht von Neunkirchen nach Saarbrücken.

 Die Sommersynode des evangelischen Kirchenkreises Saar-Ost hat im Schlosstheater Ottweiler getagt.

Die Sommersynode des evangelischen Kirchenkreises Saar-Ost hat im Schlosstheater Ottweiler getagt.

Foto: Rebecca Bleh

Kirche im Wandel gestalten, bevor es keinen Spielraum mehr gibt. Diesen Grundsatz hatte sich die Kreissynode des Evangelischen Kirchenkreises Saar-Ost in ihrer Sommersynode 2021 selbst gegeben, als sie beschloss, einen Konsultationsprozess in Gang zu setzen. Am Ziel dieses Prozesses sollen aus derzeit 14 Kirchengemeinden vier Gesamtkirchengemeinden gebildet werden. Diese Entscheidung zugunsten eines Strukturwandels fiel im Hinblick auf den stetig steigenden Verwaltungsaufwand für Haupt- und Ehrenamtliche in den Gemeinden. Der pastorale Dienst soll durch vereinfachte Verwaltungsstrukturen wieder mehr Zeit für seine originären Aufgaben erhalten. Vergangenen Samstag kam die Kreissynode zu ihrer diesjährigen Tagung im Schlosstheater in Ottweiler zusammen, um die Zielsetzung zu konkretisieren. Aber auch um einen Blick zurück auf das abgelaufene Jahr zu werfen, wie es in einer Pressemitteilung heißt.

Die Beschlüsse für die Gemeindestrukturreform sollten in der Basis, den Presbyterien der Kirchengemeinden, zustande kommen. Die Kirchenkreisleitung steht beratend mit ihrer und der Expertise der Verwaltung zur Seite, verwies Superintendent Markus Karsch mehrfach auf das presbyteriale-synodale Prinzip der rheinischen Kirche. „Die Entscheidungen werden in den Gremien vor Ort gefällt.“ Im erhöhten Verwaltungsaufwand sieht der Superintendent eine wichtige Triebfeder für Veränderungen. „25 Prozent unserer Arbeit ist Verwaltungsarbeit; eine weiterwachsende fremde Last an Arbeit, die uns immer weiter vom Markenkern unserer Arbeit entfernt.“

Im vergangenen Jahr haben sich die Gemeinden sehr viel Mühe gemacht, sich gegenseitig vorzustellen, haben Steckbriefe über ihre Arbeit und ihr Angebotsspektrum erstellt, wie es weiter heißt. Die Kirchengemeinde Dörrenbach hatte sogar ein humorvolles Imagevideo gedreht. Wer Markus Karsch aufmerksam zuhört, dem wird klar: Konsultieren wird hier definiert über das Kennenlernen und Kommunizieren. „Dieser Konsultationsprozesses war ein ganz toller Prozess. Auch weil er noch nicht an Formalien gebunden war, sondern es wirklich erst ums Kennenlernen ging.“ Bei diesen Gesprächen hat sich entgegen der ursprünglichen Planung eine Änderung in zwei Regionen ergeben: Mit dem positiven Effekt, dass so die Gemeindegliederzahlen zwischen den vier Regionen ausgeglichen sind.

Der Prozess sei in einigen Regionen so gut gelaufen, dass die Menschen „schon mit den Füßen scharren“, wann es endlich losgeht, berichtete der Superintendent. Noch auf der Synodaltagung im November 2021 hatte er eine „Reflektorische Bedrohlichkeitsprüfung“ vorgestellt, die verdeutlichte, dass die Akzeptanz für tiefgreifende Entscheidungen vor allem durch die Überzeugung, die Herausforderung bewältigen zu können, gebunden sei. Heute seien die Gemeinden einen Schritt weiter: „Wir stehen nach Ende des Konsultationsprozesses an der Schwelle zur emotionalen Akzeptanz.“

Nach dem übereinstimmend positiven Votum der Gemeinden geht es nach Beschluss der Kreissynode nun in die Planung der Gründungsphase der vier Gesamtkirchengemeinden. Der Kreissynodalvorstand (KSV) hat einen Fahrplan vorgestellt, der mehrheitlich beschlossen wurde. An dessen Schluss steht die Gründung aller vier Gesamtkirchengemeinden zeitgleich zum 1. Januar 2024. Dieser Zeitplan möge zwar sehr stramm erscheinen, doch bis zum Jahr 2025 verginge zu viel Zeit, gab Markus Karsch zu bedenken. Zusammengehen von Kirchengemeinden ist jeweils nur zum Jahresbeginn möglich. Außerdem stünden im Februar 2024 Presbyteriumswahlen an.

Zudem stellte der Superintendent einen Vorschlag zur Begleitung der Prozesse vor, wie es weiter heißt. Dieser läuft in drei Instanzen ab. Grundsätzliche Fragen zu Personal, Finanzbuchhaltung, Gebäuden und Allgemeinem klärt der Kirchenkreis mit der untergeordneten Ebene der Regionen, die neu zu bilden sind. Die Arbeitsgruppen der Regionen wiederum leisten die Sacharbeit für die ihr zugehörigen Gemeinden und setzen sich aus den Vorsitzenden und den stellvertretenden Vorsitzenden der Gemeinden und zwei bis drei Sachkundigen zusammen. Die dritte Ebene sind die Presbyterien, die am Ende die Entscheidungen treffen. Hier müssen die Satzungen der Gesamtkirchengemeinden beschlossen werden. Die anderen beiden Ebenen arbeiten ihnen sachlich und fachlich zu.

Ziel dieser Vorgehensweise ist eine permanente Rückbindung der Presbyterien. Essenziell ist aber auch die gegenseitige Einbindung untereinander. Die Kirchengemeinden benötigen einen verbindlichen Absichtsbeschluss. Dieser verpflichtet sie, sich wechselseitig bei wichtigen Entscheidungen, die die künftige Gesamtkirchengemeinde zu tragen hat, mindestens zu informieren. Im Optimalfall sollte gemeinsam entschieden werden.

Verpflichtend ist der Stichtag 1. Januar 2024 nicht, wie es weiter heißt. Sollten die Presbyterien merken, dass das Ziel zu ambitioniert ist, könne dieser Ablaufplan noch einmal geändert werden, betonte Superintendent Markus Karsch. Auch die Verwaltung müsse noch nacharbeiten. So etwa bei der Bereitstellung verlässlicher buchhalterischer Kennzahlen. Diese liegen aufgrund der Umstellung der Finanz-EDV von Seiten der Landeskirche immer noch nicht verlässlich vor. Bis Ende des Jahres solle dies jedoch Sicht der Verwaltung aufgearbeitet sein.

Neben diesem Schwerpunkt-Thema standen Wahlen für Nachbesetzungen im KSV (siehe Text unten) und die Information über den Umzug der Superintendentur von Neunkirchen nach Saarbrücken auf der weiteren Tagesordnung.

Der Kirchenkreis Saar-West ist bereits komplett nach Saarbrücken in das Gebäude im Sauerwiesweg umgezogen, ebenso die gemeinsame Verwaltung. Die Superintendentur Saar-Ost verblieb in Neunkirchen.

Vieles davon fiel mitten in die Hochphase der Corona-Pandemie. Für die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen war es zum Teil ein großer Spagat zwischen Saarbrücken und Neunkirchen, erläuterte Markus Karsch. „Trotz der modernen Technik haben wir in der Superintendentur gemerkt, wo die Grenzen liegen.“ Der informelle Austausch auf dem Flur habe gefehlt. Außerdem sei es ja die Absicht, Doppelstrukturen abbauen. Von daher sei der Umzug nach Saarbrücken ein logischer Schluss gewesen, sagte Karsch. Der Kirchenkreis könne nicht erwarten, dass sich Kirchengemeinden verändern – und selbst verharren.

Was mit den Räumlichkeiten in Neunkirchen passiert, ist derzeit noch nicht abschließend geklärt: Ein Teil des Gebäudes ist vermietet an die örtliche Kirchengemeinde, die anderen sollen auch für kirchliche Zwecke vermietet werden.

Vollzogen sein soll der Umzug nach Saarbrücken bis Ende des Jahres.

Der Evangelische Kirchenkreis Saar-Ost erstreckt sich von St. Wendel über Ottweiler und Neunkirchen bis nach Dudweiler. Im Kirchenkreis leben circa 51 000 Gemeindeglieder in 14 Kirchengemeinden.

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