Krisenstimmung in Neunkirchen Wildschweine graben die Hausgärten um

Kreis Neunkirchen · In befriedeten Bezirken ist das Jagen tabu. Kreisjägermeister Edgar Kuhn gibt Tipps für betroffene Bürger.

 Verwüstete Hausgärten in der Dirminger Straße in Eppelborn: Vertreter der Unteren Jagdbehörde und Bürgermeisterin Birgit Müller-Closset schauten sich vor Ort die Schäden an.

Verwüstete Hausgärten in der Dirminger Straße in Eppelborn: Vertreter der Unteren Jagdbehörde und Bürgermeisterin Birgit Müller-Closset schauten sich vor Ort die Schäden an.

Foto: Edgar Kuhn

Ohnmächtig und wütend – so fühlen sich Hausbesitzer, wenn eine Horde Wildschweine den Garten „umgegraben“ hat. Im Saarland kommt dies immer häufiger vor. Einen besonders schweren Fall sprach Eppelborns Bürgermeisterin Birgit Müller-Closset in der Sitzung des Gemeinderats an. Betroffen waren Ende Oktober neun Anwohner der Dirminger Straße in Eppelborn, deren Hausgärten in Richtung Bahngleise liegen. Die Wiesen gleichen einem Acker, die Rotte hat ganze Arbeit  verrichtet.

„Die Schwarzwildbestände in Deutschland sind in der jüngsten Vergangenheit geradezu explodiert“, sagte Kreisjägermeister Edgar Kuhn auf Nachfrage der Saarbrücker Zeitung. Auch im Saarland und im Kreis Neunkirchen sei der Bestand an Wildschweinen extrem hoch. Milde Winter und ein großes Futterangebot haben dazu geführt. In dieser Jahreszeit sucht das Schwarzwild tierisches Eiweiß in Form von Würmern und Engerlingen. Und weil die Wildschweine nicht dumm sind, wie die Jäger wissen, bedienen sie sich in der Nähe von Häusern, wo sie ungestört sind und nicht Gefahr laufen, abgeschossen zu werden. Denn Haus- und Hofgärten sind, genauso wie Friedhöfe, befriedete Bezirke. „Dort ruht die Jagd“, stellt Kuhn klar. Der Jäger habe dort absolut nichts verloren.

Um aber der Wildschweinplage, die immense Schäden auch in der Landwirtschaft anrichtet, einigermaßen Herr zu werden, müssten nach Ansicht der Jäger mehr Tiere in Wald und Flur abgeschossen werden. Allein im Revier Merchweiler beliefen sich die Schäden im vergangenen Jahr auf Tausende von Euro. Hinzu kommt, dass die afrikanische Schweinepest näher an Deutschland heranrückt. Die hohe Zahl an Wildschweinen erschwert den Schutz vor der Seuche, warnt der World Wildlife Fund.

Über 8000 Wildschweine haben die saarländischen Jäger im vergangenen Jahr geschossen  – so viele wie nie zuvor seit Beginn der Aufzeichnungen im Jahr 1955. Trotzdem werden sie der Wildschweinplage nicht Herr, sagen die Jäger, weil ihnen bei der Lockfütterung, dem sogenannten Kirren, die Hände gebunden seien. „Die Jäger würden das Wild gern mit anderen Mitteln außer den gesetzlich erlaubten Lebensmitteln wie Getreide oder Mais anlocken“, erklärt der Kreisjägermeister. Es gebe zum Beispiel Pellets mit bestimmten Duftstoffen, die das Schwarzwild „kirre“ machen und  anlocken. „Das würde uns schon helfen, die Bestände waidgerecht etwas zu dezimieren.“

Für die bebaute Ortslage gelte im Übrigen: „Rette sich, wer kann.“ Hier müssen die betroffenen Bürger selbst Vorsorge leisten, wenn sie ihre Gärten vor Wildschweinen schützen wollen. Es gebe zum Beispiel verschiedene Möglichkeiten, das Wild zu verscheuchen, etwa mit Verwitterungsmittel oder akustischen Signalen (alte CDs). Kuhn rät dazu, Absperrungen wie einen bodendichten Zaun anzubringen. Auch ein Elektrozaungerät, mit einer Zeitschaltuhr ausgestattet, leiste gute Dienste. Grundsätzlich sollte man Kompostanlagen abdecken und auf keinen Fall Essensabfälle dort entsorgen. Diese locken nämlich nicht nur Wild, sondern auch große Vögel (Krähen) an, die unterwegs ihr Futter verlieren und andere Tiere anlocken. Entsprechende Leidfäden haben die Jäger parat. Wer von Wildschäden betroffen ist, muss diese der Gemeindeverwaltung melden, wie in Eppelborn geschehen. Herr des Verfahrens ist nämlich die Gemeinde. Allerdings können die Anwohner in der Dirminger Straße nicht mit  Schadenersatz rechnen, teilte die Bürgermeisterin   mit. Denn wühlen Wildschweine die Gärten von Privat­leuten um, müssen weder Jäger noch die Jagdge­nos­sen­schaft für den Schaden aufkommen. Sie zahlen nur, wenn die Schäden in jagdbaren Gebieten statt­finden.

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