Nach Unwetter: Jetzt geht's ans Aufräumen

Dirmingen · Hilfsbereitschaft unter Nachbarn und Kollegen prägte neben dem Dauereinsatz der ehrenamtlichen Rettungsorganisationen den Tag nach der Katastrophe. Dies galt auch über Gemeindegrenzen hinweg.

 Auf Hochdruck: THWler füllen Sandsäcke in Berschweiler gegen die Flut. Foto: Markus Tröster

Auf Hochdruck: THWler füllen Sandsäcke in Berschweiler gegen die Flut. Foto: Markus Tröster

Foto: Markus Tröster

Nachdem sich braune Fluten wie eine Walze durch Berschweiler und Dirmingen gerollt haben, Autos, Mülleimer, sogar Straßen, Bordsteine mitrissen und Häuser unbewohnbar machten, machten sich Helfer einen Tag danach an die Aufräumarbeiten. Innerhalb weniger Tage hatte ein Unwetter über Berschweiler gewütet und blankes Chaos hinterlassen.

Besonders schlimm traf es aber den angrenzenden Eppelborner Ortsteil Dirmingen, wo sich am Dienstagnachmittag eine Schlamm-Wasser-Lawine ihren zerstörerischen Weg mitten durchs Dorf bahnte. Daniela Schöbel wurde Zeugin dieser Katastrophe und war auch noch einen Tag nach den dramatischen Geschehnissen stark bewegt von diesen Eindrücken. Die junge Frau war an ihrem Arbeitsplatz, als gegen 15 Uhr die Sintfluten über dem Ort niedergingen. "Es war wie im Krieg", beschreibt sie einen Tag darauf die Lage. Noch am Abend nach der Katastrophe war sie mit Freunden zu einer Kollegin geeilt. Dort hatte sich eine Sturzflut von einem Hang bereits zum zweiten Mal binnen einer Woche über das Grundstück und weiter in den Keller ergossen. Was dort stand, ist nur noch Schrott wert. "Ich erkundigte mich, was ich tun, kann. Wo kann ich helfen?", sagt sie. Sandsäcke und nochmals Sandsäcke benötigte die Frau, deren Hausinneres einer Trümmerlandschaft glich. Aber woher nehmen? Schöbel: "Es hieß, wir kriegen welche in Theley." Was auch stimmte, allerdings allesamt ungefüllt. Mit den leeren Säcken ging's dann retour zum Dirminger Baustoffhandel Hell. "Bedient Euch", mit diesem Worten habe der Inhaber spontan Füllsand freigegeben. "Ihr könnt ihn mir später wieder zurückgeben", zitiert die junge Helferin den Mann. Und damit begann die körperlich aufreibende Arbeit. Bis halb drei in der Nacht seien Freunde, Familienmitglieder und Nachbarn damit beschäftigt gewesen, Sandsäcke zu füllen und damit einen Schutzwall ums betroffene Grundstück zu ziehen. "Wir haben bestimmt drei Tonnen nassen Sand geschleppt", meldet am Mittwochmorgen eine erschöpfte Daniela Schöbel bereits wieder von ihrem Arbeitsplatz in Dirmingen aus. Ob diese Sandsäcke-Mauer allerdings einem eventuell neuen Sturzbach Paroli bieten kann, bleibe abzuwarten.

Das Drama hatte am Dienstag gegen 15 Uhr seinen Lauf genommen, wie Feuerwehrsprecher Dirk Schäfer berichtet. Geröll und Schlamm blockierten nach Starkregen kurz darauf die L 133 zwischen Dirmingen und Marpingen. Die Straße war "teilweise einseitig weggespült". Für seine Kollegen begann nun der Dauereinsatz. Schäfer: "Im Minutentakt liefen die Notrufe auf der Leitstelle ein." Sogar Bereiche im Marpinger Ortsteil Berschweiler, die am Samstag noch verschont geblieben waren, wurden jetzt geflutet. Ein flächendeckender Stromausfall erschwerte zusätzlich die Arbeit der Retter. Erst gegen 21 Uhr hatte der Energieversorger die Lage in Berschweiler und in weiten Teilen Marpingens wieder im Griff.

Die plötzlich niedergehenden Wassermassen drückten auch mit Wucht gegen Weiherdämme, die Risse aufwiesen. Auch hier musste die Feuerwehr stabilisieren. Am Abend drohte eine unterirdische Wasserblase, einen Hang auf Häuser abrutschen zu lassen. Markus Tröster vom Technischen Hilfswerk (THW): "Wir schafften es, mit einem Damm aus Sandsäcken, das Wasser kontrolliert abfließen zu lassen." Dafür waren 45 THWler aus St. Wendel und Theley von 18.30 bis 23.30 Uhr am Dienstag im Einsatz.

Bis in die Nacht hinein pumpten die Wehren aus den Gemeinden Marpingen und Tholey rund 40 Hauser leer. Viermal sicherten sie Heizöltanks in gefluteten Kellern. Umgestürzte Bäume und Hangrutsch hielten die Helfer auf Trab. Mit Notstromaggregaten kamen sie einem Mann zu Hilfe, der ein Sauerstoffgerät benötigt, ebenso einem Landwirt für die Melkmaschine.

Nach den gröbsten Einsätzen in Berschweiler ging es für Feuerwehrleute vom bisherigen Einsatzort Mittwochmittag nach Dirmingen. Den benachbarten Ort hatte es diesmal noch härter getroffen. Eine Frau hatte Dienstagnachmittag sogar aus ihrer Kellerwohnung vorm Ertrinken gerettet werden müssen. Schäfer: "Keiner der Anwohner konnte sich daran erinnern, solche Regenmengen binnen kurzer zeit erlebt zu haben."

Weitere Bilder und Videos zu den tragischen Vorfällen auf der kostenlosen Internetseite der St. Wendeler Zeitung.

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Am Dienstagmittag waren die Berschweiler Bürger gerade mit den Aufräumarbeiten in ihren Wohnungen vom Wochenende-Unwetter in den Straßen Auf Weißmauer, Am Rothenberg, Im Langgarten und An der Hümes fertig geworden. Kurze Zeit später wurden mehrere Häuser erneut geflutet. "Dieses Mal war es noch viel schlimmer", sagte Sandra Perchges. Aus jedem Loch sei im Haus das Wasser rausgelaufen und habe bis zu einer Höhe von 80 Zentimeter in der Kellerwohnung gestanden. Das komplette Mobiliar und die Elektrogeräte landeten im Entsorgungscontainer. "Hoffentlich ist an der Heizung nichts dran", bangte sie.

Ein derartiges Unwetter mit solchen Wassermassen hat Peter Fuchs noch nicht erlebt. "Das schoss nur so den Hang hinunter und ist bei geschlossenen Fenstern wie ein See in den Keller geströmt", berichtete Fuchs. In seinen unteren Räumen stieg der Wasserpegel auf 23 Zentimeter an. Das unbewohnte Nachbarhaus mussten zwei Mitarbeiter eines Hausmeisterservices vollständig leer räumen. "Das Haus hat die Feuerwehr von Wassermassen befreien müssen", berichtete Feuerwehrsprecher Dirk Schäfer. Die vom Schaden betroffene Bernadette Henkes freute sich: "Die Hilfe der Nachbarn tut einem richtig gut".

Zusätzlich erschwerte ein Stromausfall nicht nur die Arbeit der Rettungskräfte. "Ein Baum war auf eine Stromleitung gestürzt", begründete der Marpinger Bürgermeister Werner Laub (SPD ) die Ursache für den Stromausfall .

 Hang in Berschweiler abgerutscht. Foto: Markus Tröster

Hang in Berschweiler abgerutscht. Foto: Markus Tröster

Foto: Markus Tröster
 Räder in Dirminger Keller im Schlamm. Foto: Daniela Schöbel

Räder in Dirminger Keller im Schlamm. Foto: Daniela Schöbel

Foto: Daniela Schöbel
 Verbindungsstraße L 133 zwischen Dirmingen und Berschweiler: Die Strecke ist nach der Sintflut gesperrt. Foto: Dirk Schäfer

Verbindungsstraße L 133 zwischen Dirmingen und Berschweiler: Die Strecke ist nach der Sintflut gesperrt. Foto: Dirk Schäfer

Foto: Dirk Schäfer
 Unterspülte Hänge werden zur Gefahr für die Häuser, die auf der Anhöhe stehen. Foto: Faber

Unterspülte Hänge werden zur Gefahr für die Häuser, die auf der Anhöhe stehen. Foto: Faber

Foto: Faber

Von Entwarnung wollte er am Mittwochmittag nicht sprechen. "Alle Notrufe sind abgearbeitet. Kurzzeitig standen zwei, drei Evakuierungen im Raum", vermeldete der Verwaltungschef. Derweil waren die Sicherheitsmaßnahmen in Berschweiler noch voll im Gange. Durch den Hangrutsch Am Höhbüsch wurde von Experten keine akute Gefahr für die Wohnhäuser festgestellt. Zudem begutachteten Geologen in der Straße Im Oberdorf eine Wasserblase, die sich hinter zwei Wohnhäuser gebildet hat. "Teile des Hanges waren hier schon ins Rutschen geraten", so der Feuerwehrsprecher. Fest steht, die Dirminger Straße in Berschweiler bleibt auch am heutigen Donnerstag für die Durchfahrt gesperrt. "Es drohen Bäume umzustürzen, die müssen zuerst gefällt werden", verkündete Laub. Des Weiteren sind Fachleute damit beauftragt, die Standsicherheit weiterer Bäume zu überprüfen.

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