Mit dem Revierförster in den Wald Der alte Baum als Wohnsiedlung

Eppelborn · Im Landkreis Neunkirchen laden am 16. Mai drei Revierförster zur Waldwanderung ein. Die SZ war schon mit Roland Wirtz unterwegs.

 Eine typische Monokultur von Fichten. Sie sind „leichtes Opfer“ für den Borkenkäfer, wenn sie durch lang anhaltende Trockenheit bereits geschädigt sind.

Eine typische Monokultur von Fichten. Sie sind „leichtes Opfer“ für den Borkenkäfer, wenn sie durch lang anhaltende Trockenheit bereits geschädigt sind.

Foto: Heike Jungmann

Mein Freund der Baum ist tot. Quicklebendig tummeln sich jetzt Tausende von Lebewesen in und um seine Überreste und sorgen dafür, dass es dem Wald drumherum gut geht. Förster Roland Wirtz hat in seinem Revier ein Paradebeispiel dafür ausgesucht, was zu einer naturnahen Waldwirtschaft dazugehört. Eine riesige Eiche liegt hier etwas versteckt im Dirminger Wald. Die Rinde ist grün vor Moos und übersät von Zunderschwämmen, einem Baumpilz. Der vermodernde Baumriese bietet Nahrung und Zuflucht für unzählige Tierarten. „Hier tobt der Bär“, sagt der Förster, der es wissen muss. Denn das etwa 1800 Hektar große Revier Eppelborn/Quierschied, das er leitet, ist ein „Musterrevier“ im Saarland. Wirtz und sein Team sind Pioniere in Sachen naturnahe Waldwirtschaft und freuen sich, dass ihre Arbeit auch im Rest der Republik bei Forstkollegen Beachtung findet.

Begonnen haben wir unsere Waldexkursion – begleitet von Jack Russel Terrier Linus – an einem kleinen Fichtenwald. Baum an Baum steht hier, das Beispiel für eine früher übliche, schnell wachsende Monokultur. Vom Menschen gemacht, um seinen Bedarf an Holz für Möbel, Brennstoff oder Baumaterial zu befriedigen. Erst mit der Ökologiebewegung in den 80er Jahren des 20. Jahrhunderts wuchs die Erkenntnis, dass der Wald mehr ist als ein Rohstoffproduzent. Wie der Wald aussehen sollte, damit er Lebensraum für eine vielfältige Pflanzen- und Tierwelt ist, zeigt Förster Wirtz auf einer nahe gelegenen Lichtung. Hier ist eine Mischung aus jungen und alten Laubbäumen zu erkennen, auf den Boden fällt genügend Licht für junge und kleinere Baumarten wie Holunder und Kirsche.

Eine etwa 180 Jahre alte Rotbuche ist mit einem „B“ markiert. „Dies ist ein Biotopbaum“, erklärt Wirtz. Er darf so alt werden wie ein Methusalem und wird deshalb auch oft so genannt. Solche Bäume haben einen hohen ökologischen Wert im Wald. Der Spagat, den der Eppelborner Revierförster leisten muss: Auch sein „Musterrevier“ soll ein gewisses Kontingent an Wert- und Brennholz liefern. Bei der Bestandsaufnahme im Revier stelle sich deshalb stets die Frage: „Was nutze ich, was schütze ich?“ Etwas provokativ schiebt er hinterher: „Urwald kann jeder, aber nachhaltig bewirtschaftete Wirtschaftswälder, das ist eine echte Herausforderung.“

Nicht reinstecken sollte man übrigens die Hand in die Stammfußhöhle eines Baumes, rät Roland Wirtz. Wer weiß, wer darin Zuflucht gesucht hat. Vielleicht ist es das Luxusappartement für die selten gewordene Wildkatze, gut geschützt gegen Wildschweine. Bestimmt jedoch beherbergt die Höhle jede Menge Käfer und Insekten. An einem Methusalembaum fallen mehrere Nisthöhlen eines Kleibers auf, die vermutlich irgendwann von einem Specht gezimmert wurden.

 An dieser Lichtung haben verschiedene Generationen von Laubbäumen ihren Platz und ihre Existenzberechtigung.

An dieser Lichtung haben verschiedene Generationen von Laubbäumen ihren Platz und ihre Existenzberechtigung.

Foto: Heike Jungmann
 Revierförster Roland Wirtz lehnt an einen Biotopbaum. Bäume ab einer bestimmten Dicke und mit besonderen Merkmalen werden dauerhaft aus der Nutzung des Waldes herausgenommen und mit einem „B“ markiert, zeigt er beim SZ-Besuch.

Revierförster Roland Wirtz lehnt an einen Biotopbaum. Bäume ab einer bestimmten Dicke und mit besonderen Merkmalen werden dauerhaft aus der Nutzung des Waldes herausgenommen und mit einem „B“ markiert, zeigt er beim SZ-Besuch.

Foto: Heike Jungmann
 Besondere Biotopmerkmale weist dieser Baum auf: Der Schwarzspecht hat ihn durch seine Höhlen für andere Vögel, Insekten oder Eichhörnchen geöffnet.

Besondere Biotopmerkmale weist dieser Baum auf: Der Schwarzspecht hat ihn durch seine Höhlen für andere Vögel, Insekten oder Eichhörnchen geöffnet.

Foto: Heike Jungmann
 Wie Konsolen haften Zunderschwämme am Baumstamm. Der Pilz ernährt sich auch vom längst toten Baum.

Wie Konsolen haften Zunderschwämme am Baumstamm. Der Pilz ernährt sich auch vom längst toten Baum.

Foto: Heike Jungmann

„Unser langfristiges Ziel ist es, 40 Kubikmeter totes Holz auf einem Hektar Wald zu haben“, erklärt Wirtz. Warum dies so wichtig wäre für die Biodiversität (biologische Vielfalt), die gerade angesichts des Artensterbens in aller Munde ist, wird der Eppelborner Revierförster beim „Tag des offenen Reviers“ am 16. Mai erzählen (siehe Info). Eingeladen sind dann alle am Wald interessierten Menschen, mit ihrem Revierförster zu erleben, wie gut der Wald dem Menschen tut. Und was der Mensch dem Wald Gutes tun kann.

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