Bei diesen Rittersleut wird nicht ganz jugendfrei gereimt

Saarbrücken. "Degoutant!", kann man da nur sagen. Die Zustände im urigen Gemäuer von Schloss Eppelborn sind alles andere als ehrwürdig. Graf Ottokar (Peter Tiefenbrunner) und Gräfin Brunhilde (Barbara Scheck) sind pleite und verkuppeln Töchterlein Edeltraut (Daniela Groß) an den weibstollen Troubadour Walter von der Minne (Susanne Kruse)

 Handgemalt sind die Kulissen, in denen hier Peter Tiefenbrunner, Barbara Scheck, Daniela Groß, Susanne Kruse, Mathias Alt und er selbst (von links) agieren. Foto: Oliver Dietze

Handgemalt sind die Kulissen, in denen hier Peter Tiefenbrunner, Barbara Scheck, Daniela Groß, Susanne Kruse, Mathias Alt und er selbst (von links) agieren. Foto: Oliver Dietze

Saarbrücken. "Degoutant!", kann man da nur sagen. Die Zustände im urigen Gemäuer von Schloss Eppelborn sind alles andere als ehrwürdig. Graf Ottokar (Peter Tiefenbrunner) und Gräfin Brunhilde (Barbara Scheck) sind pleite und verkuppeln Töchterlein Edeltraut (Daniela Groß) an den weibstollen Troubadour Walter von der Minne (Susanne Kruse). Selbiger produziert Hits am Fließband, hat also ein einträgliches Auskommen als umjubelter Popstar, und kann es sich daher leisten, dass die Braut keine Mitgift mitbringt. Eine glückliche Fügung, ist die Blondine doch nicht sehr helle und leider auch nicht mehr ganz unberührt.Doch bald herrscht "Ritterzorn auf Schloss Eppelborn" - so der Titel der "mittelalterlichen Komödie in schröcklichen Reimen", die morgen im Theater Blauer Hirsch Uraufführung hat. Denn in das traute Idyll platzt der fiese Raubritter Peter von Primstal (Hans Beislschmidt), der Edeltrautchen einst die Unschuld raubte und das Fräulein nun entführt, um von ihren Eltern Lösegeld zu erpressen - angesichts deren finanzieller Misere freilich ein absurdes Unterfangen. Gerade recht kommt da Marquis de Guillotine (Matthias Alt), als handlungsreisender Erfinder der gleichnamigen Enthauptungsmaschine seiner Zeit weit voraus. Von ihm erhofft sich Frau Gräfin die Erlösung vom Bösen und die Behebung ihres sexuellen Notstands - nicht ahnend, dass ihr dekadentes Subjekt der Begierde eher dem eigenen Geschlecht zugetan ist.

Nun geht's drunter und drüber: Es wird intrigiert, gefochten, gesungen, gestorben und wiederauferstanden, und das alles garantiert nicht jugendfrei. Obendrein erfindet Frau Gräfin noch das Maggi, nebst Anspielungen auf aktuelles Zeitgeschehen einer der zahlreichen lokalspezifischen Bezüge. Ein Mundartstück ist die betont derbe und sämtliche Klischees bedienende Farce für Zuschauer ab 16 Jahren dennoch nicht, bietet aber eine sprachliche Besonderheit: Gesprochen wird durchweg im Kreuzreim.

Erdichtet hat die krude Familiensa(ar)ga Hirsch-Herr Hans Beislschmidt (Co-Autor: Norbert Böll); seinen Recherchen nach handele es sich gar um "das einzige durchgehend gereimte abendfüllende Ensemblestück dieses Genres". Selbst ist der Wirt: Beislschmidt hat die Komödie im eigenen "Kunstfechter"-Verlag veröffentlicht und zwecks Bühnentaufe auch gleich die Gruppe "Ritterzorn Theater" mit Größen der hiesigen freien Theater-, Kabarett- und Kleinkunstszene gegründet.

Die Musik mit mittelalterlichem Tandaradei entwickelten die Darsteller selbst (Einspielung: Gerhard Lang); die rustikale Kulisse fertigte Beislschmidt in wochenlanger Arbeit im Alleingang, indem er 25 Quadratmeter Pappe mit Pflastersteinen bepinselte. Regie führen Peter Tiefenbrunner und Barbara Scheck, die augenzwinkernd um ihren guten Ruf fürchten: "Gut, dass dieses Theater einen Hinterausgang hat!" kek

Uraufführung: Samstag, 15. Januar, 20 Uhr, Theater Blauer Hirsch, Saargemünder Straße. Wieder: 21., 22. und 29. Januar. Karten: KulTour, Tel. (06 81) 58 82 22 22, oder Abendkasse.

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