1963 - 1971 Sogar der Kaplan kickte bei der DJK mit

NEUNKIRCHEN · Von 1963 bis Anfang der 1970er Jahre hat die DJK Neunkirchen die Sportgeschichte der Stadt mitgeprägt. Heute gibt es den Verein nicht mehr. Zwei ehemalige Spieler erinnern sich.

  Paul Becker (links) und Günter Brabänder waren Spieler der DJK Neunkirchen. Ein Verein, den es heute nicht mehr gibt. Noch heute überfällt sie die Wehmut, wenn sie am ehemaligen Vereinsgelände am Boxberg vorbeikommen.

Paul Becker (links) und Günter Brabänder waren Spieler der DJK Neunkirchen. Ein Verein, den es heute nicht mehr gibt. Noch heute überfällt sie die Wehmut, wenn sie am ehemaligen Vereinsgelände am Boxberg vorbeikommen.

Foto: Stefan Holzhauser

Die älteren Neunkircher, die heute auf den großen blauen Gebäudekomplex des „Zentrums am Boxberg“ blicken, werden sich noch erinnern. Wo heute verschiedene medizinische Einrichtungen untergebracht sind, wurde einst gekickt. Dort stand ein Sportplatz, auf dem die Fußballer der DJK Neunkirchen ihre Heimspiele austrugen. Die Saarbrücker Zeitung traf sich mit zwei Männern, die früher selbst für den Verein am Ball waren. Ein Verein, der heute nicht mehr existiert.

Günter Brabänder, heute Kreisvorsitzender Ostsaar des Saarländischen Fußballverbandes und Paul Becker hatten die Geschichte des Neunkircher Clubs maßgeblich mitgeprägt. „Die DJK Neunkirchen ist damals aus dem Zusammenschluss dreier Vereine entstanden: Der DJK Schwarz-Greif, der DJK Scheib und der DJK Adler – das war 1963“, erinnert sich Brabänder, dessen Schwiegervater Werner Blügel bereits Vorsitzender der DJK Adler war. Den früheren Platz der DJK Neunkirchen könne man heute nicht mal mehr erahnen, bedauert Brabänder. „Die Tribüne war aus Holz. Man hat direkt gesehen, dass die von der Grube gebaut worden war“, erzählt er.

„Wenn wir heute dort vorbeigehen, kommen immer wieder schöne Erinnerungen hoch. Es war eine Herzblutgeschichte, die leider zu früh enden musste“, meint Becker.

Der 72-jährige stieß erst 1965 als Jugendlicher zur DJK Neunkirchen. „Ich war damals 17 Jahre alt, in meinem ersten Spiel gegen die DJK Bildstock haben wir zwar mit 4:5 verloren, aber ich habe auf Anhieb drei Tore geschossen“, erinnert er sich noch heute.

Auch andere Geschichten rund um den Verein sind ihm noch genau im Gedächtnis geblieben. Zum Beispiel wie die ehemalige Vereinskneipe in der Königstraße dichtmachen musste, und die Mannschaft daraufhin in der Schwebelklause von Heinz Schille Asyl gefunden hätte: „Hinter der Kneipe waren Duschen und Umkleideräume. Wir mussten von dort aus mit den Trainingssachen zwar immer zu Fuß auf den Boxberg laufen, doch das hat uns nicht gejuckt“, sagt Brabänder.

Insbesondere die Partien gegen den Dauerrivalen SV Heinitz seien „immer sehr intensiv“ gewesen, erzählt Becker. Der von Heinitz zur DJK gewechselte Torhüter Walter Jahnen hätte seinen neuen Mannschaftskameraden für einen Sieg gegen seinen Ex-Verein Bier versprochen. „Wir haben dann auch mit 2:1 gewonnen, aber nach dem Spiel war Walter plötzlich verschwunden. Auf das Bier warte ich heute noch“, sagt Becker und muss lachen. 1971 wäre die DJK sogar fast Meister geworden, lag in der Endabrechnung ganz vorne. „Aber die Mannschaft von Wellesweiler hat kurz vor dem Ende der Saison abgemeldet. Gegen die hatten wir zweimal gewonnen. Die Punkte wurden uns aber am grünen Tisch wieder abgezogen“, erzählt Becker. Das Entscheidungsspiel gegen die nun punktgleiche DJK Münchwies verloren die Neunkircher mit 2:4. Dabei hatten sie Münchwies in der „regulären Saison zwei Mal deutlich geschlagen.

Eine weitere Chance auf den Titel gab es nicht. Denn bereits ein Jahr später war die DJK Geschichte und gliederte sich beim Verein Viktoria Neunkirchen ein. Der mittlerweile verstorbene langjährige Viktoria-Präsident Rudi Scheer hätte die DJK-Spieler zwar darum gebeten, zu ihm in den neuen Verein zu wechseln. Doch hier trennten sich die Wege vieler Akteure. Brabänder wechselte nach Heinitz, während sich Becker dem SV Niederlinxweiler anschloss. Im Fall von Becker hatte das eine gewisse Vorgeschichte. „Als ich 1965 in der A-Jugend der DJK Neunkirchen angefangen hatte, musste ich bei einem Arzt meine Sporttauglichkeit feststellen lassen. Unser eigentlicher Doktor in der Marienkirche hatte damals Urlaub und wurde von Rudi Scheer vertreten. Der meinte dann, dass er keine Spieler von der DJK Neunkirchen untersuche – wir sollten doch alle lieber zur Viktoria kommen“, erzählt Becker. Scheer hätte dies zwar eher aus Spaß gesagt – „nach zehn Kniebeugen war die Untersuchung überstanden“ – dennoch habe Becker das Gespräch später in unangenehmer Erinnerung gehabt und sich lieber in Richtung Niederlinxweiler orientiert. Dort spielte er bis 1977, ehe eine Meniskusoperation seinen Abschied vom Aktivensport bedeutete. Brabänder spielte in Heinitz als Torwart und Libero und engagierte sich noch lange Zeit als Funktionär in dem Verein.

Auf dem alten DJK-Gelände kickten nach dem Zusammenschluss mit Viktoria Neunkirchen noch einige Wirtschaftsmannschaften, ehe der Platz komplett weichen musste.

Auch wenn der ersten Mannschaft der DJK Neunkirchen eine Meisterschaft verwehrt blieb, feierten zumindest die Zweite und die A-Jugend Titel. Die A-Junioren holten in der Saison 1969/70 sogar die Landesmeisterschaft an den Boxberg.

 Lang ist’s her: Zwischen 1963 und 1971 gestaltete die DJK Neunkirchen die Fußballgeschichte der Stadt maßgeblich mit.

Lang ist’s her: Zwischen 1963 und 1971 gestaltete die DJK Neunkirchen die Fußballgeschichte der Stadt maßgeblich mit.

Foto: Stefan Holzhauser
 In der Saison 1969/70 wurde die A-Jugend der DJK Landesmeister.

In der Saison 1969/70 wurde die A-Jugend der DJK Landesmeister.

Foto: Stefan Holzhauser

„Es waren sehr schöne Zeiten. Als ich damals anfing, hat sogar der Kaplan und heutige Pastor Franz Mockenhaupt bei uns mittrainiert. Der hatte um 14.30 Uhr eine Kindstaufe. Und danach hat er bei der zweiten Mannschaft im Tor gestanden“, erzählt Becker. Heute treffe er aus DJK-Zeiten „leider“ nur noch Bruno Bouillon“, der bei der Gründung der DJK ebenfalls maßgeblich beteiligt gewesen sei. „Das ist für mich auch der beste Spieler gewesen, den wir je hatten. Wenn der meinen Vornamen rief, bin ich direkt losgelaufen und der Ball kam auch genau an“, schwärmt Becker, der heute genau wie Brabänder die Heimspiele von Borussia Neunkirchen verfolgt. Auch wenn die heutige Zeit der Borussia in der Saarlandliga nicht mit der in der Bundesliga vergleichbar sei, bliebe doch die Borussia ein Stück Neunkircher Geschichte – eine Geschichte, in der der auch die DJK Neunkirchen in unmittelbarer Nachbarschaft zumindest ein knappes Jahrzehnt ihren Platz hatte.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort