"Diabetes hält mich von nichts ab"

Kohlhof. Bei einer Mini-Laugenbrezel (1,5 Broteinheiten), 110 Gramm Apfel (eine BE) und einem Glas Sprudel (null BE) kam man langsam ins Gespräch. Und siehe da: Die Berichte der Mamas und Papas ähnelten sich. Häufige Komponente waren Unwissenheit im Bekanntenkreis ("ihr seid selbst schuld, dass euer Kind krank ist") und Fehldiagnosen

Kohlhof. Bei einer Mini-Laugenbrezel (1,5 Broteinheiten), 110 Gramm Apfel (eine BE) und einem Glas Sprudel (null BE) kam man langsam ins Gespräch. Und siehe da: Die Berichte der Mamas und Papas ähnelten sich. Häufige Komponente waren Unwissenheit im Bekanntenkreis ("ihr seid selbst schuld, dass euer Kind krank ist") und Fehldiagnosen.Wie bei Anna-Lena: Mit drei Jahren verwandelte sich das kerngesunde Kind in eine Dauerpatientin. Furchtbare Bauchschmerzen und brennender Durst veranlassten Verena Weigt immer wieder, ihre Tochter der Kinderärztin vorzustellen. Die verordnete eine Wurmkur und gab ansonsten Entwarnung.Beim fünften Besuch fragte ein zufällig anwesender Kollege nach, wieviel das Kind denn trinke. "Drei Flaschen am Tag." Der Form halber wies der Arzt einen Blutzuckertest an. Mit den Worten "da hat was nicht geklappt", bat er später um eine Wiederholung. Heute weiß die Mutter, warum: "Der Wert lag bei 600 Milligramm pro Deziliter", normal sind 80 bis 110. Anna-Lena kam direkt ins Krankenhaus. "Gott sei Dank haben wir uns für den Kohlhof entschieden", betont Verena Weigt. "Das sind richtige Engel, die hier arbeiten."Die "Engel" waren am Samstag mit dem Deutschen Diabetiker Bund (DDB) erneut Gastgeber für den Saarländischen Kinder- und Jugenddiabetestag. In Saarland und Rheinland-Pfalz leiden etwa 1500 junge Menschen an "Zucker". Tendenz steigend: "Allein in den letzten zehn Jahren nahm die Häufigkeit um zwölf Prozent zu", mahnte Diabetologin Sabine Moser, die den Fachtag organisierte. Der verfolge drei Ziele: "Zum einen wollen wir mit den betroffenen Familien Probleme aus dem Alltag aufarbeiten." So wurde beispielsweise ein Insulinpumpen-Seminar angeboten und über rechtliche Dinge gesprochen. Ein großes Plus stellte die Kompetenz der Referenten dar. Nicht nur fachlich, sondern auch persönlich, da Dr. Christof Kazda und Dr. Matthias Frank selbst von Diabetes betroffen sind. Was ihre Ratschläge und Tipps um so wertvoller machte - in Sachen "Clever essen" genauso wie für Freizeitgestaltung. "Ob Schwimmen oder Fußballspielen, Diabetes hält mich von nichts ab", lautete das Credo von Kazda. Als zweiten Schwerpunkt nannte Sabine Moser die Vorstellung von Neuerungen aus Forschung und Technik wie "die weltweit dünnste Pen Nadel". Zusätzlich wolle man Eltern die Möglichkeit geben, "andere Betroffene kennen zu lernen". Organisiert sind diese außer beim DDB auch in der Großrosselner Diabetiker Sportgruppe und dem Bund diabetischer Kinder und Jugendlicher (Kaiserslautern).Um in Zeiten ständiger Kürzungen der Kassenleistungen die Interessen der Zuckerkranken effektiv vertreten zu können, sind die Verbände auf möglichst viele und aktive Mitglieder angewiesen. Doch daran hapere es, bedauert DDB-Beisitzer Volker Petzinger: "Meist gilt: konsumieren ja, engagieren nein." nig "Zuerst will man allein damit klar kommen, später sucht man dann Hilfe." Verena Weigt, betroffene Mutter

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