E-Government im Landkreis Neunkirchen Das Neuland der digitalen Verwaltung

Kreis Neunkirchen · Dienstleistungen von Ämtern sollen im Internet verfügbar werden. Eine Bestandsaufnahme im Landkreis Neunkirchen.

 Die Gemeinde Schiffweiler bietet auf ihrer Homepage unter dem Punkt "Online Behördengang" einige Formulare zum Download an.

Die Gemeinde Schiffweiler bietet auf ihrer Homepage unter dem Punkt "Online Behördengang" einige Formulare zum Download an.

Foto: Michael Kipp

Smartphone an: Steuern bezahlt. App eingeschaltet: Genehmigung beantragt. Illingens Bürgermeister Armin König bringt in zwei Sätzen auf den Punkt, was „E-Government“ konkret für den Bürger heißen kann und müsste. Doch der Verwaltungschef sagt auch offen: „Vom Ziel einer digitalen Verwaltung sind die saarländischen Gemeinden meilenweit entfernt.“ Wohl deshalb sei im E-Government-Gesetz, das der saarländische Landtag am 15. November verabschiedet hat, eine Umsetzungsfrist von 5 Jahren vorgesehen.

Die SZ hat in den sieben Städten und Gemeinden des Kreises nachgefragt, welche Behördengänge bereits heute online erledigt werden können, wie die Bürger dieses Angebot nutzen und ob die Verwaltungen die Gesetzesvorgabe als zeitlich realistisch ansehen. Um es vorweg zu schicken: Einer schnellen Umsetzung sehen die meisten Kommunen skeptisch entgegen. So heißt es beispielsweise von der Gemeinde Merchweiler: „Die Umsetzung verlangt von der Gemeinde einen hohen personellen und finanziellen Aufwand, zum Beispiel für die Schaffung der technischen Voraussetzungen, die Bereitstellung der entsprechenden Formulare, Schulungen der Mitarbeiter usw. Und dies vor dem Hintergrund, dass die Gemeinde Merchweiler zur Aufstellung und Einhaltung eines Haushaltssanierungsplans verpflichtet ist und somit jährliche erhebliche Einsparungen vornehmen muss.“ Ähnlich äußert sich die Gemeinde Spiesen-Elversberg. Die technische und organisatorische Umsetzung der neuen gesetzlichen Vorgaben erfordere Aufwände, die kurzfristig nicht erbracht werden könnten. Die Verwaltung werde jedoch daran arbeiten, die gesetzlichen Vorgaben fristgerecht umzusetzen. Auf der Homepage der Gemeinde bestehe durch die Verlinkung über den Punkt „Rathaus-Online“ die Möglichkeit, verschiedene Antragsformulare vorab auszufüllen und zu senden. Die Bürger müssten jedoch immer noch ihre Unterschrift im Rathaus leisten.

Finanzielle Hilfe des Landes sieht die Stadt Neunkirchen als notwendig an, um das Gros der Dienstleistungen auch online anbieten zu können. Schon heute können Neunkircher Bürger über die Webseite der Stadt verschiedene Urkunden wie Geburts- oder Eheurkunden beantragen. So hat das Standesamt pro Tag derzeit drei bis vier Anfragen zu Urkunden (rund 1000 im Jahr). Auch für das Beschwerdemanagement bzw. Anregungen gibt es ein Online-Formular. Dieses werde nach Angaben der Verwaltung sehr gut genutzt. Mängelmeldungen zu Straßenschäden oder auch Verbesserungsvorschläge werden an zentraler Stelle empfangen und an die Fachabteilungen zur Bearbeitung weitergeleitet. Immer beliebter ist offenbar die Beantragung von Briefwahlunterlagen via Internet. Bei der letzten Bundestagswahl gingen rund 6000 Anträge bei der Stadt Neunkirchen ein. Die Verwaltung verweist außerdem auf die Melderegisterauskünfte über das Meldeportal Saarland, betrieben vom Zweckverband eGo Saar sowie das Dienstleistungsportal Bürgerdienste Saar. Über dessen Regionalisierung für jede Gemeinde können individuelle Behördeninformationen, Formulare und aktuelle Informationen aufgerufen bzw. versandt werden. Diesen elektronischen Formulardienst nutzen beispielsweise Merchweiler Bürger bisher durchschnittlich zwei Mal im Monat.

Die Schiffweiler Bürger haben die Möglichkeit, in Zusammenarbeit mit dem eGo-Saar, Gewerbe auf elektronischem Weg an-, ab- und umzumelden. In der Rubrik „Online Behördengang“, die zirka 2000 Mal im Monat abgerufen werde, sind außerdem Terminanfragen über Trauungen, die Meldung von Fundsachen, Download von Formularen, der Überblick über Ansprechpartner oder Buchungsanfragen für Veranstaltungsstätten in der Gemeinde möglich. Sofern die rechtlichen Vorgaben eingehalten werden könnten, würde die Schiffweiler Verwaltung das Service- und Informationsangebot verbessern und erweitern, heißt es aus dem Rathaus.

Die Gemeinde Eppelborn verweist ebenfalls auf das landesweite Portal Bürgerdienste Saar. Daneben werden Online-Dienstleistungen auch auf www.eppelborn.de angeboten. So sind von etwa 20 Meldungen in diesem Jahr über das Bürgerservice-Formular (für Mängelmeldungen etc) zwei Drittel übers Internet gemeldet worden. Genau so einfach sei es, übers Internet einen Hund bei der Gemeinde Eppelborn an- und abzumelden, eine neue Mülltonne zu beantragen, eine Vereinsveranstaltung eintragen zu lassen, sich pdf-Formulare zur Baugenehmigung herunter zu laden und ähnliches. Über das von Bürgerdienste-Saar zur Verfügung gestellte Formular zur Beantragung der Briefwahl hatten bei der Bundestagswahl fast 500 Eppelborner ihre Unterlagen angefordert, ohne dass sie dafür eigens ins Rathaus gehen mussten. Auch ein großer Teil der Ausschreibungen der Gemeinde erfolge übers Internet, berichtet die Verwaltung. So haben sich in 2017 bei elf Ausschreibungen im Hoch- und Tiefbau mehr als 75 Firmen online die kompletten Ausschreibungsunterlagen heruntergeladen, teilt die Verwaltung mit. Amtliche Bekanntmachungen, Offenlagen mit allen Unterlagen zum Downloaden sowie Stellenausschreibungen, Bekanntmachungen von Gremiensitzungen usw. seien auch auf www.eppelborn.de im Vorgriff auf das neue E-Government-Gesetz bereits seit längerer Zeit abrufbar. Geplant seien weitere Maßnahmen wie die papierlose, elektronische Aktenführung oder der Ausbau von ePayments und der eVergabe.

Die Ottweiler Bürger finden ebenfalls einige Antragsformulare (Hundesteuer, Wohnungsgeberbescheinigung etc.) über die Homepage www.ottweiler.de. Eine verlässliche Aussage darüber, ob und wie die Stadtverwaltung das Gesetzesziel von E-Government für realistisch hält, könne man zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht treffen. Die Inhalte des relativ neuen Gesetzes müssten erst intern erörtert werden.

Zahlreiche Behördengänge sind auch in der Gemeinde Illingen nach und nach überflüssig geworden. Sei es der Ticketverkauf für die Illipse oder der Antrag für den Wahlschein. Erste Erfahrungen habe man mit der digitalen e-Vergabe für Ausschreibungen und Vergaben von Bauaufträgen und Dienstleistungen gemacht. Das müsse aber ab 2018 systematisch erfolgen, meint Bürgermeister Armin König. „Wir favorisieren eine zentrale Vergabestelle im Kreis.“ Der Verwaltungschef hat sich grundsätzlich Gedanken zum Thema E-Government gemacht; er sieht sowohl auf Ebene der Kommunen als auch im Land noch etliche Baustellen. „Im Hinblick auf elektronische Verwaltung ist das Saarland tiefstes Entwicklungsland.“ Das Grundübel sei, dass nicht Informatiker den Prozess steuerten, sondern Verwaltungsmenschen, die die alt-ehrwürdigen Strukturen in digitale Prozesse umwandeln wollten. Das gehe aber nicht. König sieht das Thema digitale Verwaltung als eine Führungsaufgabe: Visionen fürs Land entwickeln, die Digital-Profis der Uni und der Wirtschaft an Bord holen, Geld in die Hand zu nehmen und die Umsetzung (auch in der Landesverwaltung) organisieren. König nennt eine Größenordnung von 100 Millionen Euro, die das Land dafür aufbringen müsste. Er meint aber auch: „Die 100 Millionen Euro sind in fünf Jahren wieder erwirtschaftet, anschließend ist das Saarland das modernste Bundesland Deutschlands. Wenn man will.“

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