Neues Leben dank neuer Leber

Hassel. Doris Schäfer ist 80 Jahre alt und doch feiert sie in diesem Jahr ihren 20. Geburtstag. Denn im Alter von 60 Jahren haben Ärzte ihr ein zweites Leben geschenkt. Sie war damals für vier Minuten tot. Doris Schäfers Geschichte zu ihrem zweiten Leben beginnt 1989 auf einer Familienfeier

 Doris und Ferdinand Schäfer aus Hassel sind seit 56 Jahren verheiratet. Ihre Krankheit hat die beiden noch stärker zusammengeschweißt. Foto: SZ

Doris und Ferdinand Schäfer aus Hassel sind seit 56 Jahren verheiratet. Ihre Krankheit hat die beiden noch stärker zusammengeschweißt. Foto: SZ

Hassel. Doris Schäfer ist 80 Jahre alt und doch feiert sie in diesem Jahr ihren 20. Geburtstag. Denn im Alter von 60 Jahren haben Ärzte ihr ein zweites Leben geschenkt. Sie war damals für vier Minuten tot. Doris Schäfers Geschichte zu ihrem zweiten Leben beginnt 1989 auf einer Familienfeier. "Eine Bekannte hat zu mir gesagt: Du siehst aus, wie eine graue Maus", erinnert sich Schäfer. Daraufhin ist sie zu ihrem Hausarzt gegangen, der sie sofort ins Krankenhaus überwiesen hat. Dort blieb sie von November bis Januar, ehe sie in die damalige Leberklinik nach Bad Kissingen verlegt wurde. Dort folgte die Diagnose: Leberzirrhose. "Am Rosenmontag haben sie mir gesagt, dass ich transplantiert werden muss", erzählt Doris Schäfer. Für ihren Mann Ferdinand war die Diagnose ein traumatisches Erlebnis. Er begleitete seine Frau in eine Spezialklinik nach Berlin, die heutige Charité, auf die Transplantations-Station von Professor Peter Neuhaus. "Es war ein Riesenkomplex", erinnert sich Doris Schäfer. Bis spät in den Abend hinein sei sie von Untersuchung zu Untersuchung gebracht worden. "Ich war die Nummer 38 auf der Transplantationsliste", weiß die 80-Jährige. Dass sie innerhalb von nur elf Tagen eine neue Leber bekommen hat, ist für sie heute noch unbegreiflich. In einer zehnstündigen Operation wurde die neue Leber transplantiert. Knapp vier Wochen nach der Operation ging es für die Patientin zur Kur. Doch dort blieb sie nicht lange. Sie bekam Fieber und es ging zurück ins Berliner Krankenhaus. Dort wurde festgestellt, dass der Körper die neue Leber abgestoßen hatte. Also musste sie sich am 12. Mai 1990 einer zweiten Transplantation unterziehen. Während der Operation hörte ihr Herz auf zu schlagen - für vier Minuten. Vier Minuten, in denen die Ärzte um sie kämpften. "Ich habe gar nichts mitgekriegt. Ich sage immer, sterben ist nicht schlimm." Das sieht ihr Mann Ferdinand anders. Denn er hat viel Angst gehabt damals. Gleichzeitig hatte er "großes Vertrauen in die Kunst der Ärzte". Trost fand er bei seinen Töchtern und seinem Sohn. Sie waren so oft sie konnten in Berlin. Nach der zweiten Transplantation gab es eine Zeit, in der Doris Schäfer kraftlos war. "Ich will nicht mehr" sagte sie einem der Ärzte. Mit Tränen in den Augen erzählt ihr Mann Ferdinand wie der Arzt seine Frau damals geschüttelt und dann gesagt habe: "Jetzt haben wir dich aus dem Himmel geholt. Jetzt bleibst du hier."Von November 1989 bis Oktober 1990 war die 80-Jährige mit kurzen Unterbrechungen nur im Krankenhaus. Der Wunsch für ihre Kinder und Enkel da zu sein, habe ihr in dieser Zeit Kraft gegeben. "Nach solchen Ereignissen wächst eine Familie noch mehr zusammen", sagt Ferdinand Schäfer, der seit 56 Jahren mit seiner Doris verheiratet ist. Doris Schäfers Krankheit war nicht nur für das Ehepaar ein einschneidendes Erlebnis, sondern auch für deren Kinder. Sowohl ihre Töchter als auch ihr Sohn haben einen Organspendeausweis. Denn durch die Krankheit ihrer Mutter wissen sie, dass ein solcher Ausweis Leben retten kann. Doris und Ferdinand Schäfer haben ihre Geschichte erzählt, um an die Wichtigkeit der Organspende zu erinnern. "Es ist etwas Besonderes, dass es so etwas überhaupt gibt", sagt Doris Schäfer ehrfürchtig.

HINTERGRUNDMit einem Organspendeausweis kann der Inhaber festlegen, was nach seinem Tod mit seinen Organen und Gewebe passiert. Er kann die Spende verweigern, seine Organe uneingeschränkt spenden, bestimmte Organe spenden oder sie von einer Spende ausschließen oder einer bestimmten Person die Entscheidung nach dem Tod überlassen. Der Ausweis ist in Apotheken, Arztpraxen und Krankenhäusern kostenlos erhältlich. evy

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