Neuer Anlauf für Wahlrecht ab 16

Saarbrücken. Als Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) in einer der Diskussionsrunden vor der Landtagswahl gefragt wurde, in welchem Punkt sie der SPD in Koalitionsverhandlungen auf gar keinen Fall nachgeben werde, überlegte sie kurz und sagte dann: Eine Absenkung des Wahlalters auf 16 Jahre sei mit ihr nicht zu machen

 In Mecklenburg-Vorpommern dürfen Jugendliche bereits mit 16 Jahren bei Kommunalwahlen wählen. Das Gleiche fordern Jusos und Linke nun auch für das Saarland. Foto: dpa

In Mecklenburg-Vorpommern dürfen Jugendliche bereits mit 16 Jahren bei Kommunalwahlen wählen. Das Gleiche fordern Jusos und Linke nun auch für das Saarland. Foto: dpa

Saarbrücken. Als Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) in einer der Diskussionsrunden vor der Landtagswahl gefragt wurde, in welchem Punkt sie der SPD in Koalitionsverhandlungen auf gar keinen Fall nachgeben werde, überlegte sie kurz und sagte dann: Eine Absenkung des Wahlalters auf 16 Jahre sei mit ihr nicht zu machen. Im Koalitionsvertrag ist davon denn auch nichts zu lesen, nicht einmal auf einen unverbindlichen "Prüfauftrag" konnten sich CDU und SPD einigen. Damit ist das Thema für die Dauer der großen Koalition vom Tisch.Doch die politische Linke hält es, zumindest in der nachrichtenarmen Sommerpause, weiter am Köcheln. "Bremen hat es vorgemacht. Es gibt absolut keinen Grund, warum das nicht auch bei uns im Saarland möglich sein soll", erklärte Linken-Landeschef Rolf Linsler jüngst. Druck macht auch der SPD-Nachwuchs: Der Landesvorsitzende der Jungsozialisten, Sebastian Thul, teilte mit: "Wir erwarten, dass junge Menschen immer früher studieren oder eine Ausbildung anfangen, sprechen ihnen aber gleichzeitig das Wahlrecht ab. Dieser Zustand ist nicht länger hinnehmbar." Die Absenkung des Wahlalters sei ein wichtiger Baustein, um das Interesse der Jugendlichen an der Politik zu steigern. Auch Piraten und Grünen sind dieser Meinung. Als Regierungspartei bissen sich die Grünen damit aber schon an ihren damaligen Koalitionspartnern CDU und FDP die Zähne aus.

Im Landtag ist die CDU als einzige Fraktion dagegen, dass Jugendliche schon mit 16 an Landtags- und Kommunalwahlen teilnehmen dürfen. "Staatsbürgerliche Rechte und Pflichten sind aus gutem Grund miteinander gekoppelt", sagte Generalsekretär Roland Theis. Durch eine Senkung des Wahlalters würde die sinnvolle Verknüpfung zwischen Volljährigkeit und Wahlrecht aufgehoben. "Das halten wir für falsch." Er wirft den Befürwortern eine "plakative Anbiederung" vor. Wichtiger seien konkrete Projekte wie das begleitete Fahren ab 17 Jahren oder Nachtbusse. Das sieht auch die Landesspitze der Jungen Union (JU) so, wenngleich hier Bewegung in die Diskussion zu kommen scheint: Der Kreisverband St. Wendel hält es für sinnvoll, bei Kommunalwahlen 16- und 17-Jährigen das aktive Wahlrecht zu geben - eine Position, die auch die Gesamtlandesschülervertretung teilt. JU-Landeschef Markus Uhl erwartet für den Landestag des Parteinachwuchses am 8. September daher eine Debatte über das Thema.

Erstmals auf Landesebene durften 16- und 17-Jährige im Mai 2011 in Bremen abstimmen. Nach Analysen der "Forschungsgruppe Wahlen" entschieden sich 33 Prozent dieser Wählergruppe für die Grünen, 29 Prozent für die SPD - und nur elf Prozent für die CDU. Die Wahlbeteiligung unter den 16- bis 21-Jährigen - der Wert nur für 16- und 17-Jährige wurde nicht ermittelt - lag amtlichen Angaben zufolge bei knapp 50 Prozent und damit etwas niedriger als die Beteiligung insgesamt (53,6 Prozent). "Trotz intensiver Bemühungen durch Werbung an Schulen und bei Jugendlichen im entsprechenden Alter ist keine Beteiligung erreicht worden, die zufriedenstellend ist", sagt CDU-General Theis. Bremens Regierungschef Jens Böhrnsen (SPD) hingegen schwärmt bereits von einem "Exportartikel" seines Landes: Brandenburg habe eine Senkung des Wahlalters beschlossen, in weiteren Ländern gebe es Bestrebungen. Im Saarland findet dieser Exportartikel vorerst keine Verwendung.

Misstraut CDU der Jugend?

Von SZ-RedakteurDietmar Klostermann

Einleuchtend ist die Argumentation der Saar-CDU nicht: "Anbiederung" soll die Forderung nach einer Absenkung des Wahlalters sein. Dabei hat die Saar-CDU doch selbst das Abitur in acht Jahren eingeführt, das Jugendliche mit 17 Jahren dem Ernst des Lebens aussetzt. Oder ihre eigenen Kinder gehen mit 15 Jahren ein Jahr in einen Schüleraustausch nach Argentinien oder Japan. Wer der Jugend so viel Verantwortung gibt, kann auch auf ihr Politikverständnis bauen. Oder hat die Saar-CDU etwa Angst, dass die Jugendlichen ihr Kreuzchen an der falschen Stelle machen? Dieser Verdacht keimt stetig.

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