Modellprojekt im Saarland ausgelaufen Weiter-Finanzierung von Projekt für kostenfreie Verhütung offen

Saarbrücken · Kostenfreie Verhütung für Frauen mit wenig Geld? Genau das fordert Pro Familia. Kürzlich endete das Modellprojekt „Biko“, bei dem es um genau das ging.

 Können sich Frauen mit wenig Geld bald keine Verhütung mehr leisten, weil entsprechendes Förderprojekt im Saarland ausgelaufen ist? (Symbolbild)

Können sich Frauen mit wenig Geld bald keine Verhütung mehr leisten, weil entsprechendes Förderprojekt im Saarland ausgelaufen ist? (Symbolbild)

Foto: BECKER&BREDEL/bub

Biko steht hierbei für „Beratung, Information und Kostenübernahme bei Verhütung“.  An sieben Standorten in Deutschland erhielten Frauen, die Anspruch auf Sozialleistungen haben, ihr verschreibungspflichtiges Verhütungsmittel gratis. Das Projekt startete im Januar 2017. Saarbrücken war die einzige teilnehmende Stadt im Südwesten, daneben gab es Biko unter anderem in Erfurt, Lübeck und Recklinghausen.

Freier Zugang zu Verhütung sei für Pro Familia essenziell für das Recht auf sexuelle Selbstbestimmung, so Karin Biewer, Geschäftsführerin von Pro Familia Saarbrücken. Diese Überzeugung war der Auslöser für Biko.

Frauen mit Anspruch auf Sozialleistungen sollen hierbei keine Kosten für verschreibungspflichtige Verhütungsmittel übernehmen müssen, sofern sie den Kriterien für einen solchen Antrag entsprechen. Konkret sind das Frauen ab 22 Jahren, die an einem der Projektstandorte wohnen, und finanzielle Unterstützung wie etwa Arbeitslosengeld II oder BAföG bekommen.

Wird der Antrag bewilligt, so können die teilnehmenden Frauen mit ihrem Rezept in der Apotheke gratis ihr Verhütungsmittel erhalten. Die gefragtesten Mittel waren hierbei die Hormon- und Kupferspirale, gefolgt von der Pille. Auch der Verhütungsring oder Hormonpflaster waren bei den Patientinnen beliebt. Sehr gering war die Nachfrage nach der „Pille danach“, da diese seit 2015 rezeptfrei in Apotheken erhältlich ist. Auch empfängnisverhütende Mittel wie Kupferspiralen, die von einem Arzt eingesetzt werden, werden durch Biko abgedeckt.

Die kostenlose Abgabe von Verhütungsmitteln sei gerade für Frauen mit geringem Einkommen sehr wichtig. „Bei dem geringen Budget, das manche zur Verfügung haben, fällt das Thema Verhütung oft hinten runter“, so Biewer. Dadurch könne keine Sicherheit bei der Empfängnisverhütung gewährleistet werden, und es gebe häufiger ungewollte Schwangerschaften. „Es wird wie selbstverständlich davon ausgegangen, dass Verhütung heute kein Problem mehr ist. Unsere Beratungsrealität ist da eine ganz andere“, kritisiert  Sarah Klein, die Biko bei Pro Familia in Saarbrücken verwaltet. Darüber hinaus bemängelt sie, dass nur Frauen mit Wohnsitz in Saarbrücken Anspruch auf Kostenübernahme hatten. Viele Anfragen kamen beispielsweise aus dem Raum Völklingen, generell bestünde im ganzen Saarland großer Bedarf.

Bisher hat das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend das Modellprojekt finanziert. Grundsätzlich befürwortet die saarländische Landesregierung die Forderung, dass die Kosten für ärztlich verordnete Verhütungsmittel  für Frauen mit geringem Einkommen übernommen werden. „Zunächst sollten aber die Finanzierungsmöglichkeiten geklärt werden“, so Sarah Joseph, Sprecherin des saarländischen Frauenministeriums.  Bisher fehlen Evaluationszahlen, um einen konkreten Antrag auf Finanzierung zu stellen. Diese werden im kommenden September veröffentlicht.

Am Projektstandort Lübeck ist eine Anschlussfinanzierung bereits bewilligt worden. Hier hatte das Modellprojekt eine Vorlaufzeit von drei Monaten und endete somit bereits im März. Es ergaben sich Gesamtkosten von 150 000 Euro. Pro Familia hofft, mit ihrem Projekt eine Debatte im Bundestag anzustoßen, und in Zukunft allen Frauen freien Zugang zu Verhütungsmitteln zu ermöglichen.

Auch fehle, so Klein, vielen Gynäkologen oft die Zeit für eine umfassende Beratung der Patientinnen.  Über die vergangenen zweieinhalb Jahre sei durch biko ein Netzwerk von Ärzten, Apotheken und der Beratung bei Pro Familia entstanden, das diesen Mangel an Aufklärung abdeckt, berichten Klein und Biewer. Für Menschen mit Migrationshintergrund konnte die Beratung mithilfe von Videodolmetschern erleichtert werden. Dies sei für viele Frauen ein großer Erfolg gewesen und habe sich schnell herumgesprochen, freut sich Klein. Biko stünde nicht umsonst für „Beratung, Information und Kostenübernahme“ – alle dieser Ziele wurden erfüllt.

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