Frauen-Kunst für Kloster Eine Frau für die Tholeyer Mönche

Saarbrücken · Ist eine nicht-christliche Künstlerin die Richtige, um die Fenster in der denkmalgeschützten Tholeyer Abteikirche zu gestalten? Die Mönche meinen ja. Dürfen sie das allein bestimmen?

 Seit 2009 wird saniert: Derzeit sind Kirchenschiff und Turm der Abteikirche St. Mauritius in Tholey eingerüstet.

Seit 2009 wird saniert: Derzeit sind Kirchenschiff und Turm der Abteikirche St. Mauritius in Tholey eingerüstet.

Foto: B&K/Bonenberger/

Die halbe Welt spricht von Gerhard Richter. Aber wer war Robert Köck? Und wer ist Mahbuba Elham Maqsoodi? Diese drei Namen sind durch die Tholeyer Abteikirche St. Mauritius (1264) engstens verbunden. Bekanntlich wird Richter, der Megastar unter Deutschlands Künstlern, die Chorfenster in der Tholeyer Abteikirche gestalten. Aber das sind nur drei von über 35 Fenstern, die, weil marode, ersetzt werden müssen.

Längst sind sie ausgebaut, wurden als Kulturerbe fachgerecht eingelagert. Doch für Besucher sind sie verloren. Köck (1924-2016), ausgebildet an der Landeskunstschule in Mainz, aber nie berühmt, schuf sie zwischen 1958 und 1961, angeblich in großer Hast. Damals gehörte Köck selbst dem Konvent an, den er später verließ. Inspirieren ließ er sich vom Pionier abstrakter sakraler Kunst – Georg Meistermann (1911-1990). Deshalb haben auch Köcks Fenster keine figürlichen Darstellungen. Das wird sich ändern. Denn die Tholeyer Fratres haben Mahbuba Elham Maqsoodi (geb. 1957) engagiert, eine aus Afghanistan stammende Glaskünstlerin, die für die renommierten Mayrschen Hofkunstanstalten in München arbeitet. Sie hat eine Vorliebe für Figuratives, für Erkennbarkeit. Genau danach suchte die Klostergemeinschaft. „Wir wollen die Menschen erreichen“, sagt deren Sprecher Frater Wendelinus (Johannes Naumann), also weg von der Abstraktion. Hin zu Dekoration? Nein, sagt Frater Wendelinus. Man habe sich den Experten Dr. Ivo Rauch als Berater geholt, habe international nach Künstlern gesucht, sieben zu einem Ideenwettbewerb eingeladen. Maqsoodi habe gesiegt.

Fürchtet man keine Proteste? nach dem Muster: Darf man einer Frau ohne christlichen Glauben Fenster in einer katholischen Kirche anvertrauen? Die christliche Botschaft sei universal, antwortet Frater Wendelinus. Maqsoodi habe sich mit der christlichen Tradition befasst, zudem existiere in der Theologie der Begriff der anonymen (unbewussten) Christen. Frater Wendelinus abschließend: „Wir wollen doch nicht kleinkariert sein!“

Die Gemeinde folgt dieser Sichtweise, wie man von verschiedener Seite hört. Dass eine Frau mit anderem kulturellem Hintergrund die Fenster gestalte, sei überhaupt kein Thema, sagt unter anderem Pfarrgemeinderatsvorsitzende Ute Morbach. Sie berichtet lediglich von „Verlustgefühlen“ Einzelner, weil die alten Fenster weg seien. Niemand fordere, Köcks Motive zu kopieren. Sie sagt: „Man akzeptiert, dass die Entscheidungen in den Händen der Abtei liegen.“ Dass das tatsächlich so ist, dafür wurde gesorgt. Seit 6. Dezember haben die Fratres es schriftlich: Sie dürfen mit dem juristischen „Segen“ des Papstes über die Innenraumgestaltung der Abteikirche allein entscheiden. Also auch darüber, welcher Künstler die Neugestaltung der Kirchenfenster übernimmt. Erzbischof Dr. Nikola Eterovic, der Nuntius des Papstes in der Bundesrepublik, bestätigte in seinem Brief, der der SZ vorliegt, „dass der Kirchenbau als ganzer ein geweihter Raum ist.“ Eterovic folgt damit einem Rechtsgutachten von Prälat Professor Dr. Maximilian Joh. Hommes, in dem es unter anderem hieß, „dass der Staat kein Recht hat, in die (innere) Ordnung der katholischen Kirche einzugreifen, schon gar nicht in die Ordnung des Gottesdienstes und der hierfür vorgesehen Bauten“. Verwiesen wird auch auf das Kirchenrecht, das bei der Wiederherstellung von Kirchen die „Beiziehung des Rates von Sachverständigen“ vorsieht. Hommes wörtlich: „Rat bedeutet aber keine Anweisung oder Befehl!“

Doch wozu all diese Umstände? Offensichtlich kam es bei der Sanierung des frühgotischen Baus zu „unterschiedlichen Auffassungen“ mit der staatlichen Denkmalpflege. Diese geschmeidige Formulierung wählt Frater Wendelinus und nennt als Beispiel dafür die Farbgebung. Hell wollen es die Fratres – angeblich keine deutsche Gotik. Das im Sommer 2018 novellierte saarländische Denkmalschutzgesetz sieht in einem solchen Fall das Einschalten einer „kirchlichen Oberbehörde“ vor. Das ist nun geschehen. „Wir gehen den Sanierungsweg selbstverständlich gemeinsam mit dem Denkmalschutz, aber wir wollten Sicherheit und möchten keine Gnade für unsere Entscheidungen, sondern das Recht dazu.“ Ganz wichtig ist der Klostergemeinschaft in diesem Zusammenhang, dass keine Steuermittel für die Sanierung benutzt werden. Bekanntlich übernimmt die Firma Meiser (Gitterroste, Limbach) den Hauptteil. „Die Familie Meiser hat der Abtei vor Beginn der Arbeiten eine erhebliche Finanzierung übertragen“, sagt Frater Wendelinus. „Die Finanzmittel sind nicht mehr bei der Familie Meiser, sondern beim Verein Geistliches Zentrum Bendiktinerabtei Tholey e.V.“ Damit möchte die Klostergemeinschaft Gerüchten entgegen wirken, die Familie Meiser steuere den Prozess.

Wie die Denkmalschutzbehörde in Saarbrücken die Tholeyer Geschehnisse wertet, war gestern nicht in Erfahrung zu bringen. Freilich könnte sich ein ganz anderes Konfliktfeld auftun, eines das mit Geschmacksfragen zu tun hat: Halten Maqsoodis Fenster der Qualität eines Gerhard Richter stand, bieten sie ein stimmiges, angemessenes Umfeld?

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