Ämterhäufung Neue Debatte über Aufsichtsrats-Mandate

Saarbrücken · Die Abgeordneten müssen ihre Nebeneinkünfte schon heute offenlegen. Werden die Regeln wegen des LSVS-Skandals jetzt noch einmal verschärft?

Der Landtag wird am kommenden Mittwoch auf Antrag der Linken über einen Ehrenkodex für die Abgeordneten diskutieren. Auslöser war die Ämterhäufung von Landtagspräsident Klaus Meiser (CDU, oben Mitte).

Der Landtag wird am kommenden Mittwoch auf Antrag der Linken über einen Ehrenkodex für die Abgeordneten diskutieren. Auslöser war die Ämterhäufung von Landtagspräsident Klaus Meiser (CDU, oben Mitte).

Foto: BeckerBredel/bub_fb

Ziemlich genau 24 Stunden brauchte die CDU-Spitze, um ihre Haltung gegenüber dem vielbeschäftigten Landtagspräsidenten und Parteifreund Klaus Meiser zu ändern. Am Montag um 13 Uhr hatte Fraktionschef Tobias Hans auf die Frage nach den zahlreichen Aufsichts-, Verwaltungs- und Beiratsposten Meisers noch geantwortet, er mache seinen Job als Parlamentspräsident nach wie vor mit Verve und werde seinen Aufgaben gerecht. „Was er darüber hinaus in seiner Freizeit macht, ist allein die Entscheidung des Einzelnen.“

Das sah Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer einen Tag später anders. Als sie am Dienstagmittag vor die Presse trat, war eigentlich ein Statement zur bevorstehenden Ministerpräsidentenkonferenz unter saarländischer Führung angekündigt. Doch die Journalisten interessierten sich weniger für die x-te Änderung des Glücksspielstaatsvertrages und mehr für die Affäre beim Landessportverband (LSVS) und die dadurch ausgelöste Diskussion um Ämterhäufung im Landtag.

Das war Kramp-Karrenbauer vielleicht gar nicht Unrecht, denn allem Anschein nach wollte sie eine Botschaft loswerden an alle, die mit Meisers Ämterhäufung hadern. An Leute wie den Saarbrücker CDU-Kommunalpolitiker Michael Voltmer, der als Einziger öffentliche Kritik an Meiser gewagt hatte: Dessen Einkünfte als Aufsichtsrat müssten „einem normalen Bürger die Zornesröte ins Gesicht treiben“, hatte er der SZ gesagt. Heute sagt Voltmer, er habe auf diese Aussage „nur positive Reaktionen“ aus der Partei bekommen.

Kramp-Karrenbauers Botschaft lautete sinngemäß: Meiser wird künftig auf jene Posten verzichten, die nichts mit seinen Ämtern als Landtagspräsident und als LSVS-Präsident zu tun haben. Dass sie Meiser diese Entscheidung nicht selbst mitteilen ließ, sondern in dessen Abwesenheit verkündete, ist zumindest bemerkenswert.

Konkret nannte sie den Aufsichtsratsposten beim Bergbaukonzern RAG (dorthin wurde er von der Arbeitnehmerseite entsandt) und im Verwaltungsrat der Saar-LB (ent­sandt vom Land). Nach den Veröffentlichungen bringt der RAG-Job Meiser zwischen 30 000 und 50 000 Euro im Jahr ein und das Amt bei der Saar-LB zwischen 7000 und 15 000 Euro – zusätzlich zu seinem Monatssalär als Landtagspräsident von 11 264 Euro plus 1844 Euro steuerfreier Aufwandsentschädigung und 25 Euro je Sitzungstag im Landtag.

Unkritisch sind jene Posten, die Meiser in seiner Funktion als Landtagspräsident mit übernommen hat. Einem guten Brauch folgend ist etwa der oberste Repräsentant des Parlaments Vorsitzender des Vereins „Wir im Verein mit dir“ und des Kuratoriums des Bergmannshilfswerks Luisenthal. Mit seinem Posten als LSVS-Chef haben die Aufsichtsratsmandate bei Saartoto und der 100-prozentigen Saartoto-Tochter Saarland Spielbanken GmbH zu tun, weil der LSVS Anteile an der Lottogesellschaft hält. Ebenfalls auf dem Ticket des LSVS ist Meiser stellvertretender Vorsitzender der Sportplanungskommission, die Saartoto-Gelder für Sportanlagen verteilt.

Interessanter dürfte sein, was Meiser nun mit seinen Mandaten im Verwaltungsrat und im Kreditausschuss der Sparkasse Saarbrücken macht. Entsandt wurde er in diese Gremien vom Stadtrat und der Regionalverbandsversammlung. Und dann sitzt er laut Veröffentlichung des Landtags noch in zwei Beiräten der Saarland-Versicherungen.

In der Landtagsdebatte am Mittwoch will die Linke nun einen Ehrenkodex für alle 51 Abgeordneten fordern. Sie sollen sich verpflichten, nicht mehr als drei Mandate in Aufsichts- und Verwaltungsräten zu übernehmen, damit sie sich nicht überfordern. Derzeit sind die Abgeordneten verpflichtet, Einkünfte aus Tätigkeiten als Vorstand, Aufsichtsrat, Verwaltungsrat oder Beirat eines Unternehmens, einer Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts oder eines Vereins, Verbandes oder einer Stiftung anzugeben. Ihre Einkünfte müssen sie in verschiedenen Stufen (Beispiel: 30 000 bis 50 000 pro Jahr) angeben, wenn diese 1000 Euro im Monat oder 10 000 Euro im Jahr übersteigen.

Auf diese Weise erfährt man beispielsweise, dass die Kölner Vermögensverwaltung Flossbach von Storch AG dem Linken-Fraktionschef Oskar Lafontaine für einen Vortrag am 14. September 2017 auf einer Investorenkonferenz zwischen 7000 und 15 000 Euro gezahlt hat, dass CDU-Mann Peter Strobel mit seinem Zulieferbetrieb der Lebensmittelbranche im Jahr Einkünfte von mehr als 250 000 Euro erzielt oder Eugen Roth (SPD) vom DGB für 3500 bis 7000 Euro pro Monat als stellvertretender Bezirks-Chef beschäftigt wird; zusätzlich erhält der Präsident der Saar-Handballer pro Jahr noch 15 000 bis 30 000 Euro als Aufsichtsratsmitglied der Dillinger Hütte.

Weitere Beispiele: Petra Berg bekommt für ihren Job als SPD-Generalsekretärin von der Partei monatlich 1000 bis 3500 Euro – genauso viel wie CDU-Fraktionschef Tobias Hans für seinen Posten als Aufsichtsrats-Chef bei der Caritas-Trägergesellschaft Saarbrücken (cts) und Bernd Wegner (CDU) als Präsident der Handwerkskammer. Wobei Wegner, Inhaber eines Schuhmacher-Betriebs und Präsident der saarländischen Ringer, auch vom Privatversicherer Signal Iduna jährlich 15 000 bis 30 000 Euro einstreicht. Hans Peter Kurtz (SPD) verdient als Bevollmächtigter der IG Metall 3500 bis 7000 Euro im Monat und Lutz Hecker (AfD) erhielt 2017 für Beratungsleistungen von der Firma Enrotec Anlagenbau 7000 bis 15 000 Euro.

Sollte sich die Linke mit ihrem Ansinnen durchsetzen, was unwahrscheinlich sein dürfte, dann wären davon einige Abgeordnete betroffen. Es kommt darauf an, wie der Kodex genau aussähe. Spitzenreiter bei den Aufsichts-, Verwaltungs- und Beiräten sowie Kuratorien und Stiftungsräten sind die Minister Anke Rehlinger und Ulrich Commerçon (SPD). Das hängt aber damit zusammen, dass sie als Minister das Land zum Beispiel in den Gremien des Staatstheaters, des Universitätsklinikums, der Saar-LB, des Weltkulturerbes, der Tourismus-Zentrale, von Saartoto und in Gremien anderer – auch bundesweiter – Institutionen vertreten. Ob der Antrag der Linken aber gerade dies unterbinden will, dürfte fraglich sein.

Der SPD-Abgeordnete Sebastian Thul ließ bereits erkennen, dass er wenig Sympathien für den Linken-Vorstoß hat. „Ich würde das eher in der Selbstverantwortung der Politiker sehen.“ Er zeigte sich aber offen dafür, dass Abgeordnete neben ihren Mandaten und den daraus erzielten Einkünften künftig auch den Zeitaufwand angeben müssen, der dahinter steckt.

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