Neue Adresse: alte Post

Saarbrücken. Das Kultusministerium wackelt. In die Büros wurden Stütz-Säulen eingezogen - eine auf Dauer unhaltbare Situation. 250 Mitarbeiter müssen raus aus dem renovierungsbedürftigen Denkmal, einem markanten, eleganten Pingusson-Bau, 1951-1954 als französische Botschaft gebaut

 Hinter der historischen Fassade: Innenhof-Tristesse der alten Post. Foto: Becker&Bredel

Hinter der historischen Fassade: Innenhof-Tristesse der alten Post. Foto: Becker&Bredel

Saarbrücken. Das Kultusministerium wackelt. In die Büros wurden Stütz-Säulen eingezogen - eine auf Dauer unhaltbare Situation. 250 Mitarbeiter müssen raus aus dem renovierungsbedürftigen Denkmal, einem markanten, eleganten Pingusson-Bau, 1951-1954 als französische Botschaft gebaut. Auch die aus der Völkerbundzeit stammende Oberpostdirektion (1930), seit 18 Jahren ungenutzt, ist auf dem Weg zur Ruine. Beide Denkmäler werden nun nach neuesten Energie-Standards grundsaniert. Zunächst die alte Post. Denn sie wird vom Land Ende 2012 für fünf Jahre als Ausweichquartier für das Bildungsministerium angemietet. Geschätzter jährlicher Mietpreis für rund 8500 Quadratmeter: rund eine Million Euro. Ein Investor - die Saarbrücker Firma Munitor - übernimmt die Sanierungs- und Umbaukosten. Die Rede ist von etwa 20 Millionen Euro. Munitor richtet das Gebäude jedoch nicht nur für die Bedürfnisse des Ministeriums her, sondern baut einen vielfach nutzbaren Büro-Komplex. Die historische Fassade bleibt erhalten. Dies erläuterte gestern Finanz-Staatssekretär Gerhard Wack (CDU), der das Vorhaben zusammen mit weiteren Regierungsmitgliedern auf einer Pressekonferenz vorstellte. Wack nennt die Zwischenunterbringungs-Lösung des Ministeriums in der Saarbrücker Innenstadt dank niedriger Büroflächen-Preise eine "kostengünstige Variante". Für die Wahl der alten Post habe vor allem auch gesprochen, dass der Investor überwiegend saarländische Firmen einsetzen wolle. Das Saarbrücker Architekturbüro Alt & Britz sei beauftragt worden.Zusätzlich wirkten "städtebauliche" Gründe ausschlaggebend. Umwelt-Staatssekretär Klaus Borger (Grüne) erwartet, dass rund um die alte Post ein "tolles Quartier" entsteht, eine "neue Visitenkarte" für die Landeshauptstadt. Die müsse für die Platz-"Infrastruktur" sorgen: "Wenn das Land Impulse setzt, muss auch Saarbrücken etwas tun." Und was passiert mit dem Kultusministerium? Wie teuer dessen Ertüchtigung wird, war gestern immer noch nicht zu hören. Kolportiert wurde bisher eine Summe zwischen 30 und 40 Millionen Euro. "Wir bekommen erst ein vernünftiges Bild über die Schäden, wenn das Haus leer geräumt ist", sagte Wack. Bildungsminister Klaus Kessler (Grüne) verwies auf die Sanierungs-Dringlichkeit, um aktuelle Wärme- und Schallschutz-Anforderungen zu erfüllen. Das Gebäude benötige eine neue Heizung und eine Fassaden-Erneuerung samt Isolierung, auch entsprächen die beengten Mitarbeiter-Büros nicht mehr dem Standard. "Fest steht: Alle werden sich durch den Umzug verbessern außer dem Minister", so Kessler. Sein stilvolles Ministerbüro mit Parkblick gilt als das schönste.

Kessler betonte, die Landesregierung halte sich "alle Optionen" für eine Neunutzung des Pingusson-Gebäudes nach der Sanierung offen. Es sei nicht zwingend, dass das Bildungsministerium wieder einziehe, auch eine andere Landesbehörde komme in Frage. Was heißt: Kessler schließt nicht aus, dass seine Mitarbeiter auf Dauer übersiedeln. Der Vertrag mit der Firma Munitor enthält jedenfalls eine Verlängerungsklausel.

"Alle werden sich verbessern außer dem Minister."

Bildungsminister Klaus Kessler über den Umzug

Meinung

Erfreuliche Lösung

Von SZ-RedakteurinCathrin Elss-Seringhaus

 Die Saarbrücker Hauptpost war mal ein schmuckes Briefmarkenmotiv. Foto: Seeber

Die Saarbrücker Hauptpost war mal ein schmuckes Briefmarkenmotiv. Foto: Seeber

Wenn durch eine Sanierungs-Not gleich zwei Denkmäler profitieren, vielleicht gar ein ganzes Stadtviertel, nennt man das eine Win-Win-Situation - oder vernünftiges Regierungshandeln. Die Bedingung für dieses Szenario lautet freilich, dass Stadt und Land nicht nur über Zusammenarbeit reden, sondern sie praktizieren. Wobei Saarbrücken in der Bringschuld einer attraktiven Gestaltung steht nicht nur für das Post-Umfeld, sondern auch für die Parkplatz- und Grünflächensituation rund um das Kultusministerium. Denn das Land tritt in Vorleistung, schiebt mit der Verlagerung einer hochwertigen Immobilien-Nutzung in eine heruntergekommene Gegend die Re-Aktivierung eines ausgefransten Innenstadt-Bereichs an. Versagt dann nicht noch einmal, wie bei der Bergwerksdirektion, das Landesdenkmalamt, verhält sich das Land bei der Sanierung des Kultusministeriums vorbildlich. So wäre das Glück vollkommen.

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