"Neuanfang" bei den Saar-Grünen

Saarbrücken. Plötzlich ging alles blitzschnell. Drei Wochen lang hatten der Grünen-Landesvorsitzende Hubert Ulrich und die frühere Umweltministerin Simone Peter um die Frage gerungen, wer von ihnen den Vorsitz der zweiköpfigen Landtagsfraktion übernimmt. Immer wieder hatten sie unter vier Augen verhandelt - bis zum Dienstag

 Erst er, dann sie: Ulrich und Peter teilen sich den Fraktionsvorsitz zeitlich auf. Foto: Becker & Bredel

Erst er, dann sie: Ulrich und Peter teilen sich den Fraktionsvorsitz zeitlich auf. Foto: Becker & Bredel

Saarbrücken. Plötzlich ging alles blitzschnell. Drei Wochen lang hatten der Grünen-Landesvorsitzende Hubert Ulrich und die frühere Umweltministerin Simone Peter um die Frage gerungen, wer von ihnen den Vorsitz der zweiköpfigen Landtagsfraktion übernimmt. Immer wieder hatten sie unter vier Augen verhandelt - bis zum Dienstag. Gestern Morgen dann trommelte die Fraktion die Landtags-Journalisten zu einer eiligen Pressekonferenz zusammen. Es gab eine Einigung zu verkünden: Beide teilen sich den Fraktionsvorsitz. Ulrich führt die Fraktion bis zur Mitte der Legislaturperiode, also bis Herbst 2014, Peter anschließend bis zur Landtagswahl 2017. Der Kompromiss sei "vernünftig und fair", erklärten beide. Schon gestern Morgen wurden Ulrich und Peter (als Fraktionsvize) gewählt - jeweils mit 2:0 Stimmen, per Handzeichen.Ulrich und Peter hatten auch überlegt, ob sie die Fraktion gemeinsam führen könnten. Doch der Gedanke wurde verworfen: "Da gibt man sich ein Stück weit der Lächerlichkeit preis, wenn man eine Zweier-Fraktion mit zwei Fraktionsvorsitzenden bildet", sagte Peter. Im parlamentarischen Alltag wird es dennoch auf ein ähnliches Modell hinauslaufen. Das hängt mit einem Zusatz in der Abmachung zusammen: Bis Peter 2014 den Fraktionsvorsitz übernimmt, wird sie "gleichberechtigte" stellvertretende Fraktionschefin. Die Ex-Ministerin will Ulrich das Feld nicht alleine überlassen. Ab 2014 wird dann Ulrich gleichberechtigter Stellvertreter Peters. "Gleichberechtigt heißt, dass wir auf Augenhöhe agieren", sagte Peter. Alle inhaltlichen und personellen Fragen würden gemeinsam entschieden.

Ulrich hatte Peter schon kurz nach der Landtagswahl vom 25. März vorgeschlagen, den Fraktionsvorsitz zeitlich zu splitten. Doch bis zuletzt wollte Peter von diesem Modell nichts wissen. Die Parteilinke Peter ist der Meinung, dass Ulrich - auch weil er die Grünen 2009 in die Jamaika-Koalition geführt hatte - die Partei für viele Wähler unattraktiv macht. Unter vielen von Peters Anhängern ist der Realo Ulrich eine Reizfigur.

Als Verliererin des Tauziehens fühlt sich Peter aber nicht. Bei der Einigung handele es sich nämlich um eine "Übergangslösung", mit der "ein Signal des personellen Wechsels" und des "Neuanfangs" auch in der Partei verbunden sei. Das klingt so, als sehe Peter spätestens 2014 das Ende von Ulrichs Dominanz gekommen. Ulrich selbst befeuerte die innerparteiliche Debatte, indem er eine Verjüngung der Partei ankündigte. "Wir werden in dieser Periode in zunehmendem Maße stärker jüngere Leistungsträger aufbauen müssen", sagte er. Als Beispiel nannte er den Bundestagsabgeordneten Markus Tressel (35). Allerdings denkt Ulrich - vorerst - nicht selbst an einen Rückzug. Beim Landesparteitag im Juni will der 54-Jährige wieder als Landesvorsitzender kandidieren. Und Peter? Sie habe sich darüber noch keine Gedanken gemacht, sagte sie gestern. "Es gibt Aufforderungen von einzelnen, hier ein Signal zu setzen auch für den Landesvorsitz. Aber darüber beraten wir in der Partei."

Meinung

Auf dem Boden der Realität

Von SZ-RedakteurDaniel Kirch

Simone Peter ist zurück auf dem harten Boden der Realität. Ihre waghalsige Alles-oder-nichts-Strategie gegenüber Parteichef Hubert Ulrich ist fürs Erste gescheitert. Wie bitteschön soll es vor der nächsten Landtagswahl einen echten personellen Neuanfang geben, wenn Ulrich auch nach 2014 "auf Augenhöhe" die Fraktion mitführt? Dass sie diese Frage beantworten muss, hat sich Peter mit dem Konstrukt des "gleichberechtigten Stellvertreters", das nur bis 2014 in ihrem Interesse ist, selbst eingebrockt. Als Erfolg aus ihrer Sicht kann Peter immerhin verbuchen, dass Ulrich seine dominante Stellung in der Fraktion verliert. Dennoch bleibt der Kompromiss vor allem eines: eine Wischi-waschi-Einigung auf den kleinsten gemeinsamen Nenner.

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