Narren legen Rathauschefs in Ketten

St. Wendel: Landrat Udo Recktenwald in dicke schwere Ketten gelegt. So etwas kann es nur an Weiberfastnacht geben. Der Karnevalsverein Die Coburger machte bei der traditionellen Erstürmung des Landratsamtes kurzen Prozess. Selbst der unterhaltsame Widerstand der Piraten-Verteidiger, ausgestattet mit Schwertern, nutzte nichts

 Landrat Udo Recktenwald, in Ketten gelegt von den Mitgliedern des Karnevalsvereins Die Coburger, gab am Ende doch den Schlüssel zum Landratsamt heraus. Fotos: B&K (3)/rgm

Landrat Udo Recktenwald, in Ketten gelegt von den Mitgliedern des Karnevalsvereins Die Coburger, gab am Ende doch den Schlüssel zum Landratsamt heraus. Fotos: B&K (3)/rgm

St. Wendel: Landrat Udo Recktenwald in dicke schwere Ketten gelegt. So etwas kann es nur an Weiberfastnacht geben. Der Karnevalsverein Die Coburger machte bei der traditionellen Erstürmung des Landratsamtes kurzen Prozess. Selbst der unterhaltsame Widerstand der Piraten-Verteidiger, ausgestattet mit Schwertern, nutzte nichts. Der Landrat musste sich geschlagen geben, wurde bis Aschermittwoch seines Amtes beraubt und stellte sich dem Gespött von Erich Maldener, Präsident des Karnevalvereins. Dieser nämlich warf Recktenwald vor, den Gemeinden das Geld aus der Tasche zu ziehen. "Doch ihr könnt mir glaawe, ich mennes nur gudd. Ich mach es doch nur wie einst Robin Hood. Hole von de Reiche und gebbes de Arme, behall e klään Bissje für mei Untertane", versprach der Landrat der bunten Narrenschar. Auch die Anklage, er würde überall Windräder errichten lassen, konnte der Landkreis-Chef gekonnt begründen: "Mir mache viel Wind, dafür sin mir bekannt, produziere heiße Luft in unserem Amt. Auch im Kreistag dreht sich ein Windrad ganz schnell. Dort wird vill gebloost von jeder Stell." Und auch bezüglich des Freibad-Neubaus versteckte Recktenwald womöglich seine persönliche Meinung, als er sagte: "Alles, was wir im Schwimmbad verbaue, duht der Bouillon zuvor im Globus erschd klaue." Im Freibad gäbe es dafür gegen den Badespeck "vom Globus kalorienarme Fleischkääsweck".Nicht einmal 30 Sekunden lang hielt die vorübergehend undurchdringbar scheinende Mauer, bestehend aus den "Griffelspitzern", die sich auf den Treppenstufen des St. Wendeler Rathauses am Schloßplatz positioniert hatten. Bereits kurze Zeit nach dem wahrlich harten Sturm durch die Narren des Karnevalvereins Die Coburger bei kaltem Wind und dicken Schneeflocken klickten bei Ortsvorsteher Kurt Wiese die Handschellen. Der eigentliche Rathaus-Chef Klaus Bouillon ließ sich nicht Blicken. Dieser flüchtete trotz königlichen Besuchs aus dem Londoner Buckingham-Palast vor dem Narrentreiben. Queen Elisabeth II. (Udo Ritter) schritt unter monarchischen Klängen und dem Hissen der englischen Flagge zur Bühne auf dem Schlossplatz. "Ich grüße Germany, das mich rief", sprach sie zur Menschenmenge - schätzungsweise 300 Narren waren gekommen. Auch der Königin seien die Sparmaßnahmen der Stadt zu Ohren gekommen: "Seit das Wasser im Hallenbad gefriert, weil nicht mehr so heiß, bewegt sich der Bürgermeister auf ganz dünnem Eis", ließ sie verlauten. Für diesen Fall aber habe der Bauhof bereits Streusalz eingespart. Auch das neue Freibad war Thema: "Der Bürgermeister nahm den Mund recht voll, mit seinem neuen Swimming-Pool", witzelte Queen Elisabeth in gebrochenen Deutsch. Aber auch sie war der Meinung: "Eine Stadt wie St. Wendel braucht solch ein Bad." mat

Marpingen: Seit gestern hat der Marpinger Bürgermeister Werner Laub nichts mehr zu sagen - zumindest bis Aschermittwoch. Am Fetten Donnerstag haben ihn die Narren im Rathaus verhaftet. Da nützte es ihm nichts, dass er sich noch schnell in eine Königskluft warf und beteuerte: "Ich bin e aamer Keenich." Die Elferräte Bruno Rauber und Thomas Bauerfeld vom Alsweiler Theater- und Karnevalverein nahmen ihn fest, ließen ihn mit Konfetti "segnen" und führten ihn ab. Im Schneetreiben marschierte der Tross der Alsweiler Karnevalisten in die Caféteria der Sporthalle, wo Elferratspräsident Florian Gasse die Anklageschrift verlas. "Die Not ist groß in der Gemeinde, im Geldsäckel klappern nur Gebeine", warf er dem roten Werner vor. "Die Heizung wird ganz nach unten gedreht, beim Training ist es kalt, wer das auch versteht. Wer Sport will in Hallen und kann nicht heizen, der sollte die ganzen Vereine nicht reizen." Und die schlechten Straßen waren noch ein Grund zur Verhaftung: "Die Straßen kaputt, da hilft nur ein Wunder. Ein Schlagloch am andern, das ist wie Land unter." Der Rathauskönig hatte keine Chance mehr, schwuppdiwupp war er abgesetzt. gtr

Freisen: Eine Horde wilder Hexen stürmte mit dem furchterregenden Schlachtruf "Allehhh Hopp" und markerschütterndem Geheul das Rathaus in Freisen und nahm Bürgermeister Karl-Josef Scheer in seiner Amtsstube in Gewahrsam. Anschließend wurde das gefesselte Gemeindeoberhaupt unter dem Jubel der Menge in den Sitzungssaal geschleppt und Oberhexe Ute Bier proklamierte die elf närrischen Gesetze: Unter Paragraf 1 war da zu hören: "An Weiberfasenacht übernemme die Hexe die Macht on regiere bis Aschermittwoch." Besonderen Wert legte man auf Paragraf 9: "Die Hexe senn net verpflichtet, während ihrer korzen Amtsperiode, ergendwelche Karre ausm Dreck ze ziehe orrer irgendwelche Gerddel enger ze schnalle." Scheer wurde in Aussicht gestellt, sollte er sich gegen die Machtübernahme zur Wehr setzen, im nächsten Jahr über die närrischen Tage bei Wasser und Brot inhaftiert zu werden. "Ich benn erledigt, mir genn off", ergab sich das Gemeindeoberhaupt in sein Schicksal und übergab ohne weitere Gegenwehr den Rathausschlüssel. rgm

 Der St. Wendeler Ortsvorsteher Kurt Wiese ergab sich den Narren und der Queen.

Der St. Wendeler Ortsvorsteher Kurt Wiese ergab sich den Narren und der Queen.

 Gab seinen Rathausschlüssel nur ungern her: Der Marpinger Bürgermeister Werner Laub wird von den Narren bedrängt.

Gab seinen Rathausschlüssel nur ungern her: Der Marpinger Bürgermeister Werner Laub wird von den Narren bedrängt.

 In Freisen übernahmen die Hexen das Zepter beziehungsweise den Rathausschlüssel von Bürgermeister Karl-Josef Scheer.

In Freisen übernahmen die Hexen das Zepter beziehungsweise den Rathausschlüssel von Bürgermeister Karl-Josef Scheer.

Flash: Weiberfastnacht

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