Nackt, farbig, antibürgerlich

Saarbrücken. "Den deutschen Expressionismus gab es nicht", stellt gleich zu Beginn der Führung die Kunsthistorikerin Bianca Sänger klar. Also keinen für alle Maler verbindlichen Stil, sondern verschiedene Handschriften und obendrein ein Nord-Süd-Gefälle von der Malervereinigung "Die Brücke" in Dresden zur in Bayern ansässigen Vereinigung "Der Blaue Reiter"

Saarbrücken. "Den deutschen Expressionismus gab es nicht", stellt gleich zu Beginn der Führung die Kunsthistorikerin Bianca Sänger klar. Also keinen für alle Maler verbindlichen Stil, sondern verschiedene Handschriften und obendrein ein Nord-Süd-Gefälle von der Malervereinigung "Die Brücke" in Dresden zur in Bayern ansässigen Vereinigung "Der Blaue Reiter". Dennoch einte sie ein Ziel, fasst sie zusammen: Die antibürgerliche Haltung, die sich in der Darstellung von nackten Körpern oder einer neuen, weg vom Abbildhaften führenden Farbigkeit zeigt. Sprach's und drehte sich zum Großformat "Badende im Raum" von Ernst Ludwig Kirchner. Derlei geschah nicht im Einklang mit den Vorstellungen des Schönen, für das Kaiser Wilhelm II. entflammt war, erinnert Bianca Sänger. Darum mit Pechstein oder Otto Mueller ab in die Südsee, aber vorher noch bei Emil Nolde reingeschaut, der Farbe durch dickflüssigen Auftrag vibrieren ließ. Für Bewegung sorgte Max Pechstein in "Liegender Akt (Nidden)" mittels des "hervorragenden Beins" seines Modells, so Bianca Sänger. Aber genug von den Nordlichtern und ihrer Sehnsucht nach exotischen Schauplätzen und zurück zur heimischen Natur. Gerade richtig für die Maler des "Blauen Reiters", Marc, Macke oder Jawlensky diese als Ideal der modernen Zivilisation gegenüberzustellen. Dabei löse sich Farbe in der Fläche auf, Tier und Landschaft werden eins, erfahren die Zuhörer. Landschaft ist der Fluchtpunkt, mal mit mehr Apokalypse bei Kirchner oder weniger bei Pechstein. Nur einer fehlt: "Sie werden sich fragen, wo die Bilder von Schmidt-Rottluff geblieben sind", endet Bianca Sänger nach einer guten Dreiviertelstunde. Sie sind im Wechselausstellungspavillon des Museums. Denn die Führung durch die Expressionistensammlung des Museums soll die aktuelle Ausstellung der Stillleben und Landschaften des "Brücke"-Malers Karl Schmidt-Rottluff ergänzen. "Wir haben was falsch gemacht", gesteht prompt ein Paar: "Wir waren zuerst in der Ausstellung, dann bei Ihnen." Gar kein Problem, meint Bianca Sänger, warum nicht nach ihrer Einführung in die Malerei des Expressionismus noch einmal zu Schmidt-Rottluff.

Öffentliche Führung am Sonntag, 2. Januar, um 15 Uhr in der Ausstellung Karl Schmidt-Rottluff, um 16 Uhr in der Expressionistensammlung.

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