Mutter rettet ihre Tochter mit einer Nierenspende

Malstatt · Hanna Schmitt nennt es "die beste Entscheidung meines Lebens". Und sie wird nie vergessen, wann sie diese Entscheidung traf. Das war 2008. In jenem Jahr spendete sie ihrer damals 28 Jahre alten Tochter Caroline eine Niere. Danach riefen Hanna Schmitt und ihr Mann Klaus den Verein Infoteam Organspende Saar (IOS) ins Leben. Seither weist das Ehepaar an Schulen und auf Veranstaltungen immer wieder darauf hin, wie wichtig Organspenden sind.

 Hanna Schmitt ist froh, dass ihre Nierenspende Tochter Caroline ein normales Leben ermöglicht. Archiv-Foto: Thomas Wieck

Hanna Schmitt ist froh, dass ihre Nierenspende Tochter Caroline ein normales Leben ermöglicht. Archiv-Foto: Thomas Wieck

Foto: Thomas Wieck

Jetzt waren sie im Wirtschaftswissenschaftlichen Gymnasium (WWG) an der Rheinstraße in Saarbrücken-Malstatt. Und sie hatten Verstärkung mitgebracht.

Zum einen Martin Janssen, Oberarzt der Klinik für Urologie am Universitätsklinikum des Saarlandes. Zum anderen den Saarbrücker Jörg Philipp. Ihm wurde 2015 ein Herz transplantiert (die SZ berichtete). "Von Mensch zu Mensch - gemeinsam für Organspende" hieß der Vortrag. Klaus Schmitt sagte, dass in Deutschland täglich drei Menschen sterben, weil ein passendes Spenderorgan fehlt.

Für den Mediziner Janssen ist klar, warum Menschen sich gegen einen Organspende-Ausweis entscheiden: "Viele glauben, dass Ärzte bei Unfällen keine lebenserhaltenden Maßnahmen einleiten, weil der Patient ja einen Organspendeausweis besitzt." Diese Angst sei jedoch vollkommen unbegründet, sagte Janssen. Eine Organspende sei nur im Falle des Hirntodes möglich. Wenn das Großhirn stirbt, könne der Arzt den Patienten nicht mehr retten.

Im Klinikum Homburg, dem einzigen Krankenhaus im Saarland, das Organe transplantiert, haben Ärzte im Jahr 2015 insgesamt 49 Organe verpflanzt, davon allein 20 Nieren. Zu Anfang des Jahrzehnts waren es noch 82, davon 36 Nierentransplantationen.

"Die Wahrscheinlichkeit, irgendwann ein Spenderorgan zu benötigen, ist höher, als selbst Organspender zu werden", sagt Klaus Schmitt. Jeder solle für sich entscheiden, ob er nach seinem Tod anderen Menschen mit seinen Organen das Leben retten möchte oder nicht. Er ist der Ansicht, dass ein Mensch, der seine Organe nicht spenden möchte, auch selbst keine Spenderorgane in Anspruch nehmen sollte.

Allein 111 Saarländer warten derzeit auf eine Organspende, sagt Birgit Blome, Pressesprecherin der Deutschen Sftifung Organtransplantation (DSO). Deutschlandweit benötigen rund 10 000 Kranke ein gesundes neues Organ.

Dabei geht die Zahl der Spender von Jahr zu Jahr zurück. Während 2010 noch 1271 Personen Organe spendeten, waren es im vergangenen Jahr 834, sagt Klaus Schmitt.

Jörg Philipp, Wirtschaftsingenieur aus Saarbrücken, hatte Glück. Er lag 200 Tage im Krankenhaus und durfte nicht einmal zur Toilette gehen, bis feststand, dass ein passendes Herz für ihn gefunden war. Der Leidensweg von Hanna Schmitt und ihrer Tochter Caroline erstreckte sich sogar über 27 Jahre. Mit 13 Monaten erkrankte Caroline an einer Nierenentzündung. Es folgten Cortison-Behandlungen, Chemotherapie, Infusionen und Dialysen.

"Im Krankenaus nannte das Personal uns schon ,unsere Schmitts'. Wir gehörten irgendwann zum Inventar", sagt Hanna Schmitt. Erst weigerte sich die Tochter, eine Niere ihrer Mutter anzunehmen: "Zu groß war ihre Angst, dass mir bei der Operation etwas passieren könnte, oder dass ihr Körper meine Niere abstößt und alles umsonst wäre." Mit 28 Jahren sei die Tochter aber so verzweifelt gewesen, dass sie das Angebot annahm.

Diese Lebendspende war erfolgreich. "Endlich kann Caroline das tun, was sie sich schon immer gewünscht hatte: Einfach ganz normal leben."

Zum Thema:

Auch das "Nein" kann der Besitzer eines Organspendeausweises ankreuzen. Dies hilft den Angehörigen nach einem Hirntod, den Wunsch des Verstorbenen auszuführen. Wenn kein Ausweis vorhanden ist, müssen die Familienmitglieder, nachdem der Hirntod festgestellt worden ist, darüber entscheiden. In Ländern, in denen jeder Hirntote automatisch Organspender ist, beispielsweise Österreich, muss der Mensch vorher eindeutig angegeben haben, dass er keine Organe spenden will. Das "Nein" auf dem Ausweis reicht hier aus.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort