Zweiter Prozesstag Verhandlung im Mordfall Samuel Yeboah geht weiter – Aussage des Angeklagten erwartet

Koblenz · Peter S. steht heute bereits zum zweiten Verhandlungstag vor dem Koblenzer Oberlandesgericht. Sein Verteidiger geht davon aus, dass der Angeklagte heute eine Aussage zum Mordfall Yeboah macht.

Prozess im Mordfall Yeboah nach 31 Jahren – Bilder aus dem Gerichtssaal
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Prozess im Mordfall Yeboah – Bilder aus dem Gericht

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Foto: dpa/Thomas Frey

Mord, 20-facher versuchter Mord und Brandstiftung mit Todesfolge – so lautet die Anklage der Bundesanwaltschaft gegen den 51-jährigen Peter S. aus Saarlouis. Er soll für den rassistischen Brandanschlag auf die Asylbewerberunterkunft in Saarlouis am 19. September 1991 verantwortlich sein, bei dem der damals 27-jährige Ghanaer Samuel Yeboah starb. Zwei weitere Bewohner erlitten Knochenbrüche, als sie sich durch Sprünge aus dem Fenster vor den Flammen zu retten versuchten. Drei der Überlebenden des Brandanschlags treten als Nebenkläger auf.

Angeklagter im Mordfall Yeboah könnte heute aussagen

Vor dem Staatsschutzsenat am Oberlandesgericht Koblenz beginnt heute um 9.30 Uhr der zweite Verhandlungstag. Pressevertreter und Zuschauer stehen bereits vor 8 Uhr vor dem Gebäude und warten auf Einlass. Wie der Strafverteidiger des Angeklagten, Guido Britz, beim Prozessauftakt am 16. November mitteilte, plane sein Mandant, heute eine Aussage zu machen.

Prozess reicht über die juristische Aufarbeitung hinaus

Beobachter des Falls erhoffen sich mehr als nur eine juristische Aufarbeitung. In den 1990er-Jahren sind die Ermittlungen in dem Fall nach knapp einem Jahr eingestellt worden. Fast 30 Jahre später hat der Generalbundesanwalt in Karlsruhe den Mordfall Samuel Yeboah übernommen, weil »gravierende Anhaltspunkte für einen rechtsextremistischen und fremdenfeindlichen Hintergrund des Anschlages« bestünden.

Seit Jahren gibt es auch Spekulationen über die Rolle, die Polizei und Verfassungsschutz in dem Fall gespielt haben könnten. Die frühen 1990er-Jahre waren geprägt von einer allgemeinen „Pogromstimmung“ mit rechtsextremistischen Ausschreitungen. So heißt es in der Anklageschrift. Allein im Saarland gab es zwischen 1990 und 1992 20 Brand- und Sprengstoffanschläge, vor allem auf Unterkünfte für Geflüchtete, aber auch auf ein Parteibüro der PDS. Aufgeklärt wurde keiner davon. Die Saar-Polizei entschuldigte sich inzwischen für „Defizite in der damaligen Polizeiarbeit“.

Viele Zuschauer angereist

Bundesweit und aus dem Saarland sind Zuschauer angereist, um den Prozess zu verfolgen. Darunter auch wieder Vertreter der Aktion 3. Welt Saar und der Antifa Saar. Die linken Organisationen, die seit Jahrzehnten auf den rassistischen Hintergrund der Tat hinweisen, hatten bereits zum Prozessauftakt eine Kundgebung vor dem Gericht veranstaltet. Welche Erwartungen haben sie an die Verhandlung? Ein Sprecher der Antifa Saar/Projekt AK sagt: „Nach über 30 Jahren gibt es jetzt die Möglichkeit, dass die damaligen Saarlouiser Zustände auch eine juristische Aufarbeitung erfahren. Dabei darf es aber nicht bleiben. Das Versagen von Behörden und Gesellschaft muss politisch thematisiert werden. Teile der Naziszene von damals sind bis heute im Saarland aktiv.“

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