"Möbel sind ein Stück Heimat"

Ein Zopfstilschrank und ein Bermetinger Sekretär aus dem 18. Jahrhundert stehen bei Otto Fiederling in Dillingen. Die Erbstücke sind seit Generationen in der Familie, sagt der 84-Jährige. "Das sind schöne alte Möbel, die man gut mit modernen kombinieren kann", sagt Fiederling. Sein Schrank aus Nussbaumholz hat schon so einiges erlebt

Ein Zopfstilschrank und ein Bermetinger Sekretär aus dem 18. Jahrhundert stehen bei Otto Fiederling in Dillingen. Die Erbstücke sind seit Generationen in der Familie, sagt der 84-Jährige. "Das sind schöne alte Möbel, die man gut mit modernen kombinieren kann", sagt Fiederling. Sein Schrank aus Nussbaumholz hat schon so einiges erlebt. "Allein meine Mutter ist damit 13-mal umgezogen."Die alten Stücke sind allesamt in Gebrauch. Täglich sitzt Fiederling an seinem Schreibtisch von 1750 auf dem ebenfalls knapp 250 Jahre alten Bauernstuhl davor. "Der stand einst in der Sägemühle meines Ur-Ur-Großvaters in Gernsbach", sagt Fiederling. Er hat sogar ein Foto aus dem Jahr 1931, das seine Mutter an ebendiesem Schreibtisch zeigt, hinter ihr steht der Nussbaumschrank. Im Haus stehen noch einige alte Familienstücke mehr. "An den materiellen Wert denke ich gar nicht. Die Möbel gehören einfach zur Familie. Und ich bin sicher, unser Sohn wird sie einmal genauso aufstellen und nutzen wie wir." Die Historie der Möbel hat er nach bestem Wissen mit Fotos und Texten dokumentiert. "Bei solch alten Stücken zählt die Geschichte. Meine Kinder sollen wissen, woher ihr Erbe kommt."

Guido Webel aus Hülzweiler hat den Schaukelstuhl seines Großvaters aufgehoben. Etwa aus dem Jahr 1900 stammt das alte Stück der Firma Thon. "Das ist Kirschholz, das wurde gekocht, damit man es biegen kann", sagt Webel. In den 1970er Jahren hat er Sitzfläche und Rückenlehne neu flechten gelassen. "Mein Großvater hatte immer in diesem Stuhl gesessen und seine Pfeife geraucht", sagt der 70-Jährige. "Ich wollte ihn als Erinnerung an Opa behalten."

Nebenan hängt außerdem ein Wandregal aus dem Jahr 1900. "Das habe ich meinem Papa abgeschwatzt", sagt seine Frau, Wilma Webel. "Das hing bei uns im Keller, es standen immer Gläser mit selbstgemachter Marmelade darauf", weiß sie noch. Der Kleiderschrank im Zimmer nebenan stammt ebenfalls von 1900. "Die drei Schubladen unter den beiden Türen sind selten", sagt Webel. "Der ist komplett gekeilt!" Einige Kriegsschäden hat er davongetragen. Aber Guido Webel behält ihn. "Ich schwärme einfach für Altes", sagt er.

Uschi Divivier aus Hostenbach konnte sich von so einigen Möbeln aus ihrer Familie nicht trennen. "Beutegut" nennt sie die, so etwa das Büffet im Wohnzimmer. "Das haben meine Großeltern 1914 beim Dorfschreiner machen lassen, als sie geheiratet haben", erzählt die 56-Jährige. Das Stück aus massivem Eichenholz stand in dem Bauernhof ihrer Familie, "immer in der guten Stube. Ich bin damit groß geworden", sagt sie. "Und in diesem Fach oben stand immer Omas Bowle-Service. Als ich den Schrank später von meiner Mutter bekam, habe ich auch das Service verlangt. Es gehört einfach dazu."

Die Möbel haben für Divivier vor allem emotionalen Wert. "Möbel sind ein Stück Heimat. Und es macht doch den besonderen Kick einer Wohnung aus, wenn Alt und Neu kombiniert wird." Außerdem hat sie Urgroßvaters Bett von 1860 - "nur 1,76 Meter lang, dafür aber 1,06 Meter breit" - und Schränke aus ihrer Familie aufgehoben. Nicht das älteste, aber ihr Lieblingsstück ist ihr Sekretär aus Kirschholz aus dem frühen 20. Jahrhundert. "An dem habe ich sozusagen mein Abitur gemacht", erzählt sie. "Der stand im Nachbarbauernhof bei meiner alten Tante. Dort habe ich immer gelernt."

Heinrich Reinhart aus Saarwellingen kennt die Geschichte seines rund 200 Jahre alten Nussbaumholz-Schrankes ganz genau. "Um 1850 stand er in der damaligen Gaststätte 'Zwei Hasen' in Saarlouis", sagt er. Danach sei er mit dem Sohn des Besitzers in dessen Sägemühle nach Saarwellingen umgezogen, bis er 1905 in das Haus kam, in dem er auch heute steht. Zwischendurch hatte seine Tante ihn, nach ihrem Tod ist er dann wieder heimgekehrt. "Er gehört einfach in dieses Haus", sagt Reinhart. "Im Städtischen Museum in Saarlouis und im Schloss Hausen steht je ein Schrank derselben Machart. Deshalb glaube ich, dass dieses Stück auch aus dem Saarland kommt."

Hans-Peter Pfunder aus Diefflen besitzt einen Wohnzimmerschrank, der einst dem letzten Markgrafen von Baden gehörte. Der 63-Jährige stammt aus Baden, sein Großvater hatte Verbindungen zum Grafen und den Nussbaumholzschrank aus dem Jahre 1870 letztlich von diesem geschenkt bekommen. Vor 16 Jahren hatte Pfunder das kunstvoll verzierte Stück geerbt. "Der Schätzwert hat mich kaum interessiert", sagt er, "für mich ist das Bedeutende, dass er meinem Opa gehört hat und aus meiner alten Heimat stammt."

Nun hat er aber gar keinen Platz für den 1,85 Meter breiten und über zwei Meter hohen Schrank. "Zur Zeit muss er leider draußen stehen", sagt Pfunder, "ich wäre sehr froh, wenn ich ihn irgendwo unterstellen könnte. Ich würde ihn zur Verfügung stellen, verkaufen möchte ich ihn aber nicht."

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort