Mit einem Buch den Verstorbenen gedenken

Gehweiler. Als vor einigen Tagen im Mia-Münster-Haus in St. Wendel das Mundartbuch "So schwäddse mir im Landkreis St. Wendel" vorgestellt wurde und Anette Gisch aus Gehweiler als eine der Autoren ihren Beitrag "Bej uus wird kääner vergess" daraus vorlas, wurde mancher der Anwesenden daran erinnert, was die Heimatkundlerin vor einigen Jahren auf den Weg brachte

 Anette Gisch präsentiert ihr Werk. Foto: B & K

Anette Gisch präsentiert ihr Werk. Foto: B & K

Gehweiler. Als vor einigen Tagen im Mia-Münster-Haus in St. Wendel das Mundartbuch "So schwäddse mir im Landkreis St. Wendel" vorgestellt wurde und Anette Gisch aus Gehweiler als eine der Autoren ihren Beitrag "Bej uus wird kääner vergess" daraus vorlas, wurde mancher der Anwesenden daran erinnert, was die Heimatkundlerin vor einigen Jahren auf den Weg brachte. Sie hat ein "Buch wider das Vergessen" angelegt, in das alle Gehweiler eingeschrieben sind, die seit 1963 gestorben und auf dem Dorffriedhof begraben worden sind. 1963 war das Jahr, als Gehweiler einen Friedhof bekam. Vorher wurden die Toten im Pfarrdorf Furschweiler bestattet.Schon etliche Zeit vorher hatte sich Anette Gisch immer wieder die Frage gestellt: Was geschieht, wenn nach 25 Jahren auf dem Friedhof Gräber eingeebnet werden, Grabsteine und Kreuze verschwinden? Dann gehen die Namen derer, die einst hier gelebt haben, verloren - ausgenommen bei den Nachfahren des Verstorbenen. Als die Zeit gekommen war, dass auch das Grab ihrer Eltern verschwinden sollte, machte sich die heute 63-Jährige daran, ihre Idee in die Tat umzusetzen. Sie begann, ein Buch anzulegen, das die Namen aller Verstorbenen enthalten sollte, die einmal auf dem Gehweiler Friedhof beerdigt worden sind. Als Mitglied bei den Heimatfreunden hatte sie schon einige Zeit Trauerbilder und Todesanzeigen aus der Zeitung gesammelt. Es war das "Startkapital" für ihr Vorhaben. Unzählige Besuche bei Gehweiler Bürgern brachten Anette Gisch weiter voran. Bereitwillig wurden ihr Namen und Daten von Verstorbenen mitgeteilt, die sie noch nicht wusste. Über 300 Namen hatte sie eines Tages zusammengetragen. Dann begann sie, alle Namen handschriftlich auf große Blätter zu schreiben. Jeder Buchstabe im Alphabet bekam eine eigene Seite reserviert. "Es war unheimlich viel Arbeit, aber es hat mir auch immer Freude bereitet", erinnerte sich die waschechte Gehweilerin. Ihre ursprüngliche Idee, aus den Blättern ein Buch binden zu lassen, ließ sie wieder fallen. "Das wäre ja ein abgeschlossenes Werk gewesen", sagte sie im Gespräch mit der Saarbrücker Zeitung. "Das Buch soll aber über Jahre hinweg weitergeführt werden, und die Bürger sollen immer darin blättern können." Deshalb schafften die Heimatfreunde zwei buchförmige Lederdeckel an. Die Ringe im Innern können die Blätter aufnehmen. Leicht lassen sie sich zum Nachtragen von Namen und Daten wieder herausnehmen.

Seit vielen Monaten liegt das Buch in der Gehweiler Friedhofshalle, die an jedem ersten Sonntag im Monat geöffnet ist. Auf das erste Blatt hat Anette Gisch ein Vorwort geschrieben, in dem sie den Sinn des Buches erklärt: "Es soll ein Andenken sein an alle, die uns nahe standen und zu unserem Leben und unserer Gemeinschaft gehörten." In dem eingangs erwähnten Mundartbeitrag macht sich die Schreiberin Gedanken darüber, wer einmal ihre Nachfolgerin wird: "Ed wird je beschdemmt Äähner noch do sen, wann ejsch nemme am Läwe bin, wo dad Buch weiter schreiwe dud."

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